veröffentlicht am Donnerstag, 30. Mai 2024
Möser/Magdeburg. In der Gemeinde Möser im Landkreis Jerichower Land will sich ein AfD-Kandidat möglicherweise zu Unrecht in den Gemeinderat wählen lassen. Maximilian Tischer will am 9. Juni für die AfD in den Gemeinderat Möser einziehen. Laut Anwaltsschreiben ist Tischer in Hohenwarthe, einer Ortschaft der Gemeinde Möser, seit dem 7. März dieses Jahres „wohnhaft sowie amtlich gemeldet“. Damit wurde er im Wählerverzeichnis aufgelistet und ist wählbar. Recherchen von MDR SACHSEN-ANHALT lassen Zweifel aufkommen, dass der ehemalige Soldat seinen Lebensmittelpunkt tatsächlich in Möser hat. Anwohnende, die von MDR SACHSEN-ANHALT befragt wurden, erkennen weder sein Bild noch seinen Namen. Auch seine
unmittelbaren Nachbarn hätten ihn noch nie gesehen. An seiner gemeldeten Adresse wurde laut Anwohnenden ein Briefkasten am Haus angebracht, eine Wohnung von ihm oder eine Klingel sind vor Ort nicht auffindbar. Ob er dort tatsächlich wohnt, bleibt nach den Ergebnissen der Recherchen fraglich. Seine Immobilienfirma betreibt Tischer in Berlin.
Um in den Gemeinderat gewählt zu werden, ist es in Sachsen-Anhalt nach Kommunalverfassungsgesetz zwingend notwendig, seinen Hauptwohnsitz in der jeweiligen Gemeinde zu haben. Und laut Melderecht ist der Hauptwohnsitz dort, wo der Lebensmittelpunkt ist. „Sollte er dort wirklich nicht wohnen, handelt es sich um einen sogenannten Scheinwohnsitz“, sagt Kommunalrechtsprofessor Oliver Junk von der Hochschule Harz. Wenn jemand so tut, als würde man dort wohnen, würde er damit vortäuschen, wählbar zu sein – das wäre Wahlfälschung, so die Einschätzung Junks. Zunächst aber bleibt es nach den Recherchen bei Zweifeln.
2017 wurde gegen den damaligen Oberleutnant der Bundeswehr Tischer ermittelt. Er soll seinem Schwager Franco A., damals auch Oberleutnant, bei der
Planung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat geholfen haben. Franco A. wurde deshalb und wegen Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz zu fünfeinhalb Jahren Haft verteilt. Die Ermittlungen gegen Tischer wurden eingestellt. Danach arbeitete er für die AfD – für den Bundestagsabgeordneten Jan Nolte. Zur Landtagswahl 2021 wählte ihn die Partei auf Listenplatz 26 für die AfD in Sachsen-Anhalt.
Obwohl die Ermittlungen gegen Tischer eingestellt wurden, stufte ihn der Militärische Abschirmdienst (MAD) im Jahr 2020 als Rechtsextremisten ein, das
Gutachten liegt MDR SACHSEN-ANHALT vor. Grund war seine Vorstandstätigkeit bei der Jungen Alternative (JA), der Jugendorganisation der AfD. Dort war er ab 2019 als Schatzmeister aktiv. Die JA wird vom Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt genauso wie die AfD Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft.
Text: MDR SACHSEN-ANHALT/Lars Frohmüller, Katharina Gebauer
Synonymfoto: pixabay