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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Do.., 10. Juni 2021

  1. Stand der digitalen Sphäre in Deutschland
    Ausschuss Digitale Agenda/Ausschuss
  2. Belarus: Zahl der Minderjährigen in Haft gestiegen
    Menschenrechte/Ausschuss
  3. Indigene Völker leisten Beitrag zum Klimaschutz
    Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Ausschuss


01. Stand der digitalen Sphäre in Deutschland

Ausschuss Digitale Agenda/Ausschuss

Berlin: (hib/LBR) Mit der Prüfung der aktuellen Lage des Internets in Deutschland in Bezug auf Menschenrechte, Offenheit, Zugänglichkeit und Multiakteursbeteiligung hat sich der Ausschuss Digitale Agenda des Bundestages am Mittwochabend befasst. Zu Gast waren Wolfgang Schulz, Direktor des Leibniz-Instituts für Medienforschung und des Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft sowie der Forschungsprogrammleiter dieses Leibniz-Instituts, Matthias C. Kettemann, die erste Ergebnisse des Vorberichts der Deutschen UNESCO-Kommission zur Frage "Wie geht's dem Internet in Deutschland?" vorstellten. Der finale Bericht soll im Sommer unter www.wiegehtsdeminternet.de veröffentlicht werden.

Schulz betonte, es gehe nicht darum, Deutschland bestimmte Noten auszustellen oder ein Ranking zu erstellen, sondern um eine strukturierte Wissensgrundlage. Die Erwartungen an Deutschland als erste teilnehmende Industrienation seien hoch. Kettemann berichtete, dass 91 Prozent der Menschen in Deutschland das Internet nutzten. Er verwies darauf, dass die Rechtssetzung für das Internet in einem Mehrebenensystem stattfinde und ein Dialog der Akteure nötig sei. Das menschenrechtliche Schutzniveau sei im Wesentlichen zufriedenstellend, Ausgrenzungsstrukturen im deutschen Internet seien aber präsent. Es sei ein Mangel an Daten festzustellen, insbesondere im Bereich digitaler Gewalt, sodass mehr Transparenz- und Rechenschaftspflichten der Stakeholder nötig seien.

Kettemann verwies auch darauf, dass der Breitbandausbau in Deutschland deutlich hinterherhinke. Dies sei besonders problematisch, weil jedes fünfte neu gegründete Unternehmen einen starken Digitalbezug habe. Ein Rechtsanspruch auf einen flächendeckenden Zugang zu schnellem Internet bis 2021 werde auch in der kommenden Legislaturperiode ein wichtiger Aspekt bleiben. Weitere Mängel gebe es im Bereich der Nachrichtenkompetenz und dem Erkennen von Desinformation sowie bei der Gleichstellung von Frauen und Mädchen in allen Bereichen der Digitalisierung.

In den Nachfragen der Abgeordneten ging es unter anderem darum, wie demokratische Kontrolle im Internet auch im Hinblick auf Technologien wie Künstliche Intelligenz und eine Folgenabschätzung in Bezug auf Menschenrechte künftig konkret aussehen können. Auch interessierten sie sich für eine Einschätzung zum Thema Meinungsfreiheit im Internet, Details zum Mangel an Daten in Bezug auf digitale Gewalt sowie das Thema Nachhaltigkeit in der Digitalisierung.



02. Belarus: Zahl der Minderjährigen in Haft gestiegen

Menschenrechte/Ausschuss

Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung zeigt sich alarmiert über die verschärften Repressionen gegen Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und andere Akteure der Zivilgesellschaft in Belarus. "Wir erleben eine Menschenrechtskrise präzedenzlosen Ausmaßes", sagte der Michael Roth (SPD), Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, am Mittwochnachmittag im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.

Präsident Alexander Lukaschenko unterdrücke inzwischen jede "noch so zurückhaltende Kritik an der Staatsführung". Büros von Menschenrechtsorganisationen würden durchsucht, Anwälte verlören ihre Lizenzen, Medienanstalten ihre Akkreditierung, so Roth. Als "schweren Schlag gegen den unabhängigen Journalismus" bezeichnete der Staatsminister die Abschaltung der Medienplattform Tut.by. Mindestens 15 Journalisten der Redaktion befänden sich in Haft oder unter Hausarrest. Der Spielraum für die Zivilgesellschaft werde immer kleiner.

