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Patientensicherheit 18

Gesundheit-News: Arzneimittelsicherheit - Warum es wichtig ist, Nebenwirkungen zu melden

2. Januar 2022

Foto: Arzneimittel: Bei möglichen Nebenwirkungen sollte immer eine Praxis aufgesucht werden

Fieber am Tag nach einer Impfung, Kopfschmerzen wenige Stunden nach der Tabletteneinnahme – wir alle kennen solche Symptome, doch die wenigsten Menschen kämen auf die Idee, deswegen nochmal in die ärztliche Praxis zu gehen. Doch genau das sollten Betroffene tun. „Natürlich können Kopfschmerzen auch andere Ursachen haben und es ist nicht immer einfach, herauszufinden, ob bestimmten Symptomen tatsächlich eine Nebenwirkung zugrunde liegt“, sagt Dr. Ruth Hecker vom „Aktionsbündnis Patientensicherheit“ – aber Ärztinnen oder Ärzte könnten das eben am ehesten beurteilen.

Dr. Dirk Mentzer vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI), dem Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, ergänzt: „Ich sollte mich immer an Arzt oder Ärztin wenden, wenn ich das Gefühl habe, die Medikation hat etwas verändert, was nicht zu meiner Krankheit gehört.“ Im Idealfall werden Ärzt:innen sich ein paar Minuten Zeit nehmen, um das Problem zu besprechen und weitere zehn Minuten, um eine Nebenwirkungsmeldung auszufüllen, die sie dann ans PEI oder das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weiterleiten. Allerdings weiß auch Mentzer, dass es Mediziner:innen gibt, „die überlastet sind“ und „aus Zeitgründen“ solche Meldungen eher selten erstatten. Zumal diese Meldungen nicht vergütet werden, was aber nach Mentzers Überzeugung ein „Fehlanreiz“ wäre, weil dann nicht mehr klar wäre, ob die Meldung „wegen des Ereignisses oder wegen des Anreizes“ erfolgt.

Arzneimittel-Nebenwirkungen? 200.000 Meldungen pro Jahr

Um eine Nebenwirkung zu melden, braucht es aber nicht immer einen Arzt oder eine Apothekerin. Patient:innen können auch selbst aktiv werden und eine Nebenwirkung online melden. Oder sie wenden sich an das Pharma-Unternehmen, das den Impfstoff oder das Arzneimittel hergestellt hat. Was viele nicht wissen: In jedem größeren Pharma-Unternehmen gibt es einen Fachbereich, der Meldungen zu Nebenwirkungen erfasst und an die zuständigen Stellen weiterleitet – ein Anruf genügt. Neben Patient:innen nutzen auch viele Ärzt:innen die Möglichkeit, Nebenwirkungen bei den Pharma-Unternehmen zu melden.

Insgesamt erreichen PEI und BfArM übrigens rund 200.000 Meldungen pro Jahr. „Davon kommen rund 60 bis 70 Prozent aus der Pharma-Industrie und der Rest von Ärzten, Behörden und Patienten“, berichtet Dirk Mentzer. Hinzu kommen rund 160.000 Meldungen zu möglichen Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe, die es seit der Markteinführung gegeben hat. „Wir haben bei den COVID-19-Impfstoffen das gesamte medizinische Wörterbuch gemeldet bekommen“, berichtet Mentzer. Das könnte auch daran liegen, dass die Corona-Impfung eben neu ist und nach den Worten von Andreas Herdt, Vorstand der Deutschen Adipositas Allianz, „etwas ausgelöst hat. Ich selber hab nach meiner Impfung zum ersten Mal in meinem Leben eine Nebenwirkung gemeldet.“

So tragen Meldungen zur Patientensicherheit bei

Doch weshalb sind solche Meldungen überhaupt wichtig, auch dann, wenn bestimmte Nebenwirkungen schon bekannt sind? Ganz einfach: Jede Meldung trägt dazu bei, die Sicherheit von Impfstoffen und Arzneimitteln – und damit die Patientensicherheit – weiter zu erhöhen. Je mehr Meldungen systematisch erfasst und ausgewertet werden, desto genauer können mögliche Nebenwirkungen bestimmt werden. Nur im Extremfall muss ein Produkt vom Markt genommen werden – häufiger sind ergänzende Hinweise, etwa zu möglichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, nötig, ebenso veränderte Angaben zur Häufigkeit einer Nebenwirkung. „Bei ernsten Nebenwirkungen können wir innerhalb von 24 Stunden Anwendungsbeschränkungen in die Welt bringen“, sagt Dirk Mentzer. Bis zu drei Wochen dauert es, bis ein so genannter „Rote-Hand-Brief“ medizinische Fachkreise erreicht, in dem Pharma-Unternehmen über neu erkannte Risiken informieren.

Grundsätzlich empfiehlt die Runde an Fachleuten allen Patient:innen, sich möglichst gut und genau über mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten zu informieren. „Die seriöseste Quelle dafür ist die Patienteninformation, der Beipackzettel“, so Mentzer, „das ist das sicherste Dokument und außerdem behördlich genehmigt.“ Nebenwirkungen werden auch in frei zugänglichen Datenbanken gespeichert, etwa auf der Homepage der Europäischen Zulassungsbehörde EMA. Und: Auf der Internetseite www.gebrauchsinformation4-0.de lassen sich viele Beipackzettel nachlesen. Darüber hinaus haben auch Bund und Länder ein eigenes Portal mit Arzneimittelinformationen eingerichtet: https://www.pharmnet-bund.de/static/de/index.html

Kurzum: Es gibt viele Wege, mögliche Nebenwirkungen von Impfstoffen und Medikamenten zu melden oder sich über bereits bekannte Nebenwirkungen zu informieren. Der Welttag der Patientensicherheit soll dazu beitragen, diese Wege bekannter zu machen.


Text / Foto: Pharma Fakten e.V. / ©iStock.com/AndreyPopov