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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Di.., 4. Mai 2021

  1. Geteiltes Echo zu Reform der Körperschaftsteuer
    Finanzen/Anhörung
  2. Experten bewerten geplantes Verbot des Kükentötens
    Ernährung und Landwirtschaft/Anhörung


01. Geteiltes Echo zu Reform der Körperschaftsteuer

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/AB) Ein geteiltes Echo der Sachverständigen fand der Gesetzentwurf zur Reform des Körperschaftssteuerrechts der Bundesregierung (19/28656) in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag. Während einige Experten das geplante Optionsmodell als Schritt zu gleicher Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften ausdrücklich lobten, kritisierte unter anderem die Deutsche Steuer-Gewerkschaft das Vorhaben als zu kompliziert.

Zur Stellungnahme standen daneben drei Anträge der FDP-Fraktion zur Unternehmensbesteuerung ("Gestärkt aus der Krise hervorgehen - Gewerbesteuer reformieren", 19/28770), ("Thesaurierungsbegünstigung modernisieren", 19/28766), ("Niedrigbesteuerungsgrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung auf international wettbewerbsfähiges Niveau absenken", 19/27818).

Kern des Gesetzes ist die Einführung eines Optionsmodells: Personengesellschaften sollen künftig ein Wahlrecht haben, sich der Körperschaftsteuer anstelle der Einkommensteuer zu unterwerfen. Ziel ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der vielen international tätigen Familienunternehmen in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft oder offenen Handelsgesellschaft. Bislang werden Personengesellschaften bei der Einbehaltung von Gewinnen (Thesaurierung) steuerlich häufig benachteiligt. Die Regelungen sind - gegenüber denen für Kapitalgesellschaften - zu kompliziert. Hier soll das Optionsmodell ansetzen.

Auch das Umwandlungsrecht soll modernisiert werden. Es ermöglicht nationalen und multinationalen Unternehmen, ihre Struktur steuerneutral an veränderte Rahmenbedinungen anzupassen. Außerdem soll der Bürokratieaufwand bei der steuerbilanziellen Behandlung von organschaftlichen Mehr- und Minderabführungen verringert werden.

Für den Gesetzentwurf sprach sich Joachim Schiffers von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen aus. Die Option sei ausdrücklich zu befürworten. Sie sei ein wesentlicher Schritt hin zu einer rechtsformneutralen Unternehmensbesteuerung. Die aktuell vergleichsweise hoch belasteten Personengesellschaften erhielten die Möglichkeit, die gleiche Belastung wie die von Kapitalgesellschaften zu erreichen. Positiv sei, dass kein neues Besteuerungssystem geschaffen, sondern das bestehende System der Kapitalgesellschaften für bestimmte Personengesellschaften nutzbar gemacht würde. Nachteile für thesaurierende Personengesellschaften würden abgebaut.

Auch Daniela Kelm vom Institut der Wirtschaftsprüfer bewertete das Optionsmodell positiv. Dadurch könnten potenzielle Nachteile der Personengesellschaftsbesteuerung im Einzelfall beseitigt werden. Vor allem Nachteile deutscher Personengesellschaften im internationalen Bereich könnten gemindert und ihre Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden. Sie empfahl für Personengesellschaften, für die eine Option nicht in Frage kommt, die Vorschrift der Thesaurierungsbegünstigung (Paragraf 34a EStG) zu ändern, der Anwendungsbereich müsse zielgerichteter und praxisgerechter sein.

Dagegen bestehen für Johanna Hey von der Universität zu Köln Zweifel, ob das vorgeschlagene Optionsmodell attraktiv ist. Es stehe in Konkurrenz zur Thesaurierungsbegünstigung. Der Gesetzentwurf gebe keine Antwort auf die bestehenden Defizite bei diesem Weg. Hey empfahl eine grundlegende Neuordnung der Strukturen des Unternehmensteuerrechts, die auch eine Reform der Gewerbesteuer beinhalten sollte. Das sei ein großes Vorhaben, das nicht in aller Schnelle geklärt werden könne.

