Hannover. 40 Prozent der Angehörigen
stimmten in 2019 einer Gewebespende zu. Die Deutsche
Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) konnte dadurch erstmalig
2.753 Gewebespenden realisieren und bundesweit 5.740 Gewebetransplantate
zur Transplantation vermitteln. Für die Patientinnen und Patienten hieß das
5.740-mal die Chance auf einen Neuanfang: So können Hornhauttransplantate klare
Sicht schenken, Herzklappen die Leistungsfähigkeit erhöhen und
Gefäßtransplantate vor Amputationen bewahren.
Erneut konnte die gemeinnützige DGFG mehr
Gewebespenden realisieren: In 2019 spendeten insgesamt 2.753 Menschen ihr
Gewebe. In 2018 waren es 2.732 Menschen. „Spender*innen und ihren Angehörigen
gilt unser besonderer Dank“, betont Martin Börgel, Geschäftsführer der DGFG.
Insgesamt gingen 39.132 Meldungen potenzieller Spender*innen aus den Kliniken
im Netzwerk bei der DGFG ein. Nach deren Prüfung auf medizinische
Kontraindikationen führten die Koordinator*innen 7.565 Gespräche, um über die
Möglichkeit der Gewebespende aufzuklären. 2.997-mal wurde einer Gewebespende
zugestimmt. Die durchschnittliche Zustimmungsquote zur Gewebespende lag damit
bei 40 Prozent – ein deutliches Zeichen, dass Gewebespende als
gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen wird.
Treibende Kraft für diese Entwicklung sind die
Gewebespende-Koordinator*innen in den Krankenhäusern. „Sie unterstützen die
Kliniken da, wo es nötig ist: vor Ort – beim Spenderscreening, dem
Angehörigengespräch, der Gewebeentnahme sowie bei der Klärung von z.B.
datenschutzrechtlichen Belangen.” Von inzwischen 31 Standorten aus realisieren
49 Koordinator*innen die Gewebespende an über 100 Krankenhäusern
deutschlandweit. Im offenen Netzwerk der DGFG kooperieren zahlreiche
Universitätskliniken, kommunale und konfessionelle Krankenhäuser, aber auch
große Klinikverbünde. 2019 kamen das Klinikum der
Ludwig-Maximilians-Universität München, die Universitätsmedizin Göttingen, das
Helios Klinikum Wuppertal und das Helios Hanseklinikum Stralsund als neue
DGFG-Standorte hinzu. Seit Oktober 2019 ist die Hornhautbank des LMU-Klinikums
ebenfalls Teil des DGFG-Netzwerks. 13 Gewebebanken im Netzwerk ermöglichen eine
bestmögliche Versorgung von Patient*innen in ganz Deutschland.
Spende von Herzklappen und Blutgefäßen:
Neues Spendeprogramm zeigt Erfolge
2019 konnte die DGFG 31 Spenden
kardiovaskulärer Gewebe bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen durchführen – mehr als
dreimal so viele wie im Jahr zuvor. Bei dieser Spende entnehmen die
Koordinator*innen zusammen mit einem Arzt das Herz mitsamt der Herzklappen oder
auch die großen Blutgefäße. Insgesamt konnte die DGFG in 2019 166 Herzklappen
und 111 Gefäße zur Transplantation vermitteln. Der Bedarf dieser Gewebe in der
Transplantationsmedizin ist nach wie vor sehr hoch. Herzklappen und Blutgefäße
stammten bisher aus der Organspende. Die DGFG hat daher in 2017 ein Programm
zur Spende kardiovaskulärer Gewebe (KVG) von Herz-Kreislauf-Verstorbenen
initiiert. Denn auch bei der Spende dieser Gewebe spielt der Hirntod keine
Rolle. Herzklappen und Gefäße können noch bis zu 36 Stunden nach Todeseintritt
entnommen werden.
Jeder zweite Patient erhält ein
Hornhauttransplantat von der DGFG
3.605 Patient*innen konnte die DGFG in 2019
mit einem Hornhauttransplantat versorgen. Im Durchschnitt werden pro Jahr rund
7.000 Hornhauttransplantationen in Deutschland durchgeführt. „Mehr als jede
zweite Hornhaut kommt von der DGFG. Wir können mittlerweile bei der
Hornhauttransplantation die meisten Anfragen innerhalb weniger Wochen
erfüllen“, sagt Börgel. Unter den vermittelten Hornhäuten waren 383
Hornhautlamellen (LaMEK) für die DMEK-Operation (Descemet Membrane Endothelial
Keratoplasty). Hier ersetzen Ärzte nur eine dünne Schicht der Hornhaut, wodurch
sich die Sehfähigkeit der Patienten deutlich schneller erholt und das
Infektionsrisiko minimal bleibt.
