ams-Interview: Christian Günster (WIdO) zu
neuen QSR-Ergebnissen
Foto: Christian Günster
Auch in den aktualisierten Qualitätsinformationen zu bestimmten Operationen und Behandlungen zeigen sich große Unterschiede zwischen den Krankenhäusern. "Sehr beharrlich" seien die "erheblichen Unterschiede in der Qualität der Behandlungsergebnisse der einzelnen Kliniken", sagte Christian Günster, Leiter des Bereichs Qualitäts- und Versorgungsforschung im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO), im Interview mit dem AOK-Medienservice (ams).
Die Daten hat die AOK in ihrem Gesundheitsnavigator
aktualisiert. Sie basieren auf dem Verfahren zur "Qualitätssicherung mit
Routinedaten" des WIdO. Die Ergebnisse machen die Qualitätsunterschiede
zwischen Kliniken transparent, die entsprechende Operationen anbieten. Für
jedes einzelne Krankenhaus bundesweit lässt sich im AOK-Navigator ablesen, ob es
bei der Behandlungsqualität überdurchschnittlich, durchschnittlich oder
unterdurchschnittlich abschneidet.
Herr Günster, die neuen Qualitätsdaten sind
seit Ende Oktober im AOK-Gesundheitsnavigator abrufbar. Lassen sich
irgendwelche Auffälligkeiten gegenüber dem Vorjahr erkennen?
Günster: In der Regel haben sich die
Komplikationsraten bei den einzelnen Behandlungen gegenüber den Vorjahren kaum
verändert. Eine Ausnahme bilden die Erstimplantationen von künstlichen Hüft-
und Kniegelenken bei Arthrose. Hier beobachten wir seit Jahren einen
erfreulichen Rückgang der Gelenkrevisionen und anderer chirurgischer
Komplikationen. Sehr beharrlich sind hingegen die erheblichen Unterschiede in
der Qualität der Behandlungsergebnisse der einzelnen Kliniken. Und zwar bei allen
Indikationen, die wir untersuchen.
Können Sie ein Beispiel für diese
Qualitätsunterschiede nennen?
Günster: Da können wir gleich bei der
Endoprothetik bleiben. Beim Wechsel einer Knieprothese kommt es im Mittel bei
acht Prozent aller Patienten zu Komplikationen. Im Viertel der Kliniken, die am
besten abschneiden, liegt die Gesamt-Komplikationsrate bei höchstens 4,6
Prozent. Im Viertel mit der schlechtesten gemessenen Behandlungsqualität ist
die Komplikationsrate mit mindestens 11,4 Prozent dagegen mehr als doppelt so
hoch. Was wir auch gesehen haben: Beim Knieprothesenwechsel kommt es besonders
auf die Erfahrung an. Komplikationen sind hier wesentlich seltener in Kliniken,
die den Wechsel häufig durchführen. Ein Grund dafür ist, dass die Operation
komplizierter ist als zum Beispiel die Erstimplantation eines künstlichen
Knies. Die Anforderungen an die Vorbereitung und die OP selbst sind hoch.
Die QSR-Ergebnisse basieren auf den
Abrechnungsdaten aus den Kliniken. Lassen sich daraus für das Pandemiejahr 2020
angesichts der starken Einbrüche bei vielen OPs aussagekräftige Ergebnisse
ableiten?
Günster: Wir werten in der aktuellen Runde
die Daten von Krankenhaus-Behandlungen aus den Jahren 2017 bis 2019 aus, da
spielt die Corona-Pandemie also noch keine Rolle. Relevant ist das Thema aber
für den Nachbeobachtungs-Zeitraum von bis zu einem Jahr. Das Besondere an
unseren Auswertungen ist ja, dass wir Behandlungsergebnisse der Patientinnen
und Patienten auch über den eigentlichen Klinik-Aufenthalt hinaus betrachten.
Dadurch können Komplikationen nach der OP oder Folgeereignisse wie ungeplante
Revisions-OPs mit in die Bewertung einbezogen werden. Und hier konnte es
zeitliche Überlappungen mit dem Beginn der Pandemie geben. Wir haben daher
gemeinsam mit den Ärzten aus den QSR-Expertenpanels und dem QSR-Beirat eine
systematische Analyse durchgeführt. Diese hat gezeigt, dass die Pandemie die
Aussagekraft der aktuellen QSR-Ergebnisse nicht beeinträchtigt. Dringliche
Behandlungen bei schwerwiegenden Komplikationen fanden überwiegend ohne
Einschränkungen statt. Wir haben daher gemeinsam mit den Experten aus der
Praxis entschieden, die Ergebnisse zu veröffentlichen.
Wie geht es weiter bei der
Qualitätssicherung mit Routinedaten? Ist die Veröffentlichung weiterer
Leistungsbereiche geplant?
Günster: Ja, im kommenden Jahr sollen
zusätzlich zu den elf Behandlungen und Operationen, die im
AOK-Gesundheitsnavigator bereits abrufbar sind, zwei weitere online gehen. Es
handelt sich um minimalinvasive Aortenklappen-Implantationen und
Mandeloperationen. Sie sind jetzt schon in den QSR-Klinikberichten enthalten,
die wir den Krankenhäusern für ihr internes Qualitätsmanagement zur Verfügung
stellen.
Text / Foto: AOK-Bundesverband