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Sauere Basen 31

Gesundheit-News: Der Säure-Basen-Haushalt - Wie sauer darf es sein?

31. Oktober 2021

Foto: Grüne Schubkarre auf einem Rasen gefüllt mit frischem Wintergemüse wie Möhren und Wirsing.

(ams). Müde und erschöpft? Konzentrationsprobleme? Die Gelenke tun weh? Könnte das etwa an einer versteckten Übersäuerung des Körpers liegen. Das legen zumindest manche Ernährungsratgeber nahe. Was ist dran an der Theorie der Übersäuerung und was hat es mit dem Säure-Basen-Haushalt auf sich? Macht eine basische Ernährung Sinn? Karolin Wagner, Ernährungswissenschaftlerin und Ernährungsberaterin bei der AOK, hat Antworten.

Hunderte von Ernährungsbüchern, spezielle Kostformen und jede Menge Produkte wie Basentees oder basische Tabletten: Sie sollen helfen, eine Übersäuerung des Körpers zu vermeiden oder ihr entgegenzuwirken. "Das Konzept ist etwa 100 Jahre alt und geht auf alternative Ernährungslehren zurück", sagt Wagner. "Diese Theorie der Übersäuerung entspricht allerdings nicht ganz dem aktuellen Stand der Wissenschaft."

Zitronen sind basisch

Fakt ist aber, so die AOK-Ernährungsexpertin weiter: "Es gibt säurebildende und basisch wirkende Lebensmittel." Getreide oder tierische Produkte etwa gehören zu den Lebensmitteln, bei deren Verdauung im Körper saure chemische Verbindungen entstehen. Obst und Gemüse dagegen sorgen für basische Verbindungen im Körper. "Dabei hat die Bezeichnung ‚sauer‘ nichts mit dem Geschmack zu tun", betont Wagner. "Eine Zitrone etwa schmeckt sauer und enthält viel Säure, ist aber basenbildend, wenn sie vom Organismus verdaut wird."

Das Konzept der Übersäuerung meint, dass die Balance des Säure-Basen-Haushalts aus dem Gleichgewicht gerät, wenn ein Mensch zu viele säurebildende Lebensmittel konsumiert, etwa viel Fleisch, Wurst und Fertiggerichte, Reis oder Vollkorngetreide. Eine Basenkur oder ein Basenfasten, in der nur basische Lebensmittel wie etwa Obst und Gemüse verzehrt werden, soll den Säure-Basen-Haushalt wieder in Balance bringen und überflüssige Säuren und Säureüberschüsse, auch als "Schlacken" bezeichnet, abbauen. Soweit die Theorie.

Puffersysteme des Körpers

Dass ein Gleichgewicht des Säure-Basen-Haushalts für den Stoffwechsel des Körpers von zentraler Bedeutung ist, steht außer Frage, so die AOK-Expertin. Die Organe im Körper brauchen unterschiedliche pH-Werte, damit sie richtig funktionieren können. So sollten das Blut und auch die Flüssigkeiten des Nervensystems zum Beispiel im leicht basischen Bereich bei einem pH-Wert von 7,4 liegen. Doch Ernährungsberaterin Wagner stellt klar: "Der Organismus ist über verschiedene Puffersysteme, an denen auch Organe wie Lunge, Niere und Leber beteiligt sind, in der Lage, den Säure-Basen-Haushalt selbst zu regulieren." Bei gesunden Menschen schaffen es die Puffersysteme des Körpers, auch sehr große Mengen von Säuren auszugleichen oder auszuscheiden. Der Körper könne mit säurebildenden Lebensmitteln gut umgehen, deshalb seien spezielle Ernährungsformen oder Nahrungsergänzungsmittel, die auf den Säure-Basenhaushalt abzielen, unnötig.

Säuren und Basen im Körper

In der Chemie ist Säure eine Substanz, die in Wasser gelöst positive Teilchen abgibt, Basen bilden hingegen negativ geladene Teilchen. Der pH-Wert gibt auf einer Skala zwischen 0 bis 14 an, wie sauer oder basisch eine Körperflüssigkeit ist. Der Wert von 7 gilt als neutral, darunter beginnt der saure, darüber der basische Bereich. Das Blut im Körper ist leicht basisch, Haut und Urin dagegen sind meist leicht sauer.

Wenn der pH-Wert richtig sinkt

Eine echte Übersäuerung, medizinisch Azidose genannt, droht in der Regel nur bei Menschen, die aufgrund einer Erkrankung Probleme mit dem Stoffwechsel haben, etwa an einer chronischen Niereninsuffizienz oder an Diabetes leiden. Auch wenn die Atmung durch eine Lungenerkrankung wie etwa Asthma oder chronisch obstruktive Lungenerkrankung eingeschränkt ist, kann es zu einer Azidose, also krankhaft niedrigen pH-Werten des Blutes kommen. Der pH-Wert liegt dabei unter 7,35. Nur im Fall solch schwerer Erkrankungen könnten spezielle Basenpulver oder -tabletten in Frage kommen, das aber nur unter ärztlicher Aufsicht. Ansonsten gilt es, die Grunderkrankung in den Griff zu bekommen.

Das A und O: Viel Gemüse und Obst essen

Mehrmals am Tag Gemüse und zwei Portionen Obst zu essen, "das entspricht auch den modernen Konzepten einer vollwertigen Ernährung", so AOK-Ernährungsberaterin Wagner. Beim Obst rät sie zu zuckerarmen Sorten wie Beeren. "Ab und an dürfen auch hochwertige naturbelassene tierische Produkte, also nicht als Wurst, auf den Speiseplan." Naturbelassene Milchprodukte, etwa Jogurt oder Quark, sind ebenfalls empfehlenswert. "Auf säurebildende Lebensmittel, wie Vollkorngetreide gänzlich zu verzichten, ist für gesunde Menschen nicht notwendig", sagt Wagner. "Auch diese Produkte liefern wichtige Nährstoffe. Eine ausgewogene Kombination von säure- und basenbildenden Lebensmitteln ist daher sinnvoll."

 

Text / Foto: AOK-Bundesverband