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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mo.., 7. Juni 2021

  1. Kritik an geplanter Pflegereform
    Gesundheit/Anhörung
  2. Geplante Steuer auf Online-Glücksspiel entzweit Gutachter
    Finanzen/Anhörung
  3. Weiterbildungsstipendien für Talente der beruflichen Bildung
    Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antwort
  4. Bearbeitungszeiten bei Bekämpfung der Schwarzarbeit
    Finanzen/Kleine Anfrage
  5. Projekte zur Stärkung von Gesundheitssystemen
    Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Kleine Anfrage
  6. FDP fragt nach Zahlen zu Insolvenzanträgen
    Recht und Verbraucherschutz/Kleine Anfrage


01. Kritik an geplanter Pflegereform

Gesundheit/Anhörung

Berlin: (hib/PK) Die von der Koalition geplanten Neuregelungen in der Pflege werden von Fachverbänden zum Teil heftig kritisiert. Vermisst wird eine langfristige strukturelle und finanzielle Absicherung der Pflege. Das ergab eine Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages über Änderungsanträge von Union und SPD zum Entwurf für das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) (19/26822) am Montag in Berlin. Die Sachverständigen äußerten sich in schriftlichen Stellungnahmen.

Die Neuregelungen sollen dazu beitragen, Pflegekräfte besser zu bezahlen und zugleich Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu entlasten. Die Koalition will dazu den Beitragszuschlag für Kinderlose ab dem vollendeten 23. Lebensjahr in der gesetzlichen Pflegeversicherung von 0,25 Prozent des Bruttogehalts um 0,1 Punkte auf 0,35 Prozent anheben. Auch soll sich der Bund ab 2022 jährlich mit einer Milliarde Euro an den Aufwendungen der sozialen Pflegeversicherung beteiligen.

Ferner sollen ab September 2022 Versorgungsverträge an Tarifzusagen gekoppelt werden. In Pflegeheimen soll der Eigenanteil der Pflegebedürftigen durch einen Zuschlag der Pflegekassen schrittweise verringert werden.

Geplant ist ferner ein neuer Anspruch auf Übergangspflege im Krankenhaus. Qualifizierte Pflegefachkräfte sollen zudem für bestimmte Leistungen der häuslichen Krankenpflege selbst über die erforderlichen Maßnahmen bestimmen können.

Der GKV-Spitzenverband erklärte, mit den Regelungen werde sich die kritische Finanzlage weiter zuspitzen und voraussichtlich schon 2022 zu einer Beitragssatzerhöhung führen. In der Pflegeversicherung müsse 2022 mit einem Defizit von mehr als zwei Milliarden Euro gerechnet werden. Das Pflegepaket sei nicht ausreichend gegenfinanziert, ein Teil der Gegenfinanzierung basiere aus dem Verzicht auf die Dynamisierung der Leistungsbeträge.

Ähnlich kritisch äußerte sich der Sozialverband VdK. Durch die mangelnde Gegenfinanzierung landeten die Kosten am Ende bei den Pflegebedürftigen. Die Gesamtkosten des Pflegepakets lägen geschätzt bei sechs Milliarden Euro, nur 1,4 Milliarden Euro seien solide gegenfinanziert, 1,8 Milliarden Euro stammten aus einer Umwidmung verplanter Gelder. Angesichts dieser Unterdeckung sei es Zeit, über eine tiefgehende Finanzierungsreform der Pflege nachzudenken.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sprach sich für eine Pflegebürgervollversicherung aus. Die vorgelegten Schritte zur Verbesserung der Pflege stünden in keinem Verhältnis zu der ursprünglich angekündigten Strukturreform. Die Kostenerstattung von Pflegeleistungen bei Tarifbindung bringe den meisten Beschäftigten nichts, solange nicht bundesweit ein guter, allgemeinverbindlicher Tarifvertrag gelte. Eine Tarifanbindung ohne diesen Tarifvertrag sei ein zahnloser Tiger.

