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Gesundheit-News: Christian Günster - "Erhebliche Qualitätsunterschiede der Kliniken sind sehr beharrlich"

1. November 2021

ams-Interview: Christian Günster (WIdO) zu neuen QSR-Ergebnissen

Foto: Christian Günster

Auch in den aktualisierten Qualitätsinformationen zu bestimmten Operationen und Behandlungen zeigen sich große Unterschiede zwischen den Krankenhäusern. "Sehr beharrlich" seien die "erheblichen Unterschiede in der Qualität der Behandlungsergebnisse der einzelnen Kliniken", sagte Christian Günster, Leiter des Bereichs Qualitäts- und Versorgungsforschung im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO), im Interview mit dem AOK-Medienservice (ams). 

Die Daten hat die AOK in ihrem Gesundheitsnavigator aktualisiert. Sie basieren auf dem Verfahren zur "Qualitätssicherung mit Routinedaten" des WIdO. Die Ergebnisse machen die Qualitätsunterschiede zwischen Kliniken transparent, die entsprechende Operationen anbieten. Für jedes einzelne Krankenhaus bundesweit lässt sich im AOK-Navigator ablesen, ob es bei der Behandlungsqualität überdurchschnittlich, durchschnittlich oder unterdurchschnittlich abschneidet.

Herr Günster, die neuen Qualitätsdaten sind seit Ende Oktober im AOK-Gesundheitsnavigator abrufbar. Lassen sich irgendwelche Auffälligkeiten gegenüber dem Vorjahr erkennen?

Günster: In der Regel haben sich die Komplikationsraten bei den einzelnen Behandlungen gegenüber den Vorjahren kaum verändert. Eine Ausnahme bilden die Erstimplantationen von künstlichen Hüft- und Kniegelenken bei Arthrose. Hier beobachten wir seit Jahren einen erfreulichen Rückgang der Gelenkrevisionen und anderer chirurgischer Komplikationen. Sehr beharrlich sind hingegen die erheblichen Unterschiede in der Qualität der Behandlungsergebnisse der einzelnen Kliniken. Und zwar bei allen Indikationen, die wir untersuchen.

Können Sie ein Beispiel für diese Qualitätsunterschiede nennen?

Günster: Da können wir gleich bei der Endoprothetik bleiben. Beim Wechsel einer Knieprothese kommt es im Mittel bei acht Prozent aller Patienten zu Komplikationen. Im Viertel der Kliniken, die am besten abschneiden, liegt die Gesamt-Komplikationsrate bei höchstens 4,6 Prozent. Im Viertel mit der schlechtesten gemessenen Behandlungsqualität ist die Komplikationsrate mit mindestens 11,4 Prozent dagegen mehr als doppelt so hoch. Was wir auch gesehen haben: Beim Knieprothesenwechsel kommt es besonders auf die Erfahrung an. Komplikationen sind hier wesentlich seltener in Kliniken, die den Wechsel häufig durchführen. Ein Grund dafür ist, dass die Operation komplizierter ist als zum Beispiel die Erstimplantation eines künstlichen Knies. Die Anforderungen an die Vorbereitung und die OP selbst sind hoch.

Die QSR-Ergebnisse basieren auf den Abrechnungsdaten aus den Kliniken. Lassen sich daraus für das Pandemiejahr 2020 angesichts der starken Einbrüche bei vielen OPs aussagekräftige Ergebnisse ableiten?

Günster: Wir werten in der aktuellen Runde die Daten von Krankenhaus-Behandlungen aus den Jahren 2017 bis 2019 aus, da spielt die Corona-Pandemie also noch keine Rolle. Relevant ist das Thema aber für den Nachbeobachtungs-Zeitraum von bis zu einem Jahr. Das Besondere an unseren Auswertungen ist ja, dass wir Behandlungsergebnisse der Patientinnen und Patienten auch über den eigentlichen Klinik-Aufenthalt hinaus betrachten. Dadurch können Komplikationen nach der OP oder Folgeereignisse wie ungeplante Revisions-OPs mit in die Bewertung einbezogen werden. Und hier konnte es zeitliche Überlappungen mit dem Beginn der Pandemie geben. Wir haben daher gemeinsam mit den Ärzten aus den QSR-Expertenpanels und dem QSR-Beirat eine systematische Analyse durchgeführt. Diese hat gezeigt, dass die Pandemie die Aussagekraft der aktuellen QSR-Ergebnisse nicht beeinträchtigt. Dringliche Behandlungen bei schwerwiegenden Komplikationen fanden überwiegend ohne Einschränkungen statt. Wir haben daher gemeinsam mit den Experten aus der Praxis entschieden, die Ergebnisse zu veröffentlichen.

Wie geht es weiter bei der Qualitätssicherung mit Routinedaten? Ist die Veröffentlichung weiterer Leistungsbereiche geplant?

Günster: Ja, im kommenden Jahr sollen zusätzlich zu den elf Behandlungen und Operationen, die im AOK-Gesundheitsnavigator bereits abrufbar sind, zwei weitere online gehen. Es handelt sich um minimalinvasive Aortenklappen-Implantationen und Mandeloperationen. Sie sind jetzt schon in den QSR-Klinikberichten enthalten, die wir den Krankenhäusern für ihr internes Qualitätsmanagement zur Verfügung stellen.

 

Text / Foto: AOK-Bundesverband