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Bundestag

Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mi., 27. Mai 2020

  1. Experten für gezielte Corona-Hilfen
  2. Vorschub für soziale Innovationen
  3. Grüne wollen Selbstständige unterstützen
  4. Grüne fordern gerechte Gesundheitspolitik
  5. FDP kritisiert Chinas Hongkong-Politik


01. Experten für gezielte Corona-Hilfen

Wirtschaft und Energie/Anhörung

Berlin: (hib/FLA) Die Senkung der Stromkosten zum Nutzen von Wirtschaft und privaten Haushalten und der Ausbau der digitalen Infrastruktur zählten zu den gemeinsamen Befunden bei einer Sachverständigen-Anhörung zur Corona-Pandemie. Die Experten nahmen in einer Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie unter der Leitung von Klaus Ernst (Die Linke) zu dem Fragenkomplex Stellung, wie der Neustart für die Wirtschaft in Deutschland und Europa aussehen sollte.

Zum Maßnahmen-Katalog von Justus Haucap von der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität gehörte eine Reform der Unternehmenssteuern - insbesondere die Möglichkeit der Verlustverrechnung. Die Energiepreise müssten runter. Und Investitionen seien vor allem im Bereich der digitalen Infrastruktur nötig. Er riet dazu, in der Debatte nicht die Start-ups zu vergessen, die lieber zu großzügig als zu kleinlich unterstützt werden sollten.

Michael Eilfort (Stiftung Marktwirtschaft) mahnte zu möglichst wenig Wechseln auf die Zukunft der jungen Menschen. Er riet zu Strukturprogrammen insbesondere in den Bereichen Energiewende, Innovation, Bildung und Chancengerechtigkeit. Besonderes Augenmerk legte er auf den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Er kritisierte einen Wettlauf um Branchensubventionen, der mit dem Mehrwertsteuergeschenk für Gastronomen begonnen habe. Es gelte, Unsinn und fiskalische Schäden zu minimieren, um Spielräume für ein mögliches Konjunkturprogramm zu haben.

Volker Treier (Deutscher Industrie- und Handelskammertag) machte kein Hehl daraus, dass es beim Weg aus der Corona-Krise noch Rückschläge geben werde - beispielsweise durch eine sinkende Nachfrage aus den USA. Nicht zuletzt die Unterbrechung der globalen Lieferketten habe zu nie dagewesenen Liquiditätsproblemen geführt. Bei zahlreichen Unternehmen gehe es wirklich um die Substanz. Die Liquiditätskrise drohe zu einer Solvenz-Krise zu werden. Es sei durchweg nicht so, dass in den privaten Haushalten zu wenig Einkommen vorhanden sei. Vielmehr gebe es eine Konsumzurückhaltung, die mit Zukunftsängsten wie der Sorge um den Erhalt des Arbeitsplatzes zu tun habe.

Jens Südekum (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) wies darauf hin, dass Konjunkturprogramme nicht sofort in Gang kämen. Umso wichtiger sei es, ihre Planung unverzüglich aufzunehmen. Er sprach sich gegen allgemeine Steuersenkungen aus. Sie müssten zielgenau jenen Betrieben nützen, die auch investieren. Ohnehin warnte er vor einem Gießkannenprinzip bei den Corona-Hilfen. Besonderes Augenmerk legte er auf Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie auf Schnittstellen zu Anwendung und Produktion. Wasserstoff sei einer der zentralen Bausteine bei ökologischen Investitionen.

Andrä Gärber von der Friedrich-Ebert-Stiftung hielt Investitionen in Höhe von 450 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren für erforderlich. Um den Neustart der Wirtschaft in Deutschland und Europa erfolgreich zu gestalten, sei es erforderlich, eine neue Balance zwischen den Märkten und dem Staat zu finden. Die oftmals blinde Marktgläubigkeit sei kritisch zu hinterfragen und die wichtige Rolle des Staates in der Wirtschaft anzuerkennen. Die deutsche und europäische Innovationsförderung bezeichnete er als sehr themenoffen und zu wenig strategisch.

