Berlin (ots). Mehr als 400.000 Menschen
erkranken jährlich allein in Deutschland an einer Sepsis, im Volksmund
Blutvergiftung. Über 75.000 versterben daran. Um das zu verhindern, ist es
entscheidend, die infektionsbedingte Überreaktion des Immunsystems schnell mit
den richtigen Medikamenten zu behandeln.
Neue Testverfahren und Therapieansätze
verfolgen das Ziel, die Erreger schnellstmöglich zu bestimmen und frühzeitig
die richtigen Arzneimittel einzusetzen. Eine gute Nachricht!
Sepsis: Schwerer Infektionsverlauf
Ob bei einer Wunde auf der Haut, einer
Lungenentzündung oder einer Blasenentzündung: Wenn Erreger - wie zum Beispiel
Bakterien, Viren oder Pilze - in unseren Körper eindringen, reagieren wir mit
einer Entzündung. Wenn die körpereigenen Abwehrkräfte jedoch wie im Falle einer
Sepsis zu schwach sind und sich Entzündungen im Blutkreislauf ausbreiten, kann
das Immun- und Gerinnungssystem des Körpers versagen. Die Folge sind
schwerwiegende Funktionsstörungen der inneren Organe, die ohne eine
erfolgreiche Arzneimitteltherapie tödlich verlaufen. Studien zeigen, dass
insbesondere Covid-19-Patienten, ein besonders hohes Risiko haben, an einer
Sepsis zu erkranken - sie gilt als Haupttodesursache in Folge eines schweren
Infektionsverlaufs.
Tückische Zeitbombe
Da die Symptome einer Sepsis nicht immer
eindeutig sind, nehmen Ärztinnen und Ärzte bei Verdacht auf eine Sepsis Blut
ab, um den spezifischen Krankheitserreger genau zu bestimmen. Doch eine
Laborauswertung kann mitunter zwei Tage dauern. "Je später man eine Sepsis
medikamentös behandelt, desto höher ist das Risiko für weitere
Komplikationen", sagt Dr. Matthias Wilken, Apotheker beim Bundesverband
der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI). Bisher gibt der Arzt in der Regel
vorsorglich ein Breitspektrum-Antibiotikum und leitet Maßnahmen ein, die den
Patienten stabilisieren und seine Symptome behandeln. "Das können zum
Beispiel kreislaufstabilisierende Infusionen sein", so Dr. Wilken. Um die
Erreger künftig noch schneller identifizieren zu können, entwickeln Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler verschiedene Verfahren, wie zum Beispiel Schnelltests, mit
denen sich Erreger und mögliche Resistenzen bereits nach wenigen Stunden
feststellen lassen. Dadurch können schneller die richtigen Antibiotika gegeben
werden. "Aktuelle Forschungsprojekte zielen zudem darauf ab,
beispielsweise mithilfe künstlicher Intelligenz, die optimale Antibiotikadosis
für einen Patienten zu bestimmen und ihn parallel zu überwachen", erklärt
Dr. Wilken.
Viele Wege führen zum Ziel
Am häufigsten versterben Menschen an einer
Sepsis in Folge der Zerstörung der sogenannten "Endothelfunktion"
ihrer Blutgefäße. Unter einem Endothel versteht man die innere Haut von
Blutgefäßen, die diese dichthält. Doch bei Entzündungen oder Infektionen
zerstören Eindringlinge - wie zum Beispiel Bakterien - diese zarten
Blutgefäßwände. Es kann eine Kaskade in Gang kommen, die zu einem kompletten
Zusammenbruch des Blutkreislaufs, zur Unterversorgung innerer Organe und
letzten Endes zum Tod des Patienten führt. Genau hier setzen neue, gezielte
Therapien an:
"So wird beispielsweise an einem
biotechnologischen Therapieansatz geforscht, der innerhalb weniger Minuten
einem Multiorganversagen in Folge einer Sepsis entgegenwirken könnte. Ein
monoklonaler Antikörper bindet an ein spezifisches Hormon, wodurch die Kaskade
unterbrochen und der Blutkreislauf stabilisiert wird", erklärt Dr. Wilken.
Zudem fanden Forschergruppen heraus, dass die körpereigene Immunabwehr
gegenüber bestimmten Bakterien durch Gabe des Essigsäuresalzes Natrium-Acetat
gestärkt wird, so dass der Körper besser mit der schweren Infektion fertig
werden kann. "Bei Fällen, die auf multiresistente Bakterien zurückzuführen
waren, konnten Injektionen mit dem Essigsäuresalz den Krankheitsverlauf
deutlich abschwächen", ergänzt Dr. Wilken. Gute Nachrichten für die
zukünftige Sepsis-Therapie!
Text / Foto: news aktuell / Shutterstock-Kateryna
Kon