Arbeitgebervertreter wandten sich entschieden gegen die Koppelung der Versorgungsverträge für Pflegeeinrichtungen an eine tarifliche Entlohnung. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) sprach von einer willkürlichen Regelung und warnte vor einer existenziellen Gefährdung der Betriebe. Damit würden die Prinzipien der Tarifautonomie aufgegeben.



02. Geplante Steuer auf Online-Glücksspiel entzweit Gutachter

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/PST) Ein Gesetzentwurf mit dem Ziel, Online-Glücksspiel effektiv zu besteuern, ist bei einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss sehr unterschiedlich bewertet worden. Der Bundesrat hatte den Gesetzentwurf zur Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes und zur Änderung der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetzes (19/28400) vor dem Hintergrund eingebracht, dass nach dem Glücksspiel-Staatsvertrag 2021 der Länder Onlinepoker und virtuelles Automatenspiel im Juli legal werden. Anders als beim herkömmlichen Glücksspiel, wo der Teil der Einnahmen, der nicht wieder als Gewinn ausgeschüttet wird, mit rund 25 Prozent besteuert wird, sollen beim anders strukturierten Online-Glücksspiel sämtliche Einnahmen pauschal mit 5,3 Prozent besteuert werden.

Renatus Zilles vom Deutschen Verband für Telekommunikation und Medien (DVTM) wies darauf hin, dass bei den im Online-Glücksspiel üblichen hohen Ausschüttungsquoten ein solcher Steuersatz von 5,3 Prozent des Einsatzes einer etwa 125-prozentigen Besteuerung der Einnahmen entspreche. Die Anbieter müssten daher, um weiterhin wirtschaftlich zu sein, ihre Auszahlungsquote auf ein Niveau senken, das die Spieler in den Schwarzmarkt treibe. Damit werde das begrüßenswerte Ziel des Glücksspiel-Staatsvertrags 2021, Jugend- und Spielerschutz zu stärken, konterkariert. Im Ergebnis würden zudem die Steuereinnahmen nicht steigen, sondern sinken.

In dieselbe Kerbe hieb der Düsseldorfer Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap. Der Glückspielstaatsvertrag 2021 wolle die Spieler möglichst in einen regulierten Markt ziehen, könnte aber an einer unsachgemäßen Besteuerung scheitern, so Haucaps Befürchtung. Es gebe unzählige illegale Portale im Internet, die leicht über Vergleichsportale zu finden seien. Zum Teil könne man dort mit Kryptowährungen spielen, was für die Behörden schwer nachzuhalten sei. Beim vorgesehenen Steuersatz würden vor allem Intensivspieler abwandern, sagte Haucap voraus, "die, über die wir uns am meisten Sorgen machen". Frankreich, das als bisher einziges EU-Land bei Online-Poker den Einsatz besteuere, habe sich wegen dieser Folgen gerade zu einem Wechsel hin zu einer Ertragsteuer entschieden.

Dem widersprach der Kölner Rechtsanwalt Markus Ruttig entschieden. Bisher seien diejenigen Anbieter privilegiert, die sich dem deutschen Ordnungsrecht und dem deutschen Steuerrecht entziehen. Wer sich aber künftig der deutschen Steuerregelung entziehe, riskiere, den Zutritt zum deutschen Markt zu verlieren. "Das wird erstmals dazu führen, dass die Steuer in den Breite freiwillig gezahlt werden wird", sagte Ruttig voraus. Man werde am 1. Juli eine Marktöffnung erleben wie schon bei der Legalisierung des Sportwettenmarktes. Er glaube auch nicht, dass dann viele Spieler in den illegalen Markt abwanderten, wo sie nicht wüssten, was sie von ihrem Einsatz zurückbekommen. Zudem könnten nur noch legale Anbieter in Deutschland werben.

