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Ingenieurforum 6

Mehr Sichtbarkeit für Nachhaltige Entwicklungen im Land Sachsen-Anhalt

Donnerstag, 10. März 2022
 
Magdeburg. Global denken, regional handeln – unter diesem Motto kamen am 4. März Vertreter der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt, Architektenkammer Sachsen-Anhalt und der Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt zusammen und stellten sich gemeinsam ihrer gesellschaftlichen Verantwortung.

Anlässlich des „Internationalen Tag des Ingenieurwesens für nachhaltige Entwicklung“ veranstalteten die Akteure ein Ingenieurforum, um verschiedene Ansätze und Strategien nachhaltiger Entwicklungen im Land Sachsen-Anhalt zu präsentieren und anschließend zur Diskussion zu stellen. Vizepräsident der Ingenieurkammer Prof. Dipl.-Ing. Clemens Westermann begrüßte die Teilnehmer im Audimax der Hochschule Magdeburg-Stendal und führte als Moderator durch die Veranstaltung.

Gemeinsam mit Ingenieurkammerpräsident Dipl.-Ing. Jörg Herrmann eröffnete Prof Dr. Yongjin Ding, Prorektor der Hochschule Magdeburg-Stendal als Gastgeber das Forum. „Mithilfe solcher Veranstaltungen wie dem heutigen Forum schaffen wir es, sowohl das weltweite als auch das regionale Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit zu steigern und vor allem zu zeigen, wie das Know-how der Ingenieure, aber auch das der Architekten dafür gezielt eingesetzt werden kann“, so Präsident Herrmann.
 
Im Anschluss richtete Staatssekretär Dr. Steffen Eichner aus dem Ministerium für Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt ein Grußwort an die Gäste und eröffnete die Vortragsreihe zum „Weltingenieurtag für nachhaltige Entwicklungen“.
 
Nachhaltige Gebäudekonzepte für mehr Qualität und Zukunftsfähigkeit im Gebäudesektor
 
Bis 2050 ist Europa klimaneutral – dieses Ziel hat das Europäische Parlament mit der Verabschiedung des EU-Klimagesetztes 2021 beschlossen. Das geht vor allem mit der Reduzierung des weltweiten CO2-Ausstoßes einher, verbunden mit der Absicht, künftig ausschließlich negative Emissionen zu erzielen. Inwieweit nachhaltige Gebäudekonzepte dazu beitragen können, stellt Frau Dipl.-Ing. (FH) Katharina Gebhardt unter anderem in ihrem Vortrag zur Diskussion. „Vor allem der Gebäudesektor hat mit einem Anteil von 35 % am Endenergieverbrauchs und 30% der CO2-Emissionen einen hohen Anteil am Energie- und Ressourcenverbrauch. Deshalb ist es umso wichtiger konkrete Zielvereinbarungen in frühen Planungsprozessen von Gebäuden festzulegen“, erklärt Frau Gebhardt, Architektenkammer Sachsen-Anhalt. Zusätzlich sei die ganzheitliche Betrachtung und Bewertung von Nachhaltigkeitsaspekten über den gesamten Lebenszyklus unter Berücksichtigung der ökologischen, ökonomischen, soziokulturellen Qualität sowie technischen Aspekten und Prozessen ein entscheidender Faktor.
 
Die Möglichkeiten nachhaltige Baustoffe einzusetzen sind vielfältig

Wie sieht die derzeitige energetische Bilanzierung aus? Und was müsste sich für den Einsatz nachhaltiger Baustoffe ändern? Ob Schaumglasprodukte aus 100 % recyceltem Glas oder Holzrahmenbauweise mit Zellulose oder Mineralwolle – die Möglichkeiten, traditionelle, natürliche und nachhaltige Baustoffe einzusetzen, sind vielfältig. In seinem Vortrag „Energetische Gebäudehülle neu gedacht“ stellte Dipl.-Ing. (FH) Thomas Rochel, Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt, diese Aspekte zur Diskussion. Es stelle sich jedoch heraus: Im Raum Sachsen-Anhalt würde bei Neubauten die Außenwanddämmung zu 90 % aus EPS-Dämmung bestehen, der Rest sei oftmals Steinwolle. Dagegen fänden Holzfaserdämmstoffe so gut wie gar keine Verwendung. Die Gründe dafür lägen in den meisten Fällen auf der Hand. Die Nachweisführung nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) für Wohngebäude und damit verbunden die Einflusswerte wie Transmissionswärmeverlust und U-Wert sollten künftig noch konsequenter Einfluss auf das Planen und Bauen nehmen. Auch Faktoren der Baustoffherstellung, der Recycelbarkeit und der Schadstoffbelastung sollten künftig stärker fokussiert werden.

„Durch Wärmedämmmaßnahmen können rund zweidrittel der Wärmeverluste über die Gebäudehülle verhindert werden. Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Dämmstoffen. Die Auswahl hängt von der Anwendung sowie von wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien ab“, so Herr Rochel.
 