Kritisch bewertete auch Monika Wünnemann vom Bundesverband der Deutschen Industrie den Gesetzentwurf. Sie kritisierte unter anderem die Eile, mit der das Modell umgesetzt werden soll. Negativ bewertete sie auch, dass die Einführung einer Option allein für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften viele Unternehmen vor allem des Mittelstands außen vor lasse - Einzelunternehmen und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts. Dafür gebe es keine Gründe. Zudem empfahl sie eine Verbesserung der Thesaurierungsrücklage. Die Rücklage würde derzeit nur von 6.000 Unternehmen genutzt. Die praktische Anwendbarkeit müsste erhöht werden. Sie empfahl dazu unter anderem, die von den Betrieben gezahlten Ertragsteuern nicht als Gewinnentnahme zu deklarieren. Die geplante Einlagelösung bei Mehr- und Minderabführungen bei der ertragsteuerlichen Organschaft bewertete sie besonders negativ. Sie könnte zu hohen Belastungen für Unternehmen führen und stelle keine Vereinfachung dar.

Nach Einschätzung von Carsten Rothbart vom Zentralverband des Deutschen Handwerks würden nicht sehr viele kleine und mittlere Unternehmen des Handwerks von der Option Gebrauch machen. Das Körperschaftsteuersystem sei für diese möglicherweise zu aufwändig. Er plädierte dafür, die Thesaurierungsbesteuerung weiterzuentwickeln, dies sei ein bewährtes Instrument.

Lorenz Jarass von der Universität Regensburg bezeichnete die geplante Körperschaftsteueroption als "Beschäftigungsprogramm für Steuerberater", sie sei viel zu kompliziert. Aus seiner Sicht sollte der Paragraf 34a EStG reformiert werden: Auf den thesaurierten Gewinn solle die Personengesellschaft Gewerbesteuer bezahlen und zusätzlich ohne Anrechnung der gezahlten Gewerbesteuer pauschal 15 Prozent Einkommensteuer, die aber nicht als Ausschüttung gelten soll. Die Reform erfordere keine Systemänderung wie der Gesetzentwurf der Bundesregierung.

Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft kritisierte die geplante Option ebenfalls deutlich. Der Entwurf verkompliziere die Rechtsmaterie und sei rudimentär. Absehbar seien zahlreiche nötigen Anwendungsschreiben. Zudem sei das Optionsmodell nicht nötig, mit dem Paragrafen 34a EStG gebe es bereits ein wirkungsvolles Instrument. Besonders folgende Punkte hob er hervor: Die Vorlaufzeit sei zu kurz, die Verwaltung müsse sich vorbereiten können, die Einführung müsse um mindestens ein Jahr verschoben werden. Zudem sei im Entwurf die Anwendung der Option ohne Frist vorgesehen, was zu erheblichen Problemen in der Finanzverwaltung führen werde. Auch die Form des Antrags sei bislang völlig offen.



02. Experten bewerten geplantes Verbot des Kükentötens

Ernährung und Landwirtschaft/Anhörung

Berlin: (hib/SAS) Eine Mehrheit der Sachverständigen begrüßt die Gesetzesinitiative der Bundesregierung (19/27630) für ein Verbot des Kükentötens ab Januar 2022. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft am Montag unter der Leitung von Alois Gerig (CDU) befürworteten die Experten die Stoßrichtung des Gesetzentwurfs. Mehrheitlich kritisch allerdings beurteilten sie die Umsetzung des ab 2024 ebenfalls geplanten Verbots von Eingriffen an einem Hühnerei und des Abbruchs des Brutvorgangs ab dem siebten Bebrütungstag. Es fehle an praxistauglichen technischen Lösungen, die eine Geschlechtsbestimmung vor dem siebten Bebrütungstag ermöglichen.

Grundlage der Anhörung waren neben dem Gesetzentwurf der Bundesregierung auch ein Antrag der Fraktion Die Linke (19/28773) für ein "Verbot des Tötens von Küken allein aus wirtschaftlichen Gründen" sowie ein Antrag der FDP-Fraktion (19/27816), mit dem sich diese für ein europaweites Verbot "statt nationaler Alleingänge" ausspricht.

