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Mohamad Mamad Geschaeftsfuehrer LAMSA   AlisaSonntag

Aufbruch für eine aktive Antidiskriminierungs-Politik – mit Altlasten?

Dienstag, 7. Dezember 2021


Der Ampelkoalition ist es gelungen im Koalitionsvertrag zentrale Forderungen von Fachverbänden und Migrantenorganisationen für eine aktive, betroffenenorientierte Antidiskriminierungspolitik zu verankern. Auf die konkrete Umsetzung kommt es nun an. Dabei dürfen Altlasten der scheidenden Regierung nicht im Wege stehen.


Wichtige Akzente in Richtung einer besseren Antidiskriminierungspolitik sind mit dem Koalitionsvertrag der Ampelparteien gesetzt worden. Langjährige, gemeinsame Anliegen von Diskriminierung betroffener Gruppen wie etwa die Stärkung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, der flächendeckende Ausbau der Antidiskriminierungsberatungsstellen, die Schließung von Schutzlücken im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und die Verbesserung des Rechtsschutzes finden in dem Vertrag Erwähnung. Und auch die Bestrebungen, zivilgesellschaftliches Engagement durch ein Demokratiefördergesetz zu stärken sowie durch ein konkretes Partizipationsgesetz die Einwanderungsgesellschaft zu fördern, verheißen gute Aussichten auf mehr Gleichberechtigung, Repräsentanz und Teilhabe in unserer vielfältigen Gesellschaft.


Richtigerweise sollen die Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus und des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus angepasst und weiterentwickelt werden. Dazu gehört aus Sicht von Experten vor allem auch die Neubewertung der geplanten Einrichtung eines Beratungszentrums für Betroffene von Rassismus bei der Integrationsbeauftragten des Bundes. Das Beratungszentrum soll – trotz der Kritik durch den Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd), dem Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG), der Bundeskonferenz der Migrantenorganisation (BKMO), der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) und dem Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen in Sachsen-Anhalt (LAMSA) – noch durch die geschäftsführende Integrationsbeauftragte geschaffen und damit der neuen Bundesregierung als Hypothek für ihre Amtszeit mitgegeben werden. Zu befürchten ist, dass mit der Einrichtung eines zentralen Beratungszentrums parallele Strukturen zu bestehenden Einrichtungen geschaffen werden, Ressourcen unnötig verbraucht werden und Betroffenen am Ende nicht mit einer zentralen Hotline geholfen ist.


Für eine nachhaltige Gestaltung der Beratungsstrukturen für Betroffene von Rassismus braucht es eine Verlinkung mit der bestehenden Praxis. Dies muss in einem gemeinsamen Prozess mit den bestehenden Akteuren entstehen. Die geschäftsführende Bundesregierung darf jetzt nicht auf den letzten Metern mit der Einrichtung einer von Experten kritisierten Beratungshotline den Prozess und Gestaltungspielraum für die neue Regierung beschweren.


Bildunterschrift: Mamad Mohamad, Geschäftsführer des Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd) e.V.


Text: Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd) e.V.

Foto: © Alisa Sonntag