Der Sachverständige Max Otte hob auf sofortige und massive staatliche Investitionen ab. Dies sei in den letzten Jahren vernachlässigt worden. Kaum ein wirtschaftspolitisches Dogma habe Deutschland in den letzten Jahren so geschadet wie das der Schwarzen Null. Erforderlich sei eine halbe Billion Euro in den nächsten zehn Jahren. Das könne nur über Schulden finanziert werden. Der Staat erhalte jetzt die Chance, lange versäumte Infrastrukturmaßnahmen nachzuholen und insgesamt die Staatsausgaben in Richtung mehr Produktivität und Wachstum umzubauen.

Gabriel Felbermayr vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) setzte sich für eine Senkung der Stromsteuer ein. Die Mittel aus der EEG-Umlage sollten in den Bundeshaushalt fließen. Unternehmen sollten etwa durch günstigere Regelungen bei Abschreibungen unterstützt werden. Er nannte es ein Problem, dass bei den Hilfen der Bundesregierung Unternehmen hinsichtlich ihrer Größe unterschiedlich behandelt würden und nicht auf die tatsächliche Betroffenheit geschaut werde. Zudem liege der Fokus auf der Gewährung von Krediten, nicht aber auf eigenkapitalstabilisierenden Maßnahmen.

Stefan Körzell (Deutscher Gewerkschaftsbund) stellte fest, der Weg zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Stabilisierung führe nicht über pauschale Steuersenkungen, Deregulierung oder gar Sozialabbau. Er sprach sich gegen die Abschaffung des Solidaritätsbeitrags aus. Er verlangte, dass bei der Krisenbewältigung Löhne und Beschäftigung gesichert werden. Tarifbindung und steigender Mindestlohn seien dafür unerlässlich. Wichtig sei es, die Kommunen handlungsfähig zu halten. Die öffentliche Hand tätige die meisten Investitionen.

Patrick Graichen (Agora Energiewende) mahnte, den Klimawandel nicht aus dem Blick zu verlieren. Die Klima-Herausforderung treffe zwar nicht so plötzlich ein wie die Corona-Pandemie. Sie sei aber ebenso akut. Jede Investition müsse den Klimaschutz in den Blick nehmen. Konkret verwies er auf Elektromobilität und Wasserstoff, die als Zukunftstechnologien gefördert werden müssten. Insgesamt sei ein 100-Milliarden-Programm erforderlich.



02. Vorschub für soziale Innovationen

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/PEZ) Die Regierungsfraktionen wollen soziale Innovationen stärker und gezielter fördern. Dafür solle ein ressortübergreifendes Konzept entwickelt werden, erklären die Abgeordneten von CDU/CSU und SPD in einem Antrag (19/19493). Unter sozialen Innovationen verstehen sie neue soziale Praktiken und Organisationsmodelle, die darauf abzielen, für die Herausforderungen der Gesellschaft tragfähige und nachhaltige Lösungen zu finden. Beispielsweise würden sie die Art und Weise des Zusammenlebens, des Arbeitens und den Konsumierens mit Sharing-Modellen oder digitalen Lösungen verändern.

Weiter fordern die Abgeordneten, potenzielle Hemmnisse beim Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten abzubauen. Um die Möglichkeit zielgruppenspezifischer Programme zu prüfen, sollten eine Datengrundlage geschaffen und eine Machbarkeitsstudie durchgeführt werden. Öffentliche Förderangebote für Sozialunternehmen müssten transparenter gestaltet, soziale Innovationen und Sozialunternehmertum generell in der Öffentlichkeit bekannter gemacht werden. Außerdem schlagen die Abgeordneten Vernetzungs- und Austauschformen wie Plattformen und Wettbewerbe vor.