Ludger Breloh, Geschäftsführer des Startups Seleggt, plädierte in seiner Stellungnahme für eine Änderung der geplanten Regelung. Es gebe aktuell kein "praxis- und massentaugliches" Verfahren für eine Geschlechtsbestimmung im Brutei vor dem siebten Tag. Er selbst habe mit seinem Unternehmen zwar eine solche Technologie entwickelt. Bislang sei eine Geschlechtsbestimmung damit aber frühestens erst ab dem neunten Tag möglich. Bis zum geplanten Inkrafttreten der Regelung ab 2024 sei nicht mit einer früheren Bestimmungsmöglichkeit - auch nicht von anderen Anbietern - zu rechnen. Zudem sei fraglich, ob die vorgesehene Regelung überhaupt "sinnvoll und zielführend" sei, so der Agrarökonom: "Es gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg für ein Schmerzempfinden eines Hühnerembryos am siebten Bruttag."

Dominik Fischer, Kurator beim Zoo Wuppertal, unterstützte grundsätzlich das geplante Verbot des Kükentötens. Eine Tötung von Tieren aus "rein ökonomischen Gründen" dürfe nicht sein, stellte der Tierarzt und Vogelexperte klar. Gleichzeitig sprach er sich für Ausnahmen vom Tötungsverbot aus und betonte die Bedeutung von Eintagsküken als Nahrung von vogelfressenden Tierarten. Ob Greifvögel, Reptilien, Amphibien oder Katzen - jeder Halter sei nach dem Tierschutzgesetz verpflichtet, Tiere artgerecht zu halten und zu füttern. Eben deshalb könnten etwa Zoos, Falknereien, Tierparks, Wildparks oder Tierkliniken nicht einfach auf Küken verzichten. Sie seien als Nahrung gut verdaulich, würden sehr gut akzeptiert. Ihre Nährstoffzusammensetzung sei zudem hervorragend und ihre Verfütterung besonders hygienisch.

Christiane Keppler von der Gallicon Geflügelberatung mahnte dringenden Regelungsbedarf für die Bruderhahnaufzucht an. Da ausreichend praxistaugliche technische Lösungen für die In-Ovo-Geschlechtsbestimmung fehlten, werde mit dem Inkrafttreten des Verbots des Kükentötens ab 2022 die Aufzucht eines großen Teils der Bruderhähne in Deutschland nötig. Hierfür fehlten aber sowohl die rechtlichen Vorgaben als auch die erforderlichen Stallkapazitäten, so die Expertin. Um zu verhindern, dass die Bruderhahnaufzucht ins Ausland verlagert werde, forderte Keppler mehr Förderung für die Betriebe - aber auch klare Qualitätsstandards und eine verbindliche Packungskennzeichnungen bezüglich Herkunft und Aufzucht.

Rudolf Preisinger, Geschäftsführer des Geflügelzucht-Unternehmens Lohmann, zeigte zwar Verständnis dafür, dass Politik und Verbraucher in sogenannten Zweinutzungshühner die Lösung für die diversen Probleme der Hochleistungszucht sähen. Er gab jedoch zu bedenken, dass solche Sorten in jeder Hinsicht einen Kompromiss darstellten: "Jeder Züchter wird erhebliche Probleme haben, sowohl die Muskelfülle als auch die Eileistung zu verbessern." Zweinutzungshühner legten 25 Prozent weniger Eier, die Hähne brauchten im Schnitt drei Wochen länger für das gleiche Körpergewicht. Sie hätten zudem weniger Muskelfülle im Brustbereich. Damit seien sie nur bedingt vermarktungsfähig. Das zeigten Beispiele aus Österreich und der Schweiz, wo die Zucht von Zweinutzungshühnern ein "Nischendasein" friste, so der Agraringenieur und Genetiker.

Inke Drossé vom Deutschen Tierschutzbund unterstrich in ihrer Stellungnahme, dass das Verbot des Kükentötens nach dem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts 2019 längst überfällig sei. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei aus Sicht des Tierschutzes jedoch unzureichend: Das Töten der Embryonen im Ei nach dem siebten Bruttag könne "auch übergangsweise" nicht akzeptiert werden, kritisierte die Biologin. Das Schmerzempfinden der Embryonen könne zu diesem Zeitpunkt nicht sicher ausgeschlossenen werden. Daher bestehe hier auch kein Unterschied zum Töten der Küken. Auch gegen Ausnahmen, um die Verfütterung von Küken an andere Tiere zu ermöglichen, sprach sich die Tierschutzexpertin klar aus: "Damit könnte das Verbot umgangen - oder sogar völlig ausgehebelt werden." Eine bedarfsgerechte Fütterung sei anderweitig möglich, sagte Drossé und widersprach damit dem Sachverständigen Fischer.