Sachsen-Anhalt ENERGE hilft Hemmnisse für Unternehmen zu überwinden
 
Hemmnisse zur Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen sind vielfältig. Vor allem in kleineren Unternehmen fehlen oftmals Informationen zum Energieverbrauch sowie zu Einspar- und Effizienztechnologien. „Wir stellen immer wieder fest, dass die Fördermöglichkeiten in unserer Region in der Regel entweder unzureichend oder gar nicht bekannt sind“, sagt Marko Mühlstein, Geschäftsführer der Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt (LENA). Darüber hinaus würden auch zeitliche und finanzielle Faktoren für Fortbildungen und Schulungen in Unternehmen eine wesentliche Rolle spielen.
Aus diesem Grund hat das Land Sachsen-Anhalt das IB-Förderprogramm „Sachsen-Anhalt ENERGIE“ initiiert mit dem Ziel, Ersatzinvestitionen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Integration von erneuerbaren Energien in allen relevanten Unternehmensbereichen zu unterstützen. Sowohl Unternehmen mit einer Betriebstätte in Sachsen-Anhalt als auch Unternehmen der Energiewirtschaft können diese Förderung in Anspruch nehmen.
 
Das Programm „Sachsen-Anhalt ENERGIE“ mache nochmals deutlich: In Sachsen-Anhalt gibt es eine hochproduktive Zusammenarbeit aller Akteure im Klima- und Energiemanagement. Auch die Vergabe der „Grünen Hausnummer Sachsen-Anhalt“ sei unter anderem ein Best-Practice-Beispiel im Bereich des energieeffizienten und nachhaltigen Bauens. „Das bestehende Netzwerk aus Landesenergieagentur, Kammern und Verbänden, Hochschulen und der kommunalen Verwaltungen ist beispielgebend und zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind“, fasst LENA-Geschäftsführer Marko Mühlstein zusammen.
 
Unser ökologischer Fußabdruck ist letztendlich entscheidend
 
Was heißt also Nachhaltigkeit? Professor Dipl.-Ing. Clemens Westermann, Hochschule Anhalt näherte sich diesem Thema mit einer Begriffsbestimmung. Im Englischen spricht man grundsätzlich von sustainability. „Dieser Begriff lässt sich vielschichtig: tragfähig, langlebig, zukunftsfähig oder umweltverträglich, um nur einige Begriffe zu nennen“, so Prof. Westermann. Das Ziel von sustainable engineering sei demnach, Umweltaspekte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. 

Doch welche Einflussfaktoren sind besonders in der Quartiers- und Stadtentwicklung zu berücksichtigen? „Sowohl der Wandel der Bevölkerungsstruktur als auch die Änderung der Arbeitswelten sind entscheidende Faktoren. Außerdem nehmen die Mobilität und Digitalisierung Einfluss auf die Entwicklung unserer Städte. Die Auswirkungen auf unser Klima sind dabei nur zu erahnen“, so Prof. Westermann. Umso wichtiger sei es, ganzheitliche Planungsprozesse unter Berücksichtigung aller Felder der Nachhaltigkeit in den Vordergrund zu stellen.

Global denken – regional handeln: Umwelt- und Klimaschutz sind bedeutsame Faktoren zur Erhaltung unserer Lebensqualität. Somit ist auch die kommunale Energie- und Klimaschutzpolitik eine immerwährende Aufgabe für Gemeinden, Städte und Landkreise. „Konzepte alleine reichen allerdings nicht aus. Vor allem die Umsetzung der verschiedensten Energiekonzepte, CO2-Bilanzen, Verkehrskonzepte, Beleuchtungskonzepte, die im Rahmen der nachhaltigen Stadtentwicklung auch gefördert wurden, erfordern einen maßgeschneiderten Managementprozess“, sagt Clemens Westermann.
 
In einer abschließenden Podiumsdiskussion kamen die Referenten des Ingenieurforums noch einmal ins Gespräch und diskutieren gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung Inhalte der einzelnen Vorträge. Ein weiteres Highlight der Veranstaltung war die Urkundenübergabe an vier frisch geprüfte „Fachingenieure Energie der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt“. Seit Jahren setzt sich die Kammer mit dem Thema Energie konsequent auseinander. Etliche Kammermitglieder haben den berufsbegleitenden Lehrgang seit der Einführung im Sommer 2013 erfolgreich mit einem Zertifikat und der Listeneintragung als „Fachingenieur Energie der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt“ mit Bescheinigung und Rundstempel abgeschlossen.
 
Ein besonderer Dank gilt auch dem Fachschaftsrat Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit der Hochschule Magdeburg-Stendal, am Veranstaltungstag vertreten durch die Sprecherin Frau Joanne-Michelle Mörig.
 
Text: Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt
Foto: Alina Bülter