03. Grüne wollen Selbstständige unterstützen

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/PEZ) Die Grünen fordern Nachbesserungen bei den Corona-Soforthilfen für Selbstständige. Die Bundesregierung solle sicherstellen, dass von den vorgesehenen Geldern mindestens ein monatlicher Pauschalbetrag in Höhe der Pfändungsfreigrenze von 1.180 Euro zur Deckung des Lebensunterhalts genutzt werden kann, erklären die Abgeordneten in einem Antrag (19/19490). Dieser Betrag müsse in die Liste der anrechenbaren Kosten in der Verwaltungsvereinbarung des Bundes mit den Ländern zu den Soforthilfen aufgenommen werden.

Zudem solle bis zum Erlangen einer solchen Regelung mindestens die Vermögensprüfung bei der Arbeitslosengeld-II-Beantragung ab März 2020 bis Ende dieses Jahres vollständig ausgesetzt werden. Damit solle verhindert werden, dass die Altersvorsorge schrumpft und Jobcenter sollten entlastet werden.

Die Grünen möchten weiter die Soforthilfen so entwickeln, dass sie vor allem kleineren Unternehmen und Selbstständigen mit existenzbedrohenden, Corona-bedingten Umsatz- oder Auftragseinbrüchen Planungssicherheit für das gesamte Jahr 2020 ermöglichen - und zwar unabhängig von der Branchenzugehörigkeit und anhand des wirklichen Bedarfes mit einer angemessenen Obergrenze.



04. Grüne fordern gerechte Gesundheitspolitik

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Grünen-Fraktion fordert in der Coronakrise eine Neuausrichtung der globalen Gesundheitspolitik. Die Pandemie lege schonungslos offen, wie verwundbar und vernetzt die globale Gemeinschaft sei, heißt es in einem Antrag (19/19496) der Fraktion.

Die Abgeordneten fordern unter anderem eine verstärkte internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Gesundheit und höhere Beiträge für die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Mindestens 0,1 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) sollten für die Entwicklungszusammenarbeit im Gesundheitsbereich zur Verfügung gestellt werden.

Über öffentlich finanzierte Gesundheitsforschung sollte gewährleistet werden, dass Forschungsergebnisse global, sozialverträglich und schnell zur Verfügung gestellt werden. In Deutschland, Europa und der Welt müsse ein schnellstmöglicher Zugang zu bezahlbaren Generika ermöglicht werden. Lebenswichtige Medikamente wie Antibiotika und Impfstoffe müssten global gerecht und menschenrechtskonform verteilt werden.



05. FDP kritisiert Chinas Hongkong-Politik

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die FDP-Fraktion wendet sich gegen das geplante chinesische Sicherheitsgesetz für Hongkong und fordert die Bundesregierung auf, sich für die Bewahrung des Status der Sonderverwaltungszone einzusetzen. Das Vorhaben Pekings sei "ein heftiger Angriff auf die Autonomie der Sonderverwaltungszone Hongkongs und somit eine Zäsur des bisher geltenden 'Ein Land, zwei Systeme'-Prinzips auf Basis der 'Chinesisch-britischen gemeinsamen Erklärung zu Hongkong' von 1984", schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19/19504), der am Freitag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Das angekündigte Gesetz berge eine beispiellose Gefahr für die Bürger- und Menschenrechte sowie die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong. Durch das Sicherheitsgesetz werde ohne die lokale parlamentarische Beteiligung des Legislative Council das Grundgesetz Hongkongs ("Basic Law") geändert. Das Grundgesetz gewährleiste ein hohes Maß an Autonomie für Hongkong, festige seinen Sonderstatus gemäß dem Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" und garantiere seinen Bürgern Freiheitsrechte, die in der Volksrepublik China weitgehend eingeschränkt würden.

Die Liberalen fordern die Bundesregierung unter anderem auf, sich für das Recht auf Versammlungsfreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz in Hongkong einzusetzen und den chinesische Botschafter einzubestellen, um ihm die "Empörung der Bundesregierung über das Sicherheitsgesetz zu übermitteln." Außerdem sollen Menschenrechtsverletzungen in China im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und auf EU-Ebene angesprochen und ihre Einhaltung auf die Tagesordnung des geplanten EU-China-Gipfels im September gesetzt werden.


Foto: Bundesregierung / Bergmann