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Aus dem Gerichtssaal: Covid-19: Kundenbegrenzung in Geschäften auf eine Person pro 40 qm nicht rechtens

Donnerstag, den 8. April 2021

Das Verwaltungsgericht Berlin hat mehreren Eilanträgen von Einzelhändlern teilweise stattgegeben, soweit sich diese gegen die Begrenzung der Kundenanzahl in Geschäften auf eine Person pro 40 qm Verkaufsfläche richteten.

Die Zweite SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Landes Berlin (im Folgenden: Verordnung) schreibt in § 15 Absatz 1 vor, dass Verkaufsstellen im Sinne des Berliner Ladenöffnungsgesetzes nur von Kundinnen und Kunden aufgesucht werden dürfen, die im Sinne von § 6b der Verordnung negativ getestet sind (Satz 1). Für die Öffnung gilt außerdem ein Richtwert von insgesamt höchstens einer Kundin oder einem Kunden pro 40 qm Verkaufsfläche; darüber hinaus ist eine elektronische Kontaktnachverfolgung sicherzustellen (Satz 2). Für den sog. privilegierten Einzelhandel (z.B. Lebensmitteleinzelhandel) gelten diese Vorgaben nicht (Satz 3). Gegen diese Öffnungsbeschränkungen wandten sich mehrere Inhaber von (zum Teil auch größeren) nichtprivilegierten Geschäften per Eilantrag, weil sie sich in ihren Rechten verletzt sehen.

Die 14. Kammer hat die Eilanträge hinsichtlich der Testpflicht für Kundinnen und Kunden und des Gebots der elektronischen Kontaktnachverfolgung zurückgewiesen. Diese Beschränkungen seien voraussichtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des 40 qm-Richtwerts hat das Gericht den Eilanträgen jedoch stattgegeben. Insoweit sei ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zwar verfolgten sämtliche Beschränkungen einen legitimen Zweck, seien hierfür als geeignet und auch als erforderlich anzusehen. Allerdings erweise sich die verkaufsflächenbezogene Kundenbegrenzung als unangemessen und damit als unverhältnismäßig im engeren Sinne. 

Da in Geschäften FFP2-Masken getragen werden müssten, ein Geschäft des nichtprivilegierten Einzelhandels nur mit tagesaktuellem negativem Antigentest betreten werden dürfe und eine elektronische Kontaktnachverfolgung sichergestellt sein müsse, bringe der Richtwert kein signifikantes Mehr an Infektionsschutz, das noch in einem angemessenen Verhältnis zu den dadurch erwartbar verursachten weiteren Umsatzeinbußen stehe. Daher erscheine es unangemessen, die gegenüber dem privilegierten Einzelhandel geltende Kundenbegrenzung beim nichtprivilegierten Einzelhandel noch weiter zu verschärfen. Zudem sei die in Rede stehende Beschränkung zwischen Bund und Ländern nicht für die Öffnung des Einzelhandels mit obligatorischen Antigentests vereinbart worden, sondern habe sich auf eine Öffnung für Terminshopping-Angebote ohne Antigentests bezogen. Deshalb bedürfe es zumindest einer Begründung des Verordnungsgebers dafür, warum diese Beschränkung trotz der nunmehr bestehenden Testpflicht aufrechterhalten bleibe. Daran fehle es je-doch.

Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.