header-placeholder


image header
image
look

TV-Tipp-News: The Look of Love - Das Geschäft mit dem Sex • 3sat • ab 23.00 Uhr • Drama

2. September 2022

Paul Raymond eröffnet 1958 eine Bar in Soho. Als Privatclub deklariert, wird sie zum ersten Strip-Club des Landes. Im prüden Nachkriegs-England zieht Raymond ein Sex-Imperium auf. In den 1990er-Jahren gilt Raymond als reichster Mann Englands. Privat jedoch setzt ihm das Schicksal hart zu. - Michael Winterbottom verfilmte das Leben Paul Raymonds als steile Aufstiegsgeschichte in schillernden Zeiten.

Paul Raymond wird 1925 in Liverpool geboren und kommt als junger, mittelloser Mann in die englische Hauptstadt. Er erkennt schnell, dass man mit leicht oder gar nicht bekleideten Mädchen viel Geld verdienen kann. Mit seiner Frau Jean eröffnet er 1958 im Londoner Vergnügungsviertel Soho einen Strip-Club. Die strengen Gesetze, die keine öffentliche Zurschaustellung nackter Körper erlauben, umgeht Paul mit einem juristischen Kniff: Sein Club ist ein Privatclub - und für Privatclubs gelten andere Regeln.

1970 scheitert die Ehe zwischen Paul und seiner Frau Jean, mit der er zwei Kinder hat, darunter Tochter Debbie. Paul hat sich Hals über Kopf in die junge Schauspielerin Amber verliebt, die 20 Jahre jünger ist als er. Amber wird seine neue Lebensgefährtin und Geschäftspartnerin. Jean erstreitet bei der Scheidung eine der höchsten Abfindungen, die jemals in Großbritannien gezahlt wurden.

Paul hat unterdessen ein Imperium aufgebaut: Neben Clubs und Publikationen erwirbt er zahlreiche Immobilien in Soho. Unter dem Namen "Fiona Richmond" schreibt Amber eine Kolumne in Pauls Erotik-Magazin "Men Only". Außerdem steht sie Modell für zahlreiche Fotos in seinen Heften. Doch nach langen wilden Jahren an Pauls Seite wünscht sich Amber/Fiona ein ruhigeres Leben, was mit Paul nicht möglich ist. Es kommt zur Trennung.

Pauls designierte Nachfolgerin ist ohnehin Tochter Debbie. Doch Debbie kann den Drogen nicht widerstehen, erkrankt zusätzlich an Brustkrebs. Weil sie gern als Sängerin durchstarten möchte, finanziert Paul ihr eine eigene Show, doch das Stück floppt. Debbie heiratet, bekommt zwei Kinder, ist aber wie Paul ein unsteter Charakter, fest im Griff der oberflächlichen Glitter-Welt Sohos gefangen. Im November 1992 stirbt Debbie an einer Überdosis Drogen. Paul zieht sich aus seinen Geschäften zurück. Der reichste Mann Englands ist jetzt einer der einsamsten Männer Englands.

Paul Raymond stirbt am 2. März 2008. 50 Jahre lang hatte sein Tun und Treiben die englische Boulevardpresse beschäftigt. Er brach eine Lanze für den liberaleren Umgang mit Sex im Vereinigten Königreich. "Paul Raymond", sagt Hauptdarsteller Steve Coogan, "war jemand, der die Einstellung zum Sex in diesem Land endlich etwas aufgelockert hat. Das hatte bis dahin niemand gewagt, man ging hier sehr, sehr verklemmt damit um."

Regisseur Michael Winterbottom über die zentrale Figur seines biografischen Films: "Ich erzähle die Legende eines Mannes, der sehr reich wird, zum reichsten Mann von England sogar. Er erreicht alles, was er sich vornimmt, jedenfalls, so lange es sich dabei um materiellen Besitz handelt. Dafür verliert er die Menschen, die ihm am nächsten stehen. (...) Steve Coogan und ich wollten die Moral, die sich darin verbirgt, nicht zu offensichtlich ausstellen, deshalb hat unser Paul Raymond unterwegs eine Menge Spaß. Aber das Ende ist für ihn ein bitteres Ende."


Text / Foto: ARD