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Gesundheit-News: Insektengiftallergie bei Kindern: "Was Eltern wissen sollten"

insektengift 10.09.19 14.15

10. September 2019

Foto: Dr. Snjezana-Maria Schütt hat mit der INITIATIVE INSEKTENGIFTALLERGIE über Insektengiftallergie bei Kindern gesprochen.

Hamburg (ots). Eine Insektengiftallergie kann lebensbedrohliche Folgen haben - auch bei Kindern. Im Interview mit der INITIATIVE INSEKTENGIFTALLERGIE erklärt die Kinderärztin Dr. Snjezana-Maria Schütt, wie Eltern auf die Allergie ihres Kindes reagieren sollten.

INITIATIVE INSEKTENGIFTALLERGIE: Welche Beobachtungen lassen sich in Bezug auf Allergien und Kinder in den vergangenen Jahren machen?

Dr. Schütt: Die Häufigkeit allergischer Erkrankungen im Kindesalter hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland des Robert- Koch-Instituts zeigte, dass Allergien mittlerweile zu den häufigsten Gesundheitsproblemen bei Kindern und Jugendlichen gehören. Fast jedes achte Kind ist betroffen und fast jedes fünfte Kind ist allergiegefährdet, besitzt also Antikörper gegen bestimmte Allergene. Schwere allergische Reaktionen treten im Kindesalter am häufigsten bei Nahrungsmittel- und Insektengiftallergien auf.

Welches Insekt löst bei Kindern am häufigsten eine Allergie aus?

Die Wespengiftallergie ist mit rund zwei Dritteln aller Fälle die häufigste Form der Insektengiftallergie. Kinder sind durch ihren natürlichen Entdeckergeist und durch das Spielen im Freien besonders gefährdet, in Kontakt mit einem stechenden Insekt zu geraten.

Reagieren Kinder auf einen Insektenstich anders als Erwachsene?

Grundsätzlich nicht. Auch bei Kindern kommt es nach einem Insektenstich in der Regel zu einer unangenehmen, jedoch harmlosen Lokalreaktion im Bereich der Stichstelle. Wenn jedoch eine Insektengiftallergie vorliegt, kann ein Insektenstich auch bei Kindern sehr schnell zu einer lebensbedrohlichen Allgemeinreaktion des Körpers führen. Dabei treten die Symptome entfernt von der Stichstelle auf und können im schlimmsten Fall alle Organsysteme betreffen. Eine beginnende Allgemeinreaktion kann sich z.B. durch Juckreiz an den Handflächen oder Fußsohlen, Schwindel oder Übelkeit äußern. Sehr rasch kann es in der Folge zu einer schweren Allgemeinreaktion mit Atemnot, Bewusstlosigkeit bis hin zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand kommen. Eine Allgemeinreaktion stellt immer einen akuten Notfall dar.

Inwiefern muss man sich bei der allergischen Reaktion eines Kindes anders verhalten als bei der eines Erwachsenen?

Grundsätzlich ist der Ablauf der Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Erwachsenen und Kindern gleich. Allerdings ist gerade bei Notfällen im Kindesalter die Angst der Ersthelfer vor möglichen Fehlern häufig sehr groß. Daher ist die Aufklärung und ein entsprechendes Notfall-Training, nicht nur für die betroffenen Familien, sondern auch für die Menschen, die die Kinder in der KiTa, der Schule oder in der Freizeit betreuen, besonders wichtig.

Wie kann einer Insektengiftallergie bei Kindern vorgebeugt werden?

Die effektivste Maßnahme, um einer Sensibilisierung gegen das Insektengift und somit einer möglichen Allergie vorzubeugen, besteht in der Vermeidung von Insektenstichen. Besonders wichtig ist es, Ruhe zu bewahren, wenn Wespen oder Bienen in der Nähe sind. An Orten, an denen sich die Insekten besonders gerne aufhalten wie z.B. Mülleimer oder Wiesen mit blühendem Klee, sollten Kinder und ihre Eltern besonders aufmerksam sein. Bei der Kleidung sollten eng anliegende Kleidungsstücke bevorzugt werden, da sich Insekten darin nicht so leicht verfangen können. Duftstoffe in Parfums oder Haarspray können für Bienen und Wespen ebenso verlockend sein wie bestimmte Lebensmittel oder süße Getränke. Entsprechende Behälter sollten daher verschlossen gehalten und Essensreste im Gesicht oder an den Händen rasch entfernt werden.

Was ist bei der Diagnosestellung einer Insektengiftallergie bei Kindern zu beachten?

Bei der Diagnosestellung spielt das ausführliche Arzt-Patienten- bzw. Arzt-Eltern-Gespräch eine wesentliche Rolle. Die zentralen Fragen dabei sind: Von welchem Insekt wurde das Kind an welcher Körperregion gestochen? Und in welchem zeitlichen Ablauf traten welche Beschwerden auf? Zur weiteren Abklärung können Haut- und Bluttests mit dem vermuteten Auslöser durchgeführt werden.