Die jüngsten Verschärfungen im "Administrativkodex" und im Strafgesetzbuch des Landes vollzögen jedoch eigentlich nur rechtlich, was "was schon lange Fakt war", betonte Roth. Nichtregierungsorganisationen sprächen zurecht von einem "rechtsstaatlichen Kollaps": Die Schwere der Verurteilungen habe zugenommen, so der Staatsminister. Das Strafrecht werde verstärkt genutzt, um Menschen mundtot zu machen. Die Bilanz: 470 politische Gefangene und mehr als 35.000 Menschen, die seit Beginn der Proteste im August 2020 Strafen im Gefängnis abgesessen hätten. 1.000 Personen seien inzwischen angeklagt und 700 verurteilt worden. Mehr als 1.000 Fälle von Folter seien zudem aktenkundig, mindestens vier Menschen im Zusammenhang mit den Protesten gestorben.

Als "besonders skandalös" verurteilte Roth den Umgang mit Minderjährigen. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes habe sich bereits im vergangenen Jahr besorgt über die hohe Inhaftierungsrate, unangemessene Haftbedingungen und den mangelnden Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung geäußert. Die Lage habe sich seitdem verschlechtert, so der Staatsminister. "Der Sicherheitsapparat scheut sich nicht, Minderjährige festzunehmen, anzuklagen und Eltern Sorgerechtsentzug bei Fehlverhalten ihrer Kinder anzudrohen." Das gelte auch für Schüler, die auf die Straße gegangen seien, um gegen die Regierung zu protestieren, betonte Roth. Laut Menschenrechtsorganisationen befänden sich bis zu 200 Minderjährige unter den bei Demonstrationen willkürlich Festgenommen.

Vor diesem Hintergrund verfolgten Deutschland und die EU eine Doppelstrategie aus Druck auf das Regime und Unterstützung für die Zivilgesellschaft: Roth nannte als Beispiel die nach der "erzwungenen Flugzeugumleitung" im Mai verhängten Sanktionen gegen 91 Personen und Organisationen. Weitere wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen seien in Vorbereitung. Zudem verwies Roth auf ein Programm der Bundesregierung zur Unterstützung der Zivilgesellschaft, das neben anderen Maßnahmen auch eine erleichterte Einreise für Verfolgte und ihre engsten Familienangehörigen ermögliche. 21 Millionen Euro stünden zur Verfügung, um etwa unabhängige Medien und Journalisten zu unterstützen, so der Staatsminister. Auch die Dokumentation und Archivierung begangener Straftaten werde so mitfinanziert. Deutschland arbeitet laut dem Auswärtigen Amt mit 18 Staaten zusammen, um langfristig eine strafrechtliche Verfolgung in Belarus oder in Drittstaaten zu ermöglichen.

In der anschließenden Diskussion zeigte sich ein Vertreter der CDU/CSU-Fraktion skeptisch, ob Sanktionen ausreichten. Auch die FDP-Fraktion forderte mehr Unterstützung der EU für Polen angesichts der Spannungen zwischen Warschau und Minsk. Die polnische Minderheit in Belarus stehe unter Druck, die Angst sei groß, sagte ein Abgeordneter. Während die AfD-Fraktion dafür plädierte, das Gespräch mit Russland zu suchen, um auf Belarus einzuwirken, drang die SPD auf eine stärkere Einbeziehung von internationalen Gremien wie dem Europarat. Die Linke kritisierte das EU-Flugverbot für belarussische Fluggesellschaften: Damit werde den Menschen nur die Flucht erschwert, ein "Mehrwert" lasse sich nicht erkennen, so ein Fraktionsmitglied. Nach der Haltung der Bundesregierung zur Forderung nach einem internationalen Tribunal gegen Lukaschenko, welche die belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja erhebt, fragte schließlich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.



