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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Fr., 18. September 2020

  1. Vergebliche Suche nach Mittätern Amris
  2. Pkw-Maut: Haftungsfragen als Stolperstein
  3. Grüne: Längerer Anspruch auf Kinderkrankengeld
  4. Verhandlungen über Mercosur-Abkommen
  5. Übererfüllen von EU-Richtlinien


01. Vergebliche Suche nach Mittätern Amris

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Die Bemühungen des Bundeskriminalamts (BKA), nach dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz Mittäter ausfindig zu machen, sind nach Darstellung eines beteiligten Beamten durchweg ins Leere gelaufen. Es habe zwar mehrere Kontaktpersonen des Attentäters Anis Amri gegeben, die ihn unmittelbar vor der Tat noch gesehen hätten, doch hätten sie allesamt glaubhaft machen können, von seiner Absicht, mit einem Lastwagen einen Weihnachtsmarkt zu überrollen, nichts gewusst zu haben, berichtete Kriminalhauptkommissar A.S. am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz").

Der heute 38-jährige Zeuge ist seit 2011 im Referat TE33 des BKA mit Ermittlungen gegen radikalislamische Terroristen befasst. Nach dem Anschlag im Dezember 2016 war er in der federführenden Besonderen Aufbauorganisation (BAO) "City" tätig. Er habe dort anfangs, berichtete er, ein schließlich 15-köpfiges Team zur "Personensachbearbeitung" des Attentäters geleitet: "Wir haben versucht, uns ganz eng an Amri zu orientieren." Eine Hauptaufgabe sei gewesen, Amris Mobiltelefon auszuwerten, um festzustellen, wo er sich in den Tagen und Stunden vor dem Anschlag aufgehalten hatte.

Daraus habe sich ergeben, dass sich Amri am Tattag, dem 19. Dezember, bis etwa 14.15 Uhr in seiner Wohnung aufgehalten habe. Gegen 15 Uhr habe er auf dem Parkplatz eines Möbelmarkts im Stadtteil Wedding zwei Bekannte getroffen, die das Berliner Landeskriminalamt nach Bildern einer Überwachungskamera als Bilal Mahmoud und Walid Zaid identifiziert habe. Beide hätten in Vernehmungen angegeben, sie seien mit Amri spazieren gegangen, hätten gemeinsam in einem Grill etwas gegessen und sich dann getrennt. Zaid wurde am späten Abend am Tatort, dem Breitscheidplatz, angetroffen. Seine Angabe, er sei dort nur als Schaulustiger gewesen, habe sich aber nicht widerlegen lassen, sagte der Zeuge. Zudem habe die Überwachung seiner Telekommunikation ergeben, dass er von dem Attentat überrascht gewesen sei und Amri als Urheber zunächst nicht gekannt habe.

Was sich auch nicht mit letzter Sicherheit habe klären lassen, sei die Frage, wie Amri gelernt hatte, den Schwerlaster zu steuern. Zwar war der Wohnungsgeber, der ihn zuletzt als Untermieter beherbergt hatte, ausgebildeter Lastwagenfahrer und zehn Jahre lang bei einem Frachtunternehmen beschäftigt gewesen. Das sei, meinte der Zeuge, ein "blöder Zufall", der die Vermutung nahelegte, Amri könnte bei seinem Vermieter Fahrstunden genommen haben. Dies sei aber, wie der Mann in seiner Vernehmung "glaubhaft" habe machen können, nicht der Fall gewesen. Aus der Presse, fuhr der Zeuge fort, habe er erfahren, dass Amri angeblich von seinem Bruder in Tunesien im Umgang mit einem Lastwagen unterrichtet worden sei. Ob die Ermittler diesem Hinweis an Ort und Stelle nachgegangen seien, könne er nicht sagen.

Amris Vermieter sei diesem, wie er der Polizei berichtet habe, unmittelbar nach der Tat in der gemeinsamen Wohnung zuletzt begegnet. Amri habe "zerstreut" und "aufgeregt" gewirkt, seine Sachen gepackt, die Schuhe gewechselt und die Wohnung verlassen.

Im Sande verlaufen seien auch Ermittlungen nach einem Hinweis auf einen Komplizen namens Ahmed Hamami, der Amri laut Erkenntnissen der italienischen Polizei Schießunterricht erteilt haben soll. Zudem sei Amris Mobiltelefon zuletzt am 6. Februar 2017 aus dem Sudan angerufen worden. Die Polizei habe dem Vorfall "hohe Bedeutung" beigemessen und "umfangreiche Ermittlungen" angestellt. Doch auch diese Spur habe sich "aufgelöst".



02. Pkw-Maut: Haftungsfragen als Stolperstein

2. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/CHB) Vertreter der nicht zum Zuge gekommenen Bieter um die Pkw-Maut haben vor dem 2. Untersuchungsausschuss ("Pkw-Maut") erklärt, warum sie