In den Schulen des Landes ist seit dem Beginn des Schuljahres ein
rasanter Anstieg bei den Langzeiterkrankungen von Lehrkräften (Krankheit
länger als 6 Wochen) und bei den Kündigungen von Arbeitsverhältnissen zu
verzeichnen. Gegenüber dem Schuljahr 2015/16 betrug die Steigerung bei
den Langzeiterkrankungen allein im ersten Schulhalbjahr 2016/17 fast 50
Prozent. Die vorzeitige Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch
Kündigungen wird sich im laufenden Schuljahr gegenüber dem Vorjahr
nahezu verdoppeln. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine
Kleine Anfrage der Fraktion Die LINKE hervor. Dazu erklärt der
bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Lippmann:
„Die durch den fortschreitenden Personalmangel hervorgerufene permanente
Überlastung der Lehrkräfte und die wachsende Berufsunzufriedenheit der
Lehrkräfte mit den Rahmenbedingungen in den Schulen machen krank und
lassen immer mehr Lehrkräfte nach Jahrzehnten erfolgreicher und
erfüllter Berufstätigkeit scheitern. Dies ist ein dramatischer Befund
und ein Armutszeugnis für die schwindsüchtige Bildungspolitik, die unter
Duldung von Ministerpräsident Haseloff dem Land von seinen Finanz- und
Kultusministern seit Jahren zugemutet wird.
Besonders durch die Unkenntnis und Ignoranz von Bildungsminister Tullner
gegenüber den realen Verhältnissen im schulischen Alltag werden in
rascher Folge immer wieder fatale Fehleinschätzungen getroffen und so
den Lehrkräften immer neue Aufgaben und Belastungen aufgebürdet, die
diese immer weniger schultern können. Wenn ein Bogen aber überspannt
wird, bricht er. Diese Erfahrung machen in diesem Schuljahr immer mehr
Schulen, in denen die Unterrichtsversorgung wegen fehlender Lehrkräfte
wie ein Kartenhaus zusammenbricht.
Die Folgen der ständigen Kürzungen waren vorhersehbar, erschrecken aber
in ihrer Dimension dennoch. Immer mehr Lehrkräfte halten dem Druck nicht
mehr stand und geben auf. So musste allein im ersten Schulhalbjahr bei
338 Lehrkräften eine Langzeiterkrankung neu festgestellt werden, während
nur 93 Lehrkräfte wieder in den Schuldienst zurückgekehrt sind. Derzeit
sind weit mehr als 500 Lehrkräfte und damit etwa 4 Prozent aller für die
Schulen vorgesehenen Lehrkräfte langzeiterkrankt. Gleichzeit nimmt die
Kündigung von Arbeitsverträgen explosionsartig zu. Bis zum Ende des
Schuljahres wird das Arbeitsverhältnis mit mindestens 84 Lehrkräften
durch Kündigungen beendetet werden, weil die Beschäftigten nicht mehr
länger in unseren Schulen arbeiten wollen oder können. Angesichts dieser
Fakten sollte Minister Tullner endlich einsehen, dass seine
Personalpolitik, die auf Arbeitsverdichtung und sogenannte
„Effizienzsteigerung“ setzt, gescheitert ist und in unverantwortlicher
Weise die Gesundheit seiner Beschäftigten ruiniert.
Um die ausscheidenden Kolleg*innen vollständig zu ersetzen und das
Grunddefizit in der Unterrichtsversorgung auszugleichen, müssen zum
Beginn des neuen Schuljahres mindestens 650 Lehrkräfte neu eingestellt
werden, um überhaupt eine Unterrichtsversorgung von 100 Prozent zu
erreichen. Um das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag von 103 Prozent
erfüllen zu können, wären noch einmal weiter 350 Neueinstellungen
erforderlich. Wenn Minister Tullner nicht Willens oder nicht in der Lage
ist, sich diesen Herausforderungen zu stellen, sollte er darüber
nachdenken, ob er den richtigen Job hat. Den unbestreitbaren
Unterrichtsbedarf weiterhin zu leugnen und den Schulen einfach die
Zuweisungen zu kürzen, ist ein Taschenspielertrick und wird das
Schulsystem immer tiefer in die Krise führen.“
Magdeburg, 25. April 2017