Das Argument, dass die neue Steuer zu einem Ausweichen in die Illegalität führen könne, wollte auch Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft nicht gelten lassen: "Sonst kann jeder Handwerker sagen: besteuert mich nicht so hoch, sonst gehen die Leute in die Schwarzarbeit." Der vorgesehene Steuersatz sei im Vergleich zu herkömmlichem Glücksspiel eher niedrig bemessen. Das Online-Glücksspiel habe Wettbewerbsvorteile, da es mit weniger Personal- und Sachaufwand zu betreiben sei und keine Schließungszeiten kenne, daher dürfe es keinesfalls auch noch steuerlich bevorzugt werden. Das terrestrische Glücksspiel zahle zusätzlich zur Umsatzsteuer die kommunale Vergnügungssteuer, die beim Online-Glücksspiel wegfalle. Die effektive Besteuerung bei diesen Betriebsstätten belaufe sich damit auf etwa fünf Euro pro hundert Euro Einsatz. Daran orientiere sich die neue Online-Steuer.

Der Münchener Rechtsanwalt István Cocron wies darauf hin, dass Online-Casinos "momentan schlichtweg verboten" seien und dennoch einen geschätzten Jahresumsatz von einer Milliarde Euro in Deutschland machten. Dies liege auch daran, dass es praktisch keine Verfolgung der illegalen Anbieter gebe. Jeder Anbieter und jeder, der mit ihm Geschäfte mache, darunter die unerlässlichen Zahlungsdienstleister, betreibe Geldwäsche. Es gebe die gesetzlichen Instrumentarien, dies zu verfolgen, doch sie würden von der Exekutive nicht genutzt, klagte Cocron. Er setze "ein großes Fragezeichen", ob sich diese Anbieter nun "von der neuen Steuer in legale Bahnen lenken lassen". Der Versuch sei lohnenswert, "dann müssten aber die Steuerbehörden Einsatz bei der Verfolgung leisten".

Hierbei setzt der Geschäftsführer von Lotto Rheinland-Pfalz, Jürgen Häfner, der in der Anhörung den Deutschen Lotto-und Totoblock vertrat, auf die neue Regulierungsbehörde in Halle, die nach dem Glücksspiel-Staatsvertrag 2021 im Juli eingerichtet werden soll. Er sei "der festen Überzeugung", dass diese die Kanalisierung des Online-Glücksspiels in legale Bahnen durchsetzen werde. Häfner begrüßte insbesondere die vorgesehene Besteuerung der sogenannten schwarzen Lotterien, die vom Ausland aus Wetten auf die Ergebnisse von Lotto-Ziehungen anbieten. Diese seien illegal und sollten es auch bleiben, dennoch solle mit dem neuen Gesetz eine Besteuerung der vom Inland aus abgegebenen Wetten eingeführt werden. Der Umsatz der schwarzen Lotterien werde auf 700 Millionen Euro im Jahr geschätzt, sagte Häfner.

Auf verfassungsrechtliche Fragen ging der Heidelberger Steuerrechtler Ekkehart Reimer ein. Er halte die Besteuerung von Online-Glücksspiel für verfassungsrechtlich geboten wegen des Gleichheitssatzes im Grundgesetz. Probleme machte Reimer in zwei Punkten aus. Zum einen sehe er die Bundeskompetenz für diese Gesetzgebung zwar gegeben, die Begründung dafür im Gesetzentwurf sei aber anfechtbar. Vor allem aber seien die Ermächtigungsgrundlagen für die Ausführungsbestimmungen zum Gesetz viel zu unbestimmt.

Kontrovers wurde in den Anhörung bewertet, ob die geplante neue Steuer gegen EU-Recht verstößt. Sowohl Renatus Zilles vom Branchenverband DVTM als auch der Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap nannten es sehr wahrscheinlich, dass sie von der EU-Kommission als unerlaubte Beihilfe zugunsten von Spielbanken und Automatenaufstellern eingestuft wird. Dies könne für Spielbanken und Spielhallen in Deutschland weitreichende Folgen bis hin zur Existenzgefährdung haben.

