Spekulationen
kursieren, wonach Blutdrucksenker ACE-Hemmer und Sartane
Coronavirus-Infektionen begünstigen: Daraus den Schluss zu ziehen, die
Herzmedikamente ohne ärztliche Rücksprache abzusetzen, ist nach aktuellem
medizinischen Kenntnisstand unbegründet.
(Frankfurt
am Main, März 2020) Spekulationen kursieren derzeit in Medienberichten,
Herzmedikamente wie ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor-Blocker (Sartane)
könnten aufgrund bestimmter Eigenschaften eine Infektion mit dem Coronavirus
(SARS-CoV-2) begünstigen. Dies hat zu einer Verunsicherung vieler Patientinnen
und Patienten insbesondere mit Bluthochdruck und Herzinsuffizienz geführt
Nach
Angaben kardiologischer Fachgesellschaften, darunter die Deutsche Gesellschaft
für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK), besteht für Patienten mit
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und insbesondere mit Herzinsuffizienz, Diabetes
oder der Kombination von beidem „wohl eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen
und eine erhöhte Sterblichkeit nach Infektion mit dem neuartigen Coronavirus
SARS-CoV-2“. „Umso mehr ist gerade für diese Patientengruppe die konsequente
Einnahme ihrer Herzmedikamente wichtig, um ihr Herz im Falle einer Infektion
mit COVID-19 oder einer anderen viralen oder bakteriellen Infektion nicht
zusätzlich zu gefährden“, betont der Kardiologe und Pharmakologe Prof. Dr. med.
Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.
Hintergrund
der genannten Spekulationen ist unter anderem der Punkt, dass das
Angiotensin-Konversionsenzym ACE2 ein Virusrezeptor für das SARS-Coronavirus in
der Lunge ist. „Ob aber ACE2 auch wirklich der Rezeptor für die neue
Coronavirus-Variante SARS-CoV-2/COVID-19 ist, ist nach derzeitigem
wissenschaftlichen Kenntnisstand noch nicht klar“, sagt Prof. Dr. med. Thomas
Eschenhagen, Direktor des Instituts für Experimentelle Pharmakologie und
Toxikologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).
Vermehrt
hat es Berichte in den Medien darüber gegeben, dass Daten auf Basis von
experimentellen zellbiologischen und tierexperimentellen Untersuchungen darauf
hindeuten, dass ACE-Hemmer und Sartane die Aktivität von ACE2 im Herzen erhöhen
und dadurch potenziell eine COVID-19-Infektion begünstigen könnten. „Diese
Information führt bei Herz-Kreislauf-Patienten, die diese Medikamente zur
Behandlung von Bluthochdruck und Herzinsuffizienz einnehmen müssen, zu großer
Verunsicherung“, gibt Prof. Eschenhagen, der auch Vorstandssprecher des
Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung ist, zu bedenken.
„Für
die – auch in einem renommierten Fachjournal – formulierte Hypothese, Patienten
könnten aufgrund der Einnahme von ACE-Hemmern und Sartanen eine schlechtere
Prognose bei einer SARS-CoV-2-Infektion haben, fehlt es aber bislang an
klinischer Evidenz.“ So sieht es auch die Fachgesellschaft für Kardiologie DGK:
„Es gibt zurzeit keine eindeutigen Hinweise dafür, dass die Gabe von
ACE-Hemmstoffen oder Sartanen mit einer erhöhten Sterblichkeit oder
Anfälligkeit für Lungenkomplikationen nach SARS-CoV-2 assoziiert ist.“
Hingegen
verfügen ACE-Hemmer und Sartane über eine durch Studien vielfach belegte
Wirkung bei Bluthochdruck und Herzinsuffizienz. „Diese Herzmedikamente dienen
bei diesen Erkrankungen zur Senkung der Sterblichkeit und der
Wahrscheinlichkeit für Krankenhauseinweisungen“, unterstreicht der Kardiologe
Prof. Meinertz.
Die
Deutsche Herzstiftung warnt Patienten deshalb ausdrücklich davor, ohne
Rücksprache mit dem Arzt Herzmedikamente wie ACE-Hemmer und Sartane abzusetzen
oder die Dosierung zu ändern. „Die lebensbedrohlichen Risiken durch
Herzinfarkte und Schlaganfälle im Falle eines plötzlichen Absetzens dieser
Herzmedikamente überwiegen deutlich gegenüber den nur auf Basis von Hypothesen
vermuteten Vorteilen einer Vermeidung von ACE2 und seiner Wirkung bei einer
SARS-CoV-2-Infektion“, betont Meinertz.
Weitere
Infos der Herzstiftung zum Coronavirus unter:
www.herzstiftung.de/pressemeldungen_artikel.php?articles_ID=956
Quellen:
www.thelancet.com/action/showPdf?pii=S2213-2600%2820%2930116-8
https://dgk.org/daten/sars-cov-2-pm.pdf
Text:
Deutsche Herzstiftung