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Aus dem Gerichtssaal: Widerrufsfrist beim Autokauf

Freitag, den 15. November 2019

Zivilrecht

Bietet ein Autohaus einen Wagen über ein Onlineportal an und organisiert den Vertragsabschluss per E-Mail, handelt es sich deswegen nicht automatisch um ein sogenanntes Fernabsatzgeschäft. Das bedeutet, dass Verbraucher den Kauf in einem solchen Fall nicht einfach innerhalb von 14 Tagen widerrufen können. So hat laut Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH, das Landgericht Osnabrück entschieden.


Worum ging es bei Gericht?

Eine Frau hatte auf einem großen Online-Autoportal einen Kombi gefunden, der ihr gefiel. Sie rief bei dem inserierenden Autohaus an und dieses willigte ein, ihr ein Bestellformular per E-Mail zuzuschicken. In der E-Mail hieß es, dass der Kauf erst mit schriftlicher Bestätigung des Autohauses oder Übergabe des Fahrzeugs endgültig zustande komme. Die Kundin füllte das Bestellformular aus, scannte es ein und schickte es per E-Mail zurück an das Autohaus. Dann überwies sie das Geld. Ihr Ehemann holte das Auto ab. Zehn Monate später wollte die Frau den Kauf rückgängig machen. Sie berief sich dabei nicht auf Mängel des Autos, sondern auf das gesetzliche Widerrufsrecht, welches bei sogenannten Fernabsatzverträgen gilt. Es besagt: Verbraucher können Verträge mit gewerblichen Unternehmern, die online oder per Telefon abgeschlossen wurden, innerhalb von 14 Tagen ohne Begründung widerrufen. Erhält der Verbraucher keine korrekte Widerrufsbelehrung, ist ein Widerruf sogar noch innerhalb von einem Jahr und 14 Tagen möglich. Das Autohaus weigerte sich allerdings, den Vertrag rückabzuwickeln: Hier habe es sich nicht um ein Fernabsatzgeschäft gehandelt und deshalb sei kein Widerruf möglich. Normalerweise versende das Autohaus auch keine Bestellformulare per E-Mail, dies sei eine Ausnahme gewesen.


Das Urteil

Das Landgericht Osnabrück gab dem Autohaus recht. Fahrzeuge online zu inserieren und den Kauf ausnahmsweise per E-Mail und Telefon abzustimmen, reiche nicht für einen Fernabsatzvertrag aus. Dieser setze voraus, dass ein organisiertes Fernabsatzsystem vorhanden sei, dass also das Autohaus solche Verträge generell online oder telefonisch nach einem festen Verfahren abwickle und auch ein organisiertes System zum Versand der Ware habe. Im vorliegenden Fall habe das Autohaus lediglich Anzeigen auf einem fremden Internetportal geschaltet. Einen Versand biete es generell nicht an. Es habe sich daher um einen ganz normalen Autokauf gehandelt. Die Kundin habe also kein Widerrufsrecht.

 
Was bedeutet das für den Autokauf?

Verbraucher können heute auch Autos online kaufen. Ob sie dabei ein Widerrufsrecht haben, hängt allerdings davon ab, wie der Kauf organisiert ist. So gibt es durchaus Hersteller, auf deren Website Kunden mit Hilfe eines entsprechenden Online-Formulars per Mausklick ein Auto kaufen können. Der Kunde kann das Auto dann wahlweise abholen oder sich liefern lassen. Dabei handelt es sich um ein organisiertes Online-Absatzsystem und das Widerrufsrecht gilt. Gibt ein Autohaus jedoch lediglich eine Anzeige auf einem Autoportal auf, handelt es sich um einen normalen Kauf ohne Widerrufsrecht – und zwar auch dann, wenn Käufer und Verkäufer per E-Mail und Telefon in Kontakt treten. Dann gilt das Widerrufsrecht nicht. Verbraucher können in so einem Fall höchstens Rechte aus der gesetzlichen Sachmängelhaftung geltend machen. Die setzt aber voraus, dass das Fahrzeug bei Übergabe mangelhaft war.

Landgericht Osnabrück, Urteil vom 16. September 2019, Az. 2 O 683/19