Köln (dts Nachrichtenagentur/MDN) - Die für
den 1. Februar geplante Umsetzung der Meldepflicht strafbarer Inhalte von
Betreibern sozialer Netzwerke an das Bundeskriminalamt (BKA) droht ins Stocken
zu geraten. Das bestätigte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums dem
"Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Dienstagausgaben). Grund seien
Anträge auf einstweilige Anordnung gegen das Gesetz von Facebook und Google
beim Verwaltungsgericht Köln.
Zwar hätten die Anträge "keine
aufschiebende Wirkung", sagte die Sprecherin dem RND, das Ministerium habe
jedoch im August gegenüber beiden Konzernen erklärt, dass es die geplanten
Maßnahmen "bis zur Beendigung des Eilverfahrens aussetzen wird". Das
geänderte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sieht vor, dass soziale
Netzwerke Morddrohungen und andere Delikte nicht mehr wie derzeit löschen,
sondern dem BKA anzeigen müssen. Die Wiesbadener Behörde hat entsprechende
Vorbereitungen getroffen und eine "Zentrale Meldestelle für strafbare
Inhalte im Internet" mit etwa 200 Beamten aufgebaut.
Diese Meldestelle kann sich aber ab dem 1.
Februar womöglich vorerst nur jenen strafbaren Inhalten widmen, die ihr von
anderen sozialen Netzwerken angezeigt werden, nicht denen von Facebook und
Google. Das gilt nach RND-Informationen, bis das Kölner Verwaltungsgericht die
Entscheidung im Eilverfahren getroffen hat. Sollte diese zugunsten der Konzerne
ausgehen, würde die Arbeit der Meldestelle voraussichtlich komplett ruhen, bis
das Gericht in der Hauptsache entscheidet.
Facebook und Google halten es für
unverhältnismäßig, alle Posts selbst auf Strafbarkeit prüfen und sie im Zweifel
an das BKA weiterleiten zu müssen. Da die alte Koalition mit dem NetzDG und der
Anzeigepflicht Neuland betreten hat, steht eine juristische
Grundsatzentscheidung an, die durchaus zulasten des Gesetzgebers ausfallen
könnte. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin
Kuhle, sagte dem RND:
"Mit Blick auf die neue Meldepflicht für soziale Netzwerke ist Skepsis angebracht. Denn das Netzwerkdurchsetzungsgesetz enthält weiterhin einen entscheidenden Webfehler: Über die Strafbarkeit einzelner Inhalte hat in Deutschland die Justiz zu entscheiden und nicht, wie im Gesetz vorgesehen, private Unternehmen." Diese unterlägen einem Interessenkonflikt, weil sie von der Reichweite und Geschwindigkeit der Äußerungen auf ihren Plattformen selbst profitierten und gleichzeitig als Schiedsrichter auftreten sollten. Unter dieser Doppelfunktion leide die Freiheit im Internet, so Kuhle.
"Deshalb kann das
Netzwerkdurchsetzungsgesetz nicht so bleiben, wie es ist", sagte der
Liberale dem RND. Die Justiz müsse eine stärkere Rolle bekommen.
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