An der Befragung des Branchendienstes beteiligten sich vom 20. bis zum 26.
Dezember über 1.200 niedergelassene Haus- und Fachärzte, die derzeit gegen
Corona in ihren Praxen impfen. Erschreckendes Resultat: Rund jeder vierte Arzt
(24 Prozent) gab an, in der Praxis schon einmal von Impfgegnern beleidigt oder
beschimpft worden zu sein. 19 Prozent sprachen dabei von Einzelfällen, 5
Prozent registrierten mehrfach solche Vorgänge.
In der Regel handelt es sich den befragten Ärzten zufolge dabei um verbale
Attacken von Patienten. In Einzelfällen berichten die Niedergelassenen aber
auch von Drohbriefen, direkten Gewaltandrohungen oder zerstörten Schildern.
Auffällig auch: Anonyme Internetbewertungen werden von Impfgegnern offenbar
gern als Kritikinstrument missbraucht.
Impfaktion verlangt Zusatzarbeit
Dass die deutliche Mehrzahl der Ärzte ihre wöchentliche Arbeitszeit
aufgrund der Impfungen nach oben schrauben muss, zeigte kürzlich schon eine
Erhebung des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung (ZI). Und auch
die Umfrage des änd bestätigt den Mehraufwand: 82 Prozent der befragten Ärzte
gaben an, dass sie aufgrund der Impfaktion ihre wöchentliche Arbeitszeit
spürbar erhöhen mussten. Auf die Frage nach den zusätzlich geleisteten
Arbeitsstunden gaben die meisten Ärzte zwischen fünf und zehn zusätzliche
Arbeitsstunden pro Woche an.
Zusatzbelastung auch für die MFA: Auf die Frage, ob sich die
Arbeitsbelastung für das ganze Praxisteam durch die Impfungen erhöht habe,
antworteten satte 66 Prozent der Ärzte, dass die Belastung "stark
gestiegen" sei, weitere 30 Prozent sehen eine "etwas gestiegene"
Arbeitsbelastung.
Praxen fordern Lieferungen in Einzeldosen
Die große Mehrheit der impfenden Ärzte (70 Prozent) impft laut Umfrage an
einem eigens dafür freigehaltenen Tag oder Zeitraum und nicht ausschließlich im
Rahmen der normalen Sprechstunde. Warum genau dies auch nur schwer möglich ist,
lassen die Antworten auf die Frage nach möglichen Verbesserungen der
derzeitigen Impfkampagne erahnen: Neben reduzierter Bürokratie und
zuverlässigeren Impfstofflieferungen steht insbesondere die Lieferung in
leichter zu verplanenden Impfstoff-Einzeldosen ganz oben auf der Wunschliste
der impfenden Praxisärzte. Forderungen nach mehr Honorar werden dagegen nur
selten aufgeführt.
Dass organisatorische Probleme die Praxisteams derzeit belasten, zeigen
auch die Fragen nach der Terminvergabe: Mehr als jeder dritte Arzt (36 Prozent)
gab an, dass er in den vergangenen Wochen häufig Impftermine verschieben und
Patienten vertrösten musste, weil der Impfstoff nicht wie erwartet geliefert
wurde. Weitere 37 Prozent berichteten von seltenen Verschiebungen.
Biontech nach wie vor der Patienten-Liebling
Der änd stellte auch die Frage, welcher Impfstoff derzeit von den Patienten
am häufigsten aktiv nachgefragt wird. Das Ergebnis war zu erwarten - überrascht
jedoch in seiner Deutlichkeit: 95 Prozent der Ärzte gaben an, dass die
Patienten eindeutig den Impfstoff Comirnaty (Biontech) bevorzugen. Nur vier
Prozent der Niedergelassenen berichten von überwiegenden Forderungen nach
Spikevax (Moderna).
Große Mehrheit der Niedergelassenen bleibt am Ball
Bleibt noch die Frage, ob die derzeit impfenden Ärzte die
Arbeitsbedingungen akzeptieren und weitermachen - oder ob der eine oder andere
Niedergelassene aufgrund der organisatorischen Herausforderungen an einen Stopp
der Impfaktion denkt. Letzteres ist offenbar bei 22 Prozent der befragten Ärzte
der Fall. Sie wählten die Antwort "Ich habe bereits darüber nachgedacht,
mit den Impfungen aufzuhören, bin mir aber noch nicht sicher."
Den festen Entschluss, die Impfaktion bald zu beenden, haben nach eigenen
Aussagen schon 5 Prozent der Ärzte gefasst. Die große Mehrheit von 73 Prozent
der impfenden Ärzte ist jedoch sicher: "Ja, ich werde so lange Impfungen
anbieten, wie es meines Erachtens nötig ist."
An der änd-Befragung beteiligten sich vom 20. bis zum 26. Dezember
insgesamt 1.257 niedergelassene Haus- und Fachärzte, Mitglieder des änd, die
derzeit gegen Corona in ihren Praxen impfen.
Der in Hamburg ansässige Ärztenachrichtendienst (änd.de) ist eine
Verbindung aus berufsbezogenem Nachrichtendienst und aktiver
Diskussionsplattform zum innerärztlichen Wissensaustausch, zu dem Mediziner mit
Berufsnachweis Zugang haben. Rund 50.000 Ärzte sind derzeit Mitglied auf
www.aend.de.
Text / Foto: Ärztenachrichtendienst Verlags-AG (änd) - news aktuell /
pixabay