Dem widersprach der Leipziger Steuerrechtler David Hummel. Eine Besteuerung, wie sie der Gesetzentwurf vorsehe, sei beihilferechtlich möglich "für bestimmte Dienstleistungen, die ich kaum anders besteuern kann". Ein großer Vorteil der Regelung sei ihre Einfachheit. Allerdings befürchtet auch Hummel, dass damit "die Flucht in die Illegalität nicht aufgehalten wird". Diese Frage, ob das neue Recht auch durchgesetzt werden wird, zog sich als die zentrale Frage durch die Anhörung.



03. Weiterbildungsstipendien für Talente der beruflichen Bildung

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antwort

Berlin: (hib/DES) Mit rund 6 000 Neustipendiaten pro Jahr ist die Förderkapazität des Weiterbildungsstipendiums angemessen. Das stellt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/30129) auf eine Kleine Anfrage (19/29544) der FDP-Fraktion fest. . Dies entspreche einem Anteil von circa einem Prozent an allen Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen eines Jahrgangs in den dualen Berufen nach dem Berufs bildungsgesetz und der Handwerksordnung sowie den bundesgesetzlich geregelten Gesundheitsfachberufen.

Die Vergabe unterscheide sich je nach Art des Stipendiums. Während die Stipendienvergabe für Absolventen einer Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung dezentral erfolge, übernehme die Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB) die Vergabe an Absolventen einer Berufsausbildung in den bundesgesetzlich geregelten Gesundheitsfachberufen.

Es sei von einer hohen Wirksamkeit des Weiterbildungsstipendiums"auf die persönliche und berufliche Entwicklung" der Stipendiaten auszugehen, so die Bundesregierung. Der Anteil der unterrepräsentierten Gruppen an den Geförderten, gemeint sind begabte junge Menschen mit Migrationshintergrund und/oder Hauptschulabschluss, sei jedoch ausbauwürdig.



04. Bearbeitungszeiten bei Bekämpfung der Schwarzarbeit

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AB) Die Bekämpfung der Schwarzarbeit in Hamburg durch den Zoll und die Zusammenarbeit mit der Deutschen Rentenversicherung stehen im Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion (19/30213). Die Abgeordneten erkundigen sich darin nach den Bearbeitungszeiten der Deutschen Rentenversicherung, die den Schaden für nicht abgeführte Sozialversicherungen berechnet.



05. Projekte zur Stärkung von Gesundheitssystemen

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/JOH) Welche Maßnahmen und Projekte der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit zur Stabilisierung und Stärkung von Gesundheitssystemen in Entwicklungsländern die Bundesregierung seit 2017 mit jeweils welchem finanziellen und personellen Volumen gefördert hat, will die FDP-Fraktion mittels einer Kleinen Anfrage (19/30251) erfahren. Außerdem geht es darin um Fort- und Rückschritte bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Polio, Masern und Malaria sowie durch Routine-Impfungen oder Behandlungen vermeidbare Todesfälle von Kindern.



06. FDP fragt nach Zahlen zu Insolvenzanträgen

Recht und Verbraucherschutz/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MWO) Nach Zahlen zu pandemiebedingten Insolvenzanträgen erkundigt sich die Fraktion der FDP in einer Kleinen Anfrage (19/30215). Die Fragesteller wollen unter anderem wissen, wie viele Insolvenzanträge nach Kenntnis der Bundesregierung im Zeitraum vom 1. bis zum 27. März 2021 gestellt und im Rahmen des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht nicht weiterverfolgt wurden, und wie viele Insolvenzen nach Kenntnis der Bundesregierung in den Zeiträumen von März 2020 bis Ende September 2020, Anfang Oktober 2020 bis Ende Dezember 2020 und Anfang Januar 2021 bis Ende April 2021 sowie seit Anfang Mai 2021 beantragt worden sind. Ferner fragen sie, wie viele Insolvenzanträge die Bundesregierung insgesamt für das Jahr 2021 erwartet und ob sie weitere Corona-Hilfen plant. Die Fragesteller verweisen darauf, dass die 14-monatige teilweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach Meinung einiger Ökonomen die Gefahr der Entstehung sogenannter "Zombieunternehmen" berge.