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Aus dem Gerichtssaal: Kein Schadensersatz für versehentlich im Müll entsorgte Zahnprothese

Donnerstag, den 20. Mai 2021

Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich unter gesammeltem Abfall auch persönliche oder wertvolle Gegenstände befinden, die nicht weggeworfen werden sollen, darf der Abfall ohne vorherige Sichtung entsorgt werden. Hierauf hat der 8. Zivilsenat des OLG Koblenz  in einem kürzlich gefassten Beschluss hingewiesen (Beschluss vom 13. April 2021, Aktenzeichen: 8 U 1596/20).

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ende des Jahre 2019 war die Klägerin an einer Pneumonie erkrankt und musste das Bett hüten. Während eines Krankenbesuchs entsorgte die Beklagte - die Lebensgefährtin des Sohnes der Klägerin - einige von der Klägerin benutzte Papiertaschentücher, die sich auf dem Nachttisch angesammelt hatten. Die Beklagte warf die Taschentücher in den brennenden Ofen. Unter den Taschentüchern befand sich, von ihr unbemerkt, die in ein Papiertuch eingewickelte Zahnprothese der Klägerin, die diese gleichfalls auf dem Nachttisch abgelegt hatte. Die Klägerin nahm die Beklagte wegen des Verlusts der Zahnprothese auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 11.833,42 € in Anspruch. Das Landgericht wies die Klage ab, indem es eine stillschweigend vereinbarte Haftungsprivilegierung annahm, in deren Folge die Beklagte der Klägerin nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Beschädigung des Zahnersatzes hafte, was nicht erfüllt sei. Hiermit war die Klägerin nicht einverstanden und legte Berufung ein.

Der Senat hat in einem weitergehenden Ansatz bereits eine einfache Fahrlässigkeit der Beklagten verneint. Die Beklagte habe weder gewusst, dass sich unter den benutzten Taschentüchern der in ein Papiertuch gewickelte Zahnersatz befand, noch habe sie dies erkennen können oder müssen, als sie die Taschentücher im „Paket“ aufnahm und in den Kohleofen warf. Es hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beklagte die Prothese aufgrund ihres Gewichts hätte bemerken müssen. Auch sei es der Beklagten unter den konkreten Umständen nicht vorzuwerfen, beim Entsorgen die benutzten Taschentücher möglichst wenig berührt zu haben. Sie habe mangels jeden Hinweises auf den Zahnersatz den Abfall nicht sichten müssen. Schließlich begründe auch die Entsorgungsform selbst, das Verbrennen im Ofen, keine Fahrlässigkeit. Hierdurch seien die mit Krankheitserregern belasteten Taschentücher vielmehr effektiv beseitigt und die Keimbelastung verringert bzw. aufgehoben worden.

Die Klägerin hat auf den Hinweis des Senats ihre Berufung zurückgenommen.