Berlin (dts Nachrichtenagentur/MDN) - Der frühere
Bundesaußenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) erwartet eine neue
Krisen-Ära aufgrund des Ukraine-Konfliktes. "Wir haben mindestens zehn
Jahre vor uns, in denen um Macht und Einfluss auf diese neue Weltordnung
gerungen wird", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Focus".
"Russland versucht zurückzukommen in die Rolle einer Großmacht."
Die Ukraine sei "dafür nur ein Mittel, nicht das
Ziel". Gabriel weiter: "Wir werden in eine Zeit zurückfallen, da quer
durch Europa wieder eine Grenze verlaufen wird, an der wir uns - bis an die
Zähne bewaffnet - gegenüberstehen. Dahin treibt uns Putin gerade. Und er testet
uns, weil er weiß, dass unsere Sanktionen auch für uns teuer zu werden
drohen." Entsprechend müsse Europa jetzt "seine Stärken festigen. Und
das ist zuerst der gemeinsame Binnenmarkt."
Die Kapitalmarktunion sei "kein technokratisches
Projekt im Bankeninteresse, sondern einer der Mosaiksteine, die wir brauchen,
um wirtschaftlich souveräner zu werden", so Gabriel. Es sei "nicht
unser Interesse, dass am Ende nur Großbanken der USA den europäischen
Investmentmarkt beherrschen. Vieles andere gehört auch dazu."
Außerdem empfiehlt Gabriel im Gespräch mit "Focus"
"ein zweites Wirtschaftsprogramm, wie wir es zur Pandemiebekämpfung
entwickelt haben. Nur wenn wir die wirtschaftlich schwächeren Staaten in Europa
unterstützen, werden diese bei den Sanktionen gegen Russland durchhalten."
Text / Foto: dts