Vom 16.-18. Januar 2020 begrüßt die DGFG als
Gastgeberin der 32. Jahrestagung der European Eye Bank Association (EEBA) in
Hannover rund 300 Experten aus den Bereichen Hornhauttransplantation,
-aufbereitung und Gewebespende. Im Fokus der internationalen Tagung steht der
Austausch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie der globale Kampf gegen
Blindheit durch Augenhornhauterkrankungen.
Amnion aus der Plazentaspende: Das Wunder
in der Wundheilung
In 2019 konnte die DGFG 39 Plazentaspenden im
Rahmen geplanter Kaiserschnittgeburten realisieren (28 in 2018). Aus der
Plazenta wird die Amnionmembran gewonnen, die Ärzte vor allem in der
Ophthalmologie zur Behandlung der erkrankten Augenoberfläche verwenden, aber
auch in der gynäkologischen Chirurgie, Mund-Kiefer-Chirurgie sowie als
temporären Hautersatz bei thermischen Verletzungen und Wundheilungsstörungen.
Insgesamt 1.802 „Wundpflaster“ kamen 2019 aus diesen Spenden Patienten
deutschlandweit zugute.
Bewusst Gewebe spenden: DGFG fördert
öffentliche Aufklärung
Mithilfe von Spendengeldern konnte die DGFG in
2019 eine Fotowanderausstellung initiieren, die mittlerweile in allen fünf
Gesellschafterkliniken der DGFG zu sehen ist. Fotografin Alexandra Bidian
begleitete für die Reportage „Wieder-Sehen“ eine Patientin mit Fuchs‘scher
Endotheldystrophie auf ihrem Weg vom trüben Blick zurück zum klaren Sehen. Die
Motive der Reportage zeigen, wo das Spendergewebe herkommt, wie es aufbereitet
und gelagert wird und welche Schritte außerdem bis zur erfolgreichen
Transplantation notwendig sind.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung (BZgA) förderte in 2019 die Neugestaltung von www.gewebenetzwerk.de.
Um Angehörige in der Entscheidungsfindung zu unterstützen, die
Auseinandersetzung mit der Gewebespende zu Lebzeiten zu fördern und Patienten
über die Herkunft ihres Gewebetransplantats zu informieren, klärt die DGFG auf
ihrer Internetseite mit Patientengeschichten, Videos, Bild- und Infomaterial
zur Gewebespende auf.
Fast jede*r Verstorbene kann Gewebe spenden
Gewebe, die nach dem Tod gespendet werden können, sind neben Augenhornhäuten, Herzklappen und Blutgefäßen auch Knochen, Sehnen, Bänder und Haut. Aus der Lebend-Gewebespende kommt die Amnionmembran. Der Anteil an Organspender*innen, die Gewebespender*innen sind, ist insgesamt sehr gering. Die Hirntoddiagnostik spielt bei der Gewebespende keine Rolle: 2.386 Gewebespender*innen und damit knapp 90 Prozent sind an einem Herz-Kreislauf-Stillstand verstorben.
Die DGFG fördert seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in Deutschland. Auf Basis des Gewebegesetzes von 2007 sind alle Tätigkeiten und Ablaufprozesse der Gewebespende gesetzlich geregelt. Für alle Gewebezubereitungen gilt das Handelsverbot. Die DGFG vermittelt ihre Transplantate über eine zentrale Vermittlungsstelle mit einer bundesweiten Warteliste. Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von der DGFG beziehen. Als unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft wird die DGFG ausschließlich von öffentlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens getragen: Gesellschafter sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule Hannover, die Universitätsmedizin Rostock sowie das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg. Die DGFG ist in ihrer Aufbaustruktur, der Freiwilligkeit der Unterstützung durch die Netzwerkpartner und ihrer Unabhängigkeit von privaten oder kommerziellen Interessen einzigartig in Deutschland.
Alle Angaben zu den Jahreszahlen 2019 sind
vorläufig (Stand 29.12.2019).
Text: Deutsche Gesellschaft für
Gewebetransplantation - Gemeinnützige Gesellschaft mbH