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Song-News: Dort, wo "Unsere Bank" stand, ist nun ein Altersheim - Provinz feat. Danger Dan denken über früher nach

10. September 2022

Vergänglichkeit, Weltschmerz, Altersheim – alles keine Themen, die man klassischerweise mit Anfang 20 wälzt, auch Provinz nicht, deren Songs normalerweise von dem aufregenden und manchmal auch beängstigenden Gefühl handeln, das gesamte Leben mit all seinen Träumen noch vor sich zu haben – „17 für immer“, um es mit dem Titel der jüngsten Single zu sagen. Und doch hat man auch mit Anfang 20 bereits zwei komplette Lebensabschnitte hinter sich, die Kindheit und die Jugend. Genug Lebensmaterial für Nostalgie ist also vorhanden. Wenn dann noch ausgerechnet dort ein Altersheim gebaut wird, wo man sich früher auf dieser ganz bestimmten Bank mit seiner großen Jugendliebe geküsst hat – dann kommt eine wunderschön melancholische Ballade wie „Unsere Bank“ dabei heraus. Als Feature-Gast wirkt Danger Dan mit, neben Provinz eine der ganz großen deutschsprachigen Erfolgsgeschichten der letzten Jahre.

Manchmal kann ein einziger Gegenstand stellvertretend für ein ganzes gelebtes Leben stehen: „Sie haben unsere Bank von früher für ein Altersheim zerstört / Wo sollen jetzt unsere Kinder später ihre Drogen nehmen / Da, wo N+V gleich Herzchen in die Bretter eingeritzt war / Da ist jetzt ein kleiner Parkplatz, wo die Rettungswagen stehen“ – in plastischen Worten beschreibt Vincent einen Ort, der eine ganz besondere Bedeutung in seiner Biografie einnimmt. Und der nun weg ist. Wo er einst heimlich geraucht und geknutscht hat, „spaziert jetzt ein graues Pärchen im Ruhestand“. Wird er eines Tages auch dort spazieren und wird seine alte Jugendliebe dann wieder an seiner Seite sein? „Wir haben uns doch geschworen, wenn keiner will, dann nehmen wir uns“, singt Vincent über elegische Piano- und Streicherklänge. Und während sich über den Senioren der Himmel langsam rot färbt, driften seine Gedanken weiter ab: „Irgendwann sind wir wie die und dann pflegen sie uns tot.“

Auch Danger Dan lässt seine Gedanken schweifen. In seinen Zeilen bringt er Referenzen zu Résistance-Kämpferin Nancy Wake und Joni Mitchell unter, während er zugleich thematisch an die Zeilen von Vincent anknüpft: „Nancy Wake ruft nicht mehr an, sie sagt, sie hat COPD / Mit Rauchen aufgehört vor Jahren, doch da war es wohl zu spät“, weiß Danger Dan zu berichten. Gern würde er auf der Bank „gemeinsam mit dir Drogen nehmen / Von der ersten Feministin aus dem Dorf noch so viel lernen“, doch es gibt sie nicht mehr, die Bank. Stattdessen: Kids, die auf dem Parkplatz den Remix von „Big Yellow Taxi“ hören. „Noch paar Jahre, dann sitzen wir selbst mit der Schrotflinte auf der Veranda“, schätzt Danger Dan, der damit ein ähnlich unrosamundepilcherhaftes Bild seines Lebensabends zeichnet wie Vincent.

Trotzdem, betonen Provinz, überwiegt für sie in „Unsere Bank“ der positive Ausblick auf die Zukunft: „Der Text des Songs ist tatsächlich autobiographisch, das heißt, die Bank, welche für ein Altersheim abgerissen wurde, die gab es wirklich. Dadurch kam auch die Inspiration des Songs und das Bild von Melancholie und Vergänglichkeit. Tatsächlich soll der Song aber eine versöhnliche Botschaft transportieren. Was vielleicht im ersten Moment ‚jugendliches Rumjammern‘ zu sein scheint, bietet andererseits eine sehr schöne Aussicht für die Zukunft.“

Über das Zustandekommen der Kollaboration gibt die Band zu Protokoll: „Nachdem Vincent die Songskizze geschrieben hatte, waren alle in die Idee verliebt, dass Danger Dan darauf ein Feature-Gast sein könnte. Allein schon, weil die Klaviermelodie auch eine Danger-Dan-Nummer sein könnte. Und da wir Daniel ein paar Monate vorher auf einem Festival kennengelernt hatten und wir uns auf Anhieb gut verstanden, schrieb Vincent ihm einfach schnell auf Instagram und schickte ihm den Song. Es hat ungelogen keine Stunde gedauert, da war Daniels Strophe fertig. Dann haben wir erstmal Nancy Wake gegoogelt und waren sehr happy mit der Strophe.“

Danger Dan kommentiert: „Ich habe mich sehr über die Einladung gefreut, bei dem Song mitzumachen. Tatsächlich verfolge ich die Band schon länger, aber spätestens seitdem wir in diesem Festival-Backstage gemeinsam zu tief ins Glas schauten, bin ich richtig Provinz-Fan geworden. Das Thema des Liedes passt aktuell auch wie die Faust aufs Auge. Da verabschiedet sich gerade ganz langsam eine spannende Generation in ihren Lebensabend, der ich noch so viele Fragen stellen möchte. Was würde ich nicht geben, um nur eine Zigarette lang Nancy Wake auf der Bank ihrer Geschichte zu lauschen. Und wenn jetzt eine meiner Lieblingsbands ihren Namen googeln musste und vielleicht ein paar mehr Leute nachziehen, umso besser.”

https://www.youtube.com/watch?v=uR5SI-vPD_E


Text / Foto / Video: Warner Music / YouTube