03. Indigene Völker leisten Beitrag zum Klimaschutz

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Die Menschenrechtsaktivistin und Ethnologin Eliane Fernandes Ferreira wünscht sich eine Unterstützung des Bundestages für die indigenen Völker Brasiliens. Diese bräuchten Partner an ihrer Seite, um gegen die Umweltzerstörung in Brasilien anzukämpfen, sagte sie während eines öffentlichen Fachgespräches des Parlamentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung am Mittwoch. Fernandes Ferreira, die sich für die Ashaninka-Vereinigung vom Fluss Amonia im brasilianischen Bundesstaat Acre engagiert, erhob Vorwürfe gegen den Präsidenten Jair Bolsonaro, dessen Regierung "so gut wie alles gegen den Klimaschutz tut". So seien unlängst mehrere Regeln für Umweltlizenzen geändert worden. Sie zitierte den Ashaninka-Vertreter Francisco Piyãko mit den Worten: "Die aktuelle brasilianische Regierung versucht die brasilianische Umweltgesetzgebung im Namen des Fortschritts, der Entwicklung zu ändern. Diese Regierung ist skrupellos und möchte einfach den Wald zerstören. Die Genehmigung des Projekts durch die Abgeordnetenkammer am 13. Mai, das Umweltlizenzen flexibler macht, zerstört das, was in Brasilien am reichsten ist, den Amazonas-Urwald." Aus Sicht des ehemaligen brasilianischen Umweltministers Carlos Minc verstoße das Projekt auch gegen die Verfassung, sagte Fernandes Ferreira.

Die Ashaninka hingegen unterstützten und förderten Initiativen zur Wiederaufforstung, Nutzung und Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, die von traditionellen und indigenen Gemeinschaften geleitet werden, sagte sie. Eines ihrer Projekte ziele auf eine Agroforstwirtschaft und umweltfreundliche Agrarproduktion in den Gemeinschaften und baue eine nachhaltige wirtschaftliche Alternative zur Entwaldung auf. Bei einem weiteren Projekt gehe es um die Stärkung der Fischzucht im eigenen Territorium, um die Nahrungssicherheit der Gemeinschaft zu gewährleisten. Trotz fehlender Unterstützung der eigenen Regierung kämpften die Ashaninka für die Fortsetzung ihrer Umweltschutzprojekte, sagte die Ethnologin.

Almut Schilling-Vacaflor vom Institut für Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück machte während der Sitzung deutlich, dass indigene Völker einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisteten. "Sie verwalten mindestens 17 Prozent des Kohlenstoffs, der in den globalen Wäldern gespeichert ist, was dem 33-fachen der globalen Energieemissionen von 2017 entspricht", sagte sie. Auch die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) sehe in den indigenen Völkern entscheidende Akteure des Wandels, deren Lebenspraktiken, traditionelles Wissen und Lebensweisen grundlegend für die Bekämpfung des Klimawandels und die Verwirklichung der Vision der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung seien.

Die Sozialwissenschaftlerin kam auch auf die ILO Konvention 169 (Übereinkommen über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern) zu sprechen, die durch Deutschland ratifiziert worden sei. Damit verbunden sei die Förderung der Teilhabe indigener Völker in der Umweltpolitik auf allen Ebenen - auch in der nationalen Klimapolitik. Ein Problem in der Praxis sei aber, das sich Instrumente zur Bekämpfung des Klimawandels noch zu oft einseitig auf Fragen des Umweltschutzes beziehen würden. Menschenrechten und indigenen Rechten werde hingegen zu wenig Achtung geschenkt. Beleg dafür sei die Förderung von Schutzgebieten - auch durch Deutschland - "die zur Landvertreibung indigener Gesellschaften geführt haben sollen", sagte Schilling-Vacaflor. Auch bei der Umsetzung der Sorgfaltspflichten von Unternehmen liege der Fokus auf der Entwaldung. Die Rechte indigener Gemeinschaften blieben aber in den Berichten zur Sorgfaltspflicht unerwähnt.