Thomas Bartels vom Friedrich-Löffler-Institut erklärte, es sei nach gegenwärtigem Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht eindeutig zu bestimmen, an welchem Bebrütungstag bei Hühnerembryonen die Fähigkeit zum Empfinden von Schmerz vorhanden sei. Sicher sei nur, dass der Hühnerembryo vor dem siebten Tag noch nicht zur Nozizeption befähigt sei, so der Experte. Danach entwickle sich die Fähigkeit kontinuierlich, ohne dass konkrete Zeitpunkte des Einsetzens des Schmerzempfindens genannt werden könnten.

Edmund Koch, Professor an der Technischen Universität Dresden, informierte über aktuell laufende Forschungen zur spektroskopischen In-Ovo-Geschlechtsbestimmung. Dieses von ihm mitentwickelte Verfahren zeige, dass das Geschlecht von Küken durch optische Methoden bereits ab dem dritten Tag ermittelt werden könne. Automatisierung und großtechnische Umsetzung des Verfahrens jedoch hätten sich in der Vergangenheit als schwierig erwiesen, räumte Koch ein. Aktuell laufe eine neue Versuchsreihe, die bis Juni 2021 abgeschlossen werde. Die Ergebnisse seien erfolgversprechend. Damit gebe es die Aussicht auf eine preiswerte, "industriell umsetzbare Methode" zur Geschlechtsbestimmung zwischen dem dritten und fünften Bruttag, so der Experte.

Henner Schönecke, Vizepräsident des Zentralverbands der deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), forderte eine EU-weite Regelung. Ein rein nationales Verbot des Kükentötens werde gerade kleinere Brütereien hart treffen, warnte er. Für große, international agierende Betriebe schaffe die geplante Regelung hingegen den Anreiz, ihr Brutgeschäft ins Ausland zu verlagern. Der ZDG-Vertreter kritisierte zudem, dass eine Folgenabschätzung zu den Auswirkungen der Gesetzesinitiative auf die deutschen Brütereien bislang nicht vorliege.

Mit dem Gesetz will die Regierung das Verbot des Tötens von Hühnerküken der Art Gallus Gallus in das Tierschutzgesetz aufnehmen. Das Verbot soll auch die Zucht- und Vermehrungstiere betreffen. Ebenso verboten werden sollen Eingriffe an einem Hühnerei und der Abbruch des Brutvorgangs ab dem siebten Bebrütungstag, die bei oder nach der Anwendung von Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei durchgeführt werden und den Tod des Hühnerembryos verursachen.

Vorgesehen ist ein Inkrafttreten in Stufen: Das Verbot für die Tötung von Hühnerküken soll vom 1. Januar 2022 an gelten, das Verbot für die Eingriffe am Hühnerei und für den Abbruch des Brutvorgangs erst vom 1. Januar 2024 an. Damit will die Regierung der Branche Zeit gegeben, sich an die neue Rechtslage anzupassen.

Die FDP will das "Kükentöten europaweit beenden" und stellt sich gegen einen "nationalen Alleingang" in dieser Frage. Die Liberalen fordern in ihrem Antrag (19/27816) die Bundesregierung auf, die Schaffung eines Rechtsrahmens für den Europäischen Wirtschaftsraum auf EU-Ebene voranzutreiben, der unter anderem "ein Verbot des Kükentötens sowie des Tötens von Embryonen im Ei möglichst zeitnah am Brutbeginn verbindlich festschreibt".

"Kükentöten wirklich beenden - Aufzucht männlicher Küken fördern" lautet der Titel des Antrags der Fraktion Die Linke (19/28773). Darin fordert die Fraktion die Bundesregierung dazu auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der unter anderem das Töten von Küken allein aus wirtschaftlichen Gründen zu einem Straftatbestand nach Paragraf 17 Ziffer 1 Tierschutzgesetz macht sowie tiergerechte Mindestanforderungen für Aufzucht, Haltung und Transport von sogenannten Bruderhähnen und Zweinutzungshühnern festlegt.