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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Di.., 18. Mai 2021

  1. Expertenurteile zu Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren
    Menschenrechte/Anhörung
  2. Transparente Gesetzgebung
    Inneres und Heimat/Antwort
  3. Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz
    Inneres und Heimat/Kleine Anfrage
  4. FDP fragt nach Werbung für Gesetzesvorhaben
    Inneres und Heimat/Kleine Anfrage


01. Expertenurteile zu Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren

Menschenrechte/Anhörung

Berlin: (hib/SAS) Wie die Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren völkerrechtlich bewertet und geahndet werden können, haben Sachverständige unterschiedlich beurteilt. Das zeigte eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am Montagnachmittag unter der Leitung von Gyde Jensen (FDP). Während einige Experten wegen der Vorgänge in der chinesischen Provinz Xinjiang durchaus die Möglichkeit für ein Strafverfahren in Deutschland sahen, zeigten sich andere skeptisch. Weder der Straftatbestand des Völkermordes noch der der Verbrechen gegen die Menschlichkeit seien gegeben. Gefordert wurden aber größere internationale Anstrengungen, um die Vergehen zu untersuchen und zu beenden.

Der Strafrechtler Florian Jeßberger und der Rechtsanwalt Hartmut-Emanuel Kayser bezweifelten die Möglichkeit der juristischen Einordnung der Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren als Völkermord: "Zentrales Merkmal des Völkermord-Straftatbestands ist die Zerstörungsabsicht", unterstrich Jeßberger. Diese sei "zum gegenwärtigen Zeitpunkt" nicht hinreichend belegt, so der Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin. Näher liege aus seiner Sicht eine vorläufige Einordnung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Möglichkeit einer Strafverfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) stuften Jeßberger und Kayser jedoch als "praktisch aussichtslos" ein: Ohne die Mitwirkung Chinas lasse sich die Gerichtsbarkeit nicht begründen. Anders jedoch sei es um ein Verfahren in Deutschland bestellt, so Jeßberger: Der Generalbundesanwalt könne - etwa in einem Strukturermittlungsverfahren - gegen "Ausführungstäter" ebenso wie gegen höherrangige Verantwortungsträger in Staat und Partei ermitteln.

Zurückhaltender in seiner Bewertung zeigte sich Norman Paech, emeritierter Professor für Politikwissenschaft und Öffentliches Recht an der Universität Hamburg: Dass im Zuge des Kampfes der chinesischen Regierung gegen sich radikalisierende "fundamentalistische Muslime" in Xinjiang Menschenrechte sehr wahrscheinlich verletzt worden seien, räumte er ein - "Großverbrechen" wie Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezweifelte er jedoch. Es gebe bislang keine belastbaren Beweise für umfassenden Freiheitsentzug, für systematische Verfolgung und Folter, so Paech. Die Einschaltung der Generalbundesanwaltschaft würde er daher nicht befürworten.

Wenzel Michalski, Direktor von Human Rights Watch Deutschland, betonte hingegen, die chinesische Regierung habe sich fast aller der in Artikel 7 des Statuts von Rom des ICC aufgelisteten Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht: Mord, Folter, Überwachung, kulturelle und religiöse Auslöschung, sexuelle Gewalt und Zwangsarbeit seien Teil eines "flächendeckenden und systematischen Angriffs" auf die Bevölkerungsgruppe der turkstämmigen Muslime und hätten ein nie zuvor dagewesenes Ausmaß erreicht. Um die Verantwortlichen zu bestrafen und die chinesische Regierung zu einem Kurswechsel zu bewegen, forderte der Menschenrechtsexperte ein "koordiniertes Vorgehen der internationalen Gemeinschaft". Es brauche vor allem die Einrichtung einer Untersuchungskommission durch den UN-Menschenrechtsrat.

Dafür sprach sich auch Eva Pils, Professorin an der School of Law des King's College London, aus. Sie unterstrich, es gehe der chinesischen Regierung um eine Zerstörung des Selbstverständnisses der Uiguren durch Zufügung schwerer mentaler und physischer Traumata. Anders als einige Völkerrechtsexperten sah die Juristin und Sinologin zumindest einen "Anfangsverdacht" für eine Absicht zum Genozid. Ihrem Verständnis nach löse die UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes schon beim "Kennen oder Kennen müssen eines ernsthaften Risikos von Völkermord" Verpflichtungen zur Verhütung aus.

Christoph Safferling, Professor unter anderem für internationales Straf- und Völkerrecht an der Universität Nürnberg-Erlangen, erläuterte, die divergierenden Bewertungen der Sachverständigen Jeßberger und Paech spiegelten einen Grundkonflikt des Völkerstrafrechts, das Problem der Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten wider: Wenn ein Staat Maßnahmen gegen Terror und Separationsbestrebungen ergreife, sei das zwar völkerrechtlich "zunächst einmal zu akzeptieren". Allerdings dürften spezifische Gruppen nicht kriminalisiert werden. Um eine internationale Untersuchung zu fördern, regte Safferling an, die Bundesregierung solle die Mittel der Open Source Intelligence ausbauen, um verstärkt Informationen aus frei verfügbaren Quellen wie etwa Internetberichte sowie Satellitenbilder auswerten zu können.

Adrian Zenz, Professor an der European School of Culture and Theology, kritisierte anknüpfend an Pils' Hinweis auf die Verpflichtung der Unterzeichnerstaaten der UN-Völkermordkonvention, dass in der Vergangenheit die Feststellung des Straftatbestandes stets viel zu spät erfolgt sei, um Genozide zu ver- oder wenigstens zu behindern. Es bedürfe daher einer frühzeitigen Risikobewertung von potenziellen Genoziden, mahnte der Sozialanthropologe, der an der Aufdeckung der Verbrechen gegen die Uiguren maßgeblich mit beteiligt war. Im Fall von Xinjiang bestehe das Risiko eines "schleichenden Genozids". Deutschland müsse handeln, forderte der Experte: "Eine passive Zuschauerrolle wäre für unser Land ein Akt unentschuldbarer Verantwortungslosigkeit."



02. Transparente Gesetzgebung

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung ist nach eigenen Angaben bestrebt, Regierungshandeln transparent und damit für die Bürger nachvollziehbar zu gestalten. Das Kabinett habe 2018 eine "Vereinbarung zur Erhöhung der Transparenz in Gesetzgebungsverfahren" getroffen, schreibt die Bundesregierung in ihren Antworten (19/2942119/2946519/29475) auf Kleine Anfragen der Fraktion Die Linke (19/2891319/2873619/28538), in denen nach Einflussnahmen von Interessensvertretern auf verschiedene Gesetzentwürfe der Bundesregierung gefragt wurde.

Hierdurch solle die "erprobte Praxis fortgesetzt werden, Gesetz- und Verordnungsentwürfe in der Form, in der sie in eine etwaige Verbändebeteiligung gegangen sind, sowie den von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurf der Öffentlichkeit zugänglich zu machen", heißt es in der Antwort weiter. Daneben sei vereinbart, auch die Stellungnahmen aus der Verbändeanhörung zu veröffentlichen. Der weitere Verlauf des jeweiligen Rechtsetzungsvorhabens könne zudem auf der Internetseite des gemeinsamen Dokumentations- und Informationssystems von Bundestag und Bundesrat recherchiert werden.

Zugleich führt die Bundesregierung aus, dass es "weder rechtlich geboten noch im Sinne einer effizienten und ressourcenschonenden öffentlichen Verwaltung leistbar" sei, Informationen und Daten etwa zu Veranstaltungen, Sitzungen und Terminen nebst Teilnehmern vollständig zu erfassen und zu dokumentieren. Parlamentarische Kontrolle sei "politische Kontrolle, nicht administrative Überkontrolle".



03. Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Um Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) geht es in einer Kleinen Anfrage der AfD-Fraktion (19/29509). Wie die Fraktion darin schreibt, hat nach dem IFG des Bundes jedermann einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen der Bundesbehörden. Wissen wollen die Abgeordneten, wie viele IFG-Anträge auf Zugang zu amtlichen Informationen seit dem Jahr 2017 an die Bundesministerien samt deren nachgeordneten Behörden gestellt wurden. Auch erkundigen sie sich unter anderem danach, wann und wie die IFG-Anträge jeweils beschieden wurden.



04. FDP fragt nach Werbung für Gesetzesvorhaben

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Werbung für Gesetzesvorhaben thematisiert die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/29512). Darin erkundigt sie sich danach, welche Gesetze die Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode zu welchen Kosten bewerben ließ und mit welchen Werbeagenturen die Ministerien dabei zusammenarbeiteten. Auch will sie unter anderem erfahren, warum es aus Sicht der Bundesregierung über die Medienarbeit des Bundespresseamtes hinaus "einer aktiven Bewerbung über Anzeigen, Schaltungen, Außenwerbung etc." bedarf, um die Bürger über Bundesgesetze zu informieren.