Berlin (ots). Das aktualisierte Gutachten
von Prof. Dr. jur. habil. Dr. rer. pol. Volker Boehme-Neßler, Universität
Oldenburg
Im Auftrag des Vereins "Ärztinnen und
Ärzte für individuelle Impfentscheidung e. V." erstellte Prof. Dr.
Dr. Volker Boehme-Neßler vom Lehrstuhl für
Öffentliches Recht, Europarecht, Rechtstheorie, Telekommunikations- und
Informationsrecht der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg ein Gutachten
zur Verfassungsmäßigkeit der geplanten allgemeinen Corona-Impfpflicht.
Sein Fazit: "Eine allgemeine
Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 verletzt zahlreiche Grundrechte, nicht zuletzt die
Menschenwürde. Sie verstößt auch gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz und
das Bestimmtheitsgebot. Sie ist deshalb verfassungswidrig."
Die wichtigsten Argumente des
aktualisierten Rechtsgutachtens:
1. Eine allgemeine Corona-Impfpflicht
verletzt vor allem
das Grundrecht auf Leben, körperliche
Unversehrtheit und Selbstbestimmung
das Erziehungsrecht der Eltern
das Grundrecht auf Glaubens- und
Gewissensfreiheit
das Grundrecht der Berufsfreiheit der
Ärztinnen und Ärzte
Staatliche Instanzen dürfen diese Grundrechte nur dann einschränken, wenn ein solcher
staatlicher Eingriffe verhältnismäßig ist.
2. Eine allgemeine Corona-Impfpflicht ist
nicht verhältnismäßig, aus drei Gründen:
Sie ist nicht geeignet, um die mit ihr
verfolgten pandemiepolitischen Ziele zu erreichen. Die Impfung bietet keinen
zuverlässigen Schutz vor einer Virus-Übertragung, sie vermindert das
Ansteckungsrisiko nicht nennenswert. Es ist nicht zu erwarten, dass sich die
Impfquote mit einer Impfpflicht signifikant erhöhen lässt.
Sie ist nicht erforderlich. Es gibt
mildere, die Grundrechte stärker schonende Mittel, die genauso effektiv, aber
längst noch nicht alle ausgeschöpft sind.
Sie ist nicht angemessen, weil die
möglichen Folgekosten für die Demokratie zu hoch wären: der
Vertrauensverlust in den Staat, die Politikverdrossenheit, die
Demokratieskepsis.
Vor diesem Hintergrund zeigt sich: Das
Verhältnis zwischen Mittel und Zweck ist nicht angemessen und die Impfpflicht
somit verfassungswidrig.
3. Eine allgemeine Corona-Impfpflicht
verletzt zwei grundlegende Pfeiler des Rechtsstaatprinzips: das
Bestimmtheitsgebot und das Wesentlichkeitsprinzip.
Das Bestimmtheitsgebot verlangt, dass
Rechtsvorschriften immer hinreichend bestimmt sind. Bürgerinnen
und Bürger müssen immer genau wissen, was der Staat von
ihnen verlangt - und was nicht. Diesen Anforderungen könnte eine allgemeine
Impfpflicht nicht entsprechen. Das Gesetz müsste
festlegen, welche Impfstoffe in einigen Monaten gegen welche Virusvarianten
nach welchem Schema eingesetzt werden müssten.
Das weiß zurzeit aber niemand.
Das Wesentlichkeitsprinzip besagt:
Wesentliche Dinge muss das Parlament selbst debattieren, abwägen und
entscheiden. Wesentlich ist nicht nur, dass eine Impfpflicht etabliert wird.
Genauso wesentlich ist es, mit welchen Impfstoffen das geschehen soll und wer
sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen kann. Diese Fragen
kann zurzeit niemand beantworten. Lediglich eine Impfpflicht zu statuieren, die
Details aber den Behörden wie dem Robert Koch Institut (RKI) oder dem Paul
Ehrlich Institut (PEI) zu überlassen, wäre eine verfassungswidrige
Verletzung des Wesentlichkeitsprinzps.
4. Eine allgemeine Impfpflicht verletzt die
Menschenwürde.
Die Entscheidung über
eine Impfung betrifft den innersten Kern der Persönlichkeit. Sie ist eine
schwierige und komplexe Entscheidung, bei der zwischen der Gefahr einer
Krankheit und dem Nutzen einer Impfung abgewogen werden muss, ebenso zwischen
den Wirkungen und Nebenwirkungen der Impfung und ihren möglichen
Langzeitfolgen. Durch eine Impfpflicht nimmt der Staat den Bürgerinnen und Bürgern diese hochkomplexe, riskante und
intime Entscheidung ab. Das gilt in gesteigertem Maße in Situationen großer,
auch wissenschaftlicher Ungewissheiten und bei nur bedingt zugelassenen, also
noch nicht abschließend geprüften Impfstoffen. Aus selbstbestimmten Bürgerinnen und Bürgern werden so Objekte staatlichen
Handelns. Das verstößt gegen die Garantie der Menschenwürde,
die im Grundgesetz festgeschrieben ist.
Das aktualisierte Gutachten (2. Auflage)
steht in voller Länge sowie in Kurzversion auf unserer Homepage zum Download
bereit.
Text / Foto: Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung e. V. - news aktuell / pixabay