Wie wird eine Insektengiftallergie bei Kindern behandelt und gibt es dabei Besonderheiten?

Kinder mit einer Insektengiftallergie sollten immer ein Notfallset bei sich tragen, also auch in der Schule und beim Sport. Um im Notfall eine schnelle und sichere Anwendung der Notfallmedikamente zu gewährleisten, sollten Betreuungspersonen über die Handhabung des Notfallsets informiert sein. In einigen Regionen werden für KiTas und Schulen spezielle Schulungen angeboten. Darüber hinaus sollten Eltern mit einem Allergologen über eine Hyposensibilisierung sprechen. Ob diese Behandlung bereits bei Kindern durchgeführt wird, hängt u.a. vom Schweregrad der allergischen Symptome ab.

Wann ist eine Hyposensibilisierung angezeigt und wie wird sie durchgeführt?

Die Hyposensibilisierung ist bisher die einzige ursächliche Behandlungsmöglichkeit einer Insektengiftallergie. Sie ist angezeigt, wenn eine Sensibilisierung gegen das Insektengift (Blut-/Hauttest) nachgewiesen wurde, und es nach einem Insektenstich zu einer schweren Allgemeinreaktion gekommen ist. Beim Vorliegen zusätzlicher Risiken, wie zum Beispiel durch die Nähe zu einer Imkerei, kann die Hyposensibilisierung auch bei leichten oder mittelschweren Allgemeinreaktionen angezeigt sein.

Bei der Hyposensibilisierung werden dem Patienten zunächst geringe Mengen des Allergens in steigender Konzentration verabreicht, bis sich das Immunsystem an das Allergen gewöhnt und eine Toleranz entwickelt hat. Die Einleitung der Behandlung erfolgt in der Regel unter stationären Bedingungen. Die darauffolgende mehrjährige Erhaltungsphase wird meist ambulant bei einem Allergologen durchgeführt.

Ab welchem Alter kann mit einer Hyposensibilisierung begonnen werden?

Auch bei Kindern stellt die Hyposensibilisierung die einzige ursächliche Therapieform dar, mit der potenziell lebensbedrohliche Situationen nach einem Stich vermieden werden können. In der Regel ist eine Hyposensibilisierung ab einem Alter von fünf Jahren möglich. Bei jüngeren Kindern sollte in Absprache mit einem spezialisierten Allergologen eine individuelle Therapieentscheidung erfolgen. Die Erfolgsrate einer Hyposensibilisierung ist bei einer Insektengiftallergie sehr hoch. Zur Klärung der Frage, ob eine Hyposensibilisierung beim Kind in Frage kommt und wie die konkreten Behandlungsmöglichkeiten aussehen, sollte man auf jeden Fall einen spezialisierten Allergologen aufsuchen.

Gibt es spezielle Notfallsets für Kinder? Wenn ja, wie unterscheiden sich diese von der Version für Erwachsene?

Auch bei Kindern gehören zu einem Notfallset ein schnell wirksames Antihistaminikum sowie ein Kortison-Präparat in einer altersgerechten und unkomplizierten Verabreichungsform. Ebenfalls enthalten ist Adrenalin zur Injektion in einer dem Körpergewicht des Kindes angepassten Dosis. Diese sogenannten Autoinjektoren sind so konzipiert, dass sie einfach zu handhaben sind und von jedem angewendet werden können. Das Notfallset sollte, zusammen mit einem schriftlichen Notfall-Plan (Anaphylaxiepass), immer vom Patienten mitgeführt werden.

Da bei einem Notfall ein rasches Handeln erforderlich ist, sollten die Familien und Betreuungspersonen im Umgang mit dem Notfallset sicher und geschult sein. Zusätzlich sollten sie bei einer allergischen Reaktion immer auch den Notarzt unter der Rufnummer 112 anfordern und dabei einen allergischen Notfall melden.

Zur Expertin:

Dr. med. Snjezana-Maria Schütt ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und arbeitet als Weiterbildungsassistentin für Allergologie in einer kinderärztlichen Praxis. In ihrer Freizeit schreibt sie außerdem für ihren Familien- und Gesundheits-Blog die-kinderherztin. Die 48-Jährige lebt an der Ostseeküste.

Weitere Informationen zur Feststellung und Behandlung von Insektengiftallergien gibt es unter www.insektengiftallergie.de. Die INITIATIVE INSEKTENGIFTALLERGIE bietet Patienten, Angehörigen und Interessierten Informationen rund um Allergien auf Stiche von Wespen, Bienen, Hornissen und Hummeln. Ziel der Initiative ist die Aufklärung der Bevölkerung über die Gefahren von Insektenstichen, die Auslöser sowie die Behandlung der daraus resultierenden Allergie.

Text / Foto: "obs/ALK-Abelló Arzneimittel GmbH/© die-kinderherztin.de", übermittelt durch news aktuell