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SAN News

Sachsen-Anhalt beteiligt sich am Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“

Sonntag, den 21. Februar 2021

Heute am Sonntag, 21. Februar 2021, startet das Festjahr „321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ mit einem Festakt in Köln, der pandemiebedingt als TV-Ereignis durchgeführt wird. Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff würdigt die Beteiligung in Sachsen-Anhalt: „Ich begrüße die zahlreichen Projekte, die im Zuge des Festjahrs in Sachsen-Anhalt jüdisches Leben in seinen vielfältigen Ausprägungen sichtbarer machen, und hoffe, dass es im Jahresverlauf noch viel mehr werden. Ich freue mich über das vielfältige Engagement, das hier deutlich wird. Jüdisches Leben gehört seit über tausend Jahren fest zu unserem Land. Eine intensive Kenntnis darüber wird durch das Festjahr den Bürgerinnen und Bürgern nahegebracht. Ich wünsche allen, die sich hier einsetzen, bei der Umsetzung ihrer Projekte – trotz aller pandemiebedingten Einschränkungen – viel Erfolg.“

Im Land Sachsen-Anhalt beteiligen sich eine Reihe von Vereinen, Verbänden, Gemeinden, zivilgesellschaftlichen Initiativen und öffentlichen Einrichtungen am Festjahr. Teilweise unterstützt sie das Land. Neun Projektträger haben eine Förderung über den in Köln ansässigen Festjahrs-Verein eingeworben, der dazu Bundesmittel einsetzt. Wissenschaftliche Tagungen, Theaterstücke, Konzerte, Ausstellungen, Bildungsprojekte bis hin zur Durchführung der ersten landesweiten jüdischen Kulturtage im Herbst stellen jüdisches Leben in seiner breiten thematischen Vielfalt vor. Zudem bietet der Festjahrs-Verein selbst Workshops für Schulen und eine bundesweite Aktion zum jüdischen Sukkotfest (Laubhüttenfest) im September an.

Eine Auswahl von Projekten, die in Sachsen-Anhalt, in Abhängigkeit von der Pandemieentwicklung, im Festjahr realisiert werden sollen, ist weiter unten zu sehen. Dies soll Ansporn für weitere Initiativen sein, um ebenfalls mitzutun bzw. bereits in Vorbereitung befindliche Projekte intensiver bekannt zu machen. Es ist jederzeit möglich, sich das ganze Jahr hindurch mit zusätzlichen Formaten zu beteiligen und sie über das Netzwerk des zentralen Festjahrs-Vereins bundesweit bekannt zu machen.

Hintergrund: Das Festjahr bezieht sich auf ein Edikt des Kaisers Konstantin aus dem Jahre 321 n. Chr., welches festlegte, dass jüdische Menschen städtische Ämter in Köln bekleiden durften und sollten. Das Edikt gilt als ältester erhaltener Nachweis jüdischen Lebens auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Dies wird 1700 Jahre danach mit einem bundesweiten Festjahr gewürdigt. Auch auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts ist jüdisches Leben seit über 1000 Jahren nachweisbar.


Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Kurzbeschreibungen ausgewählter Projekte aus Sachsen-Anhalt

 Landesweite Jüdische Kulturtage

Die Durchführung landesweiter jüdischer Kulturtage ist bereits im Staatsvertrag des Landes Sachsen-Anhalt mit der Jüdischen Gemeinschaft aus dem Jahr 2006 festgelegt. Bisher sind an verschiedenen Orten im Land bereits lokal Jüdische Kulturtage regelmäßig durchgeführt worden. Im Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ wird daraus ein Netzwerk entstehen. Die lokalen Veranstaltungen werden fortgeführt, zusätzliche Elemente treten hinzu, sodass daraus im Ganzen landesweite Jüdische Kulturtage entstehen, die in Zukunft regelmäßig durchgeführt werden sollen.

Die Kulturtage für den Herbst und ein ausführliches Veranstaltungsprogramm sind in Vorbereitung, ein Flyer und eine eigene Website werden über alle Einzelheiten informieren. Die Federführung liegt beim Freundeskreis des Leopold-Zunz-Zentrums. Unterstützung geben das Ministerium für Kultur, der zentrale Festjahrs-Verein, die jüdischen Gemeinden sowie viele weitere Partner, die bisher schon vor Ort unterstützt haben oder neu hinzutreten. Wir freuen uns auf ein vielfältiges, buntes kulturelles Programm, das den Reichtum jüdischer Kultur in Sachsen-Anhalt im ganzen Land erlebbar machen soll.

Sukkot XXL

Der Festjahrs-Verein plant für den Monat September das „weltgrößte Laubhüttenfest“. Es dient dazu, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken, Kenntnisse zum Judentum zu vermitteln und jüdische Kultur miterleben zu können. An dieser Veranstaltung beteiligen sich nach derzeitigem Stand 105 jüdische Gemeinden im ganzen Bundesgebiet, darunter auch Gemeinden aus Sachsen-Anhalt.

Internationaler Museumstag in Halberstadt

Die Eröffnung der neuen Dauerausstellung des Berend-Lehmann-Museums der Moses-Mendelssohn-Akademie in Halberstadt wird die zentrale deutsche Veranstaltung des diesjährigen internationalen Museumstages. Die Schirmherrschaft für den Museumstag in Deutschland übernimmt im Festjahr 2021 Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff in seiner Funktion als Präsident des Bundesrats. Die neue Dauerausstellung zeichnet mit Hilfe autobiografischer Texte, Dokumente, Fotos und ritueller Objekte aus dem Besitz Halberstädter jüdischer Familien das Leben der jüdischen Gemeinde nach, betont ihre Stellung als Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit, lenkt den Blick aber auch auf die Geschichte von Verfolgung und Vernichtung.

Landeszentrale für politische Bildung

Die Landeszentrale für politische Bildung hat im Jahr 2021 das Thema „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit erklärt. Geplant sind Seminare, Konzerte und Workshops, darunter ein Workshop zum Thema „Judentum kennen lernen am Beispiel Sabbat“. Außerdem wird die Ausstellung „Die Tänzerin von Auschwitz“ in Stendal gezeigt. Die Landeszentrale beteiligt sich an den jüdischen Kulturtagen sowie an den Veranstaltungen zum Pogromgedenken.

Museum Synagoge Gröbzig

Das Museum Synagoge Gröbzig begeht im Festjahr am 13. November 2021 die 225-Jahr-Feier der Synagoge. Ebenfalls im November sind die 2. Jüdischen Kulturtage in Gröbzig geplant, zusätzlich beteiligt sich das Museum an den landesweiten jüdischen Kulturtagen. Am Internationalen Museumstag am 16. Mai 2021 veranstaltet das Museum Führungen durch die Stadt, über den jüdischen Friedhof und durch die Synagoge.

Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt

„Als Jüd:innen markiert und verfolgt. Jüdische Identitäten und NS-Tatorte in Sachsen-Anhalt“ ist ein Wanderausstellungsprojekt der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, koordiniert von der Gedenkstätte KZ Lichtenburg Prettin. Sie ermöglicht eine intensive Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts. Im Fokus der Ausstellung stehen zwölf Menschen, die von den Nationalsozialisten als jüdisch markiert und als Konsequenz daraus gewaltsam aus der sogenannten Volksgemeinschaft ausgeschlossen wurden. In den Biographien liegt der Schwerpunkt auf dem jeweiligen individuellen jüdischen Selbstverständnis der Personen, um deutlich zu machen, wie divers jene Gruppe ist, die von den Nationalsozialisten als jüdisch deklariert wurde. Die Eröffnung ist für den 9. November 2021, den Jahrestag der Novemberpogrome, geplant. Begleitet wird dies durch eine Social-Media-Kampagne, die Interessierte am Entstehungsprozess der Ausstellung teilhaben lässt.

Freundeskreis Leopold Zunz Zentrum

Mit der „Jüdischen Kultur und Bildungsoffensive Sachsen-Anhalt 2021“ setzt sich der Freundeskreis Leopold Zunz Zentrum für eine nachhaltige Sichtbarmachung jüdischen Lebens ein. Gemeinsam mit dem Land Sachsen-Anhalt, den jüdischen Gemeinden und vielen weiteren Partnern werden in diesem Jahr vier Projekte umgesetzt: Dazu gehören die erwähnten landesweiten Kulturtage. Des Weiteren wird eine digitale Informations- und Bildungsplattform zum jüdischen Leben in Sachsen-Anhalt entstehen und ein Austauschprojekt von Studierenden der Burg Giebichenstein - Kunsthochschule Halle mit der Bezalel Akademie für Kunst und Design in Jerusalem durchgeführt werden. Und es folgt noch ein ganz besonderer Höhepunkt: In Halle findet mit „Meschugge“ das erste jüdische Kinder- und Jugendfestival im Land statt.

Historische Kommission für Sachsen-Anhalt

Die Historische Kommission führt in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für jüdische Musik Hannover im November eine Tagung samt Konzert mit dem Titel „Jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt. Kultur – Musik – Gelehrsamkeit“ in Magdeburg durch. Die Konferenz widmet sich der jüdischen Kultur- und Bildungslandschaft, die im 18. Und 19. Jahrhundert auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt blühte. Sie widmet sich verschiedenen Fachgebieten (u.a. Architektur, Jüdische Studien, Geschichts-, Kultur?, Musik- und Theaterwissenschaften) und nimmt aus unterschiedlicher disziplinärer Sicht jüdische Personen, Ideen, Ereignisse, religiöse und intellektuelle Strömungen sowie Erinnerungsorte in den Blick. Das Abendkonzert sorgt für die musikalische Vertiefung und Ergänzung des Themas. Es nimmt einerseits regionale Aspekte des jüdischen Musiklebens und andererseits die transterritoriale Verbreitung jüdischer Musik in den Blick.

Tag des offenen Denkmals

Der „Tag des offenen Denkmals“ findet am 12. September 2021 statt. Im denkmalreichen Sachsen-Anhalt findet er stets große Resonanz. Die Moses-Mendelssohn-Akademie in Halberstadt lädt wieder in die „offenen jüdischen Häuser“ ein. Besucherinnen und Besucher erhalten Informationen über die jüdischen Familien, die dort gelebt haben, und es soll deutlich werden, dass die jüdischen Bürgerinnen und Bürger der Stadt in allen Stadtquartieren selbstverständlich als Nachbarn lebten. Ebenso gibt die Gröbziger Synagoge an diesem Tag Einblicke in das frühere jüdische Leben der Region.

Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge

Die Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge beteiligt sich mit einer Veranstaltungsreihe zur Diversität jüdischen Lebens. Dazu findet ein Vortrag über die jüdischen Häftlinge des Außenlagers Langenstein-Zwieberge statt, der die Diversität innerhalb dieser Häftlingsgruppe betont, sowie ihre Erfahrungen während der Lagerzeit und ihre Schicksale nach der Befreiung beleuchtet. Es werden Kochseminare zur Vorbereitung einer Sabbatmahlzeit angeboten. Neben Kochkünsten werden dabei auch Grundlagenwissen über das Judentum und Kenntnisse über den Sabbat vermittelt. Die Vermittlung heutiger jüdischer Kultur für ein breites und auch jüngeres Publikum wird durch einen kulinarischen und musikalischen Abend geplant: Nach einem Buffet mit israelischen Speisen tritt die Band Jewdyssee auf, die Liedern aus der jüdischen Welt einen neuen Pop- und Electro-Anstrich gibt. Im Anschluss transportiert DJ Shicco seine Gäste musikalisch nach Tel Aviv.

Der Förderverein der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge plant für den Herbst 2021 das Projekt „JONTEF spielt jiddische Lieder an einem Ort, an dem sie ausgelöscht werden sollten“. Zur Gruppe JONTEF gehört u.a. der aus Israel stammende Michael Chaim Langer, dessen Großvater Leon Langer im Konzentrationslager Langenstein-Zwieberge ums Leben kam. Leon Langers Schicksal bezeugt die Absicht der Nationalsozialisten, jüdische Menschen einschließlich ihrer Geschichte, ihrer Religion, ihrer Kultur und ihrer Traditionen auszulöschen. Michael Chaim Langer setzt die kulturelle Welt seines Großvaters, die Welt der jüdischen Stetl, in musikalische und poetische Bilder um, verknüpft sie mit der Gegenwart und zeigt, dass es den Nationalsozialisten nicht gelungen ist, die jahrhundertealte Kultur und Geschichte des jüdischen Volkes vergessen zu machen.

Theater der Landeshauptstadt Magdeburg

Das Theater der Landeshauptstadt plant im Frühjahr 2022 die Uraufführung der Oper „Grete Minde“ des 1943 in Sobibor ermordeten deutsch-jüdischen Komponisten Eugen Engel nach Theodor Fontanes gleichnamiger Novelle. Im Rahmen des Festjahres wird 2021 hierzu ein musikwissenschaftliches Symposium durchgeführt: „Eugen Engels Oper „Grete Minde“. Wiederentdeckung – Einordnung – Reflexion“. Mit Vorträgen zur Bedeutung jüdischer Komponisten für das deutsche Musikleben in Vergangenheit und Gegenwart, zu Leben und Werk Eugen Engels, zur Theatralisierung von Fontanes Werken, zur Bedeutung von (Wieder-)Entdeckungen für den kulturellen Kanon sowie zur konkreten Inszenierung richtet sich die Veranstaltung sowohl an das interessierte Opern- und Theaterpublikum vor Ort als auch an überregionales Fachpublikum.

Landesarchiv Sachsen-Anhalt

Das Landesarchiv führt das Projekt „Jüdisches Leben als Baustein ganzheitlicher Bildung. Quellen zur jüdisch-deutschen Geschichte in Sachsen-Anhalt“ durch, bei dem historische Dokumente aus dem Landesarchiv und aus anderen Archiven in Sachsen-Anhalt didaktisch aufbereitet werden. Aus einem Quellenfundus vom Mittelalter bis zur Gegenwart entstehen analoge und digitale Lernmaterialien, die Jugendlichen und Kindern die Regionalgeschichte jüdischen Lebens in Sachsen-Anhalt nahebringen. Verbunden wird dies mit der Präsentation ausgewählter Quellen als „Schlaglichter Jüdischen Lebens in Sachsen-Anhalt“ und der Entwicklung eines mit den Schlaglichtern verknüpften Recherchezugangs zu wichtigen Quellengattungen und Beständegruppen im Landesarchiv.

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Die Zentrale Kustodie der Martin-Luther-Universität führt im Rahmen des Festjahres die Ausstellung „Grete Budde und jüdische Professoren an der Universität Halle“ durch. Im Zentrum stehen Leben und Werk der Künstlerin Grete Budde (1883–1967), die als eine der ersten Künstlerinnen gilt, die sich der Bildhauerei und Portraitplastik widmeten. In Halle schuf Grete Budde zahlreiche Gelehrtenplastiken für die Universität, hierdurch wird der Bezug zu ausgewählten Biographien namhafter jüdischer Professoren und die von ihnen ausgehende Prägung von Forschung und Lehre an der Universität hergestellt. Die Wissenschaftlerbiographien und Einzelschicksale vermitteln ein differenziertes Bild von Identitäten, Ausgrenzung, Verdrängung und Solidarität.

Erinnerung an jüdische Juristen aus Sachsen-Anhalt

Für den 8. September 2021 plant das Ministerium für Justiz und Gleichstellung die Tagung „Jüdische Juristen auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt: Gestalter internationaler Geschichte und deutscher Rechtskultur“. Dabei sollen jüdische Juristen vorgestellt werden, deren berufliche Laufbahn auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts begann, und ihre Spuren in der deutschen und internationalen Rechtsgeschichte. Die Tagung verharrt jedoch nicht bei Erinnerungen, sondern schlägt thematisch den Bogen in die heutige Zeit und will Fragen zur Assimilation und zur Bekämpfung von Antisemitismus beleuchten.

Magdeburger Puppentheater

Das Puppentheater beteiligt sich mit dem Recherche- und Materialtheater-Stück „Haus der Versammelten“ am Festjahr. Der Inhalt knüpft direkt an die Magdeburg Stadtgeschichte und an das in Vorbereitung befindliche Neubauprojekt an: „Die Hauptstadt eines Bundeslandes hat seit 1938 keine Synagoge mehr. Das Land wird sich seiner Verantwortung bewusst, ein Förderverein wirbt Gelder ein, die Stadt schenkt der jüdischen Gemeinde ein Grundstück und schreibt einen Entwurf aus. Kerstin und Karsten und ihr Büro K HOCH ZWEI möchten sich bewerben. Sie realisieren dabei, wie wenig sie von zeitgenössischem jüdischen Leben wissen und begeben sich auf die Suche.“

Broschüre „1055 Jahre jüdisches Leben in Magdeburg“

Im Zuge des Festjahres hat der Förderverein „Neue Synagoge Magdeburg“ eine Broschüre „1055 Jahre jüdisches Leben in Magdeburg“ herausgegeben, die Schlaglichter auf jüdisches Leben in der Stadt wirft. Sie zeigt sowohl die lange Geschichte immer wieder neu erblühenden jüdischen Lebens auf, aber auch die zahlreichen Verfolgungen und Bedrängungen der jüdischen Bevölkerung. Die Broschüre kann über den Förderverein bestellt werden.