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Magdeburg-News: Dramatisches Apothekensterben • 1. Apotheken-Trauertag war am 17. November



veröffentlicht am Montag, 5. Dezember 2022

Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister – nicht anwesend. Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister – nicht anwesend. Ausgerechnet am 17. November 2022, dem ersten deutschlandweit ausgerufenen Apotheken-Trauertag, fehlten die wichtigen Entscheider und damit Verantwortlichen auf Regierungsebene. Eingeladen wurden sie und andere Gäste von Anne-Kathrin Haus, Inhaberin der Corvinus-Apotheke in Colbitz und ihrem Team. Worum ging’s am 17. November 2022? Was haben Robert Habeck und Karl Lauterbach verpasst?

Magdeburg/Colbitz. Es geht um das Apothekensterben in Deutschland, auf das Anne-Kathrin Haus mit dem ersten Apotheken-Trauertag aufmerksam macht. Unterstützt wird sie dabei unter anderem von Dr. Jens-Andreas Münch. Er ist Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt und kennt die existenziellen Nöte der Apotheker genau. „Ich verstehe die Stimmung in der Apothekerschaft. Während auf allen Ebenen die Kosten steigen, wird uns das Honorar gekürzt“, beschreibt er die Situation. Die Folge sind Schließungen. Seit Jahren ist die Zahl der Apotheken rückläufig. „Seit dem Jahr 2000 bis zum Ende des Jahres 2021 schlossen bereits 3131 Apotheken, davon 641 allein in den Jahren 2020/2021“, verdeutlicht Anne-Kathrin Haus das Problem. Tendenz steigend. 


Die Bundesregierung erhöht den „Zwangsrabatt“ für Apotheken, um Krankenkassen zu retten.

641 Apotheken machen dicht. Die Gründe dafür seien vielfältig: Personalmangel, wirtschaftliche Unsicherheit, überbordende Bürokratie, Lieferengpässe und gekürzte Leistungen werden genannt. „Mit dem Beschluss des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes zur Rettung der überdimensionierten gesetzlichen Krankenkassenapparate, gegen das wir bereits im Vorfeld protestiert haben, kommt jetzt der Todesstoß“, klagt die Apothekerin. „Denn die Regierung um Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach erhöhten für die kommenden zwei Jahre den Kassenabschlag, einen sogenannten „Zwangsrabatt“, den wir den Krankenkassen auf das Apothekenhonorar gewähren müssen, von 1,77 Euro auf 2,00 Euro.“ Deshalb gehen Experten davon aus, dass allen Apotheken damit jährlich insgesamt rund 120 Millionen Euro abgezogen werden, um die Krankenkassenapparate zu retten. Die gewaltige Summe entspricht rund 2.000 Monatsgehältern für Apotheker, die dringend benötigt werden. 

Viele Proteste erreichen den Präsidenten der Apothekenkammer Sachsen-Anhalt. Unter dem Motto: In der Pandemie gefeiert und nun abgestraft bringen landesweit Apothekeninhaber ihren Unmut zum Ausdruck. Ein sofortiges Umdenken wird gefordert. „Wir müssen in die Zukunft investieren, wir wollen unsere Mitarbeiter angemessen entlohnen und vor allem wollen wir unsere Patienten so versorgen“, sagt Anne-Kathrin Haus am 1. Apotheken-Trauertag 2022.






Anne-Kathrin Haus (ganz oben), Inhaberin der Corvinus-Apotheke in Colbitz, ruft wegen des dramatischen Apothekensterbens den 1. Apotheken-Trauertag in Deutschland aus. Trotz Einladung nicht anwesend waren Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (links) und Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (rechts)

Text: Viola Leonarczyk
Fotos (3): Viola Leonarczyk/Michael Mikulas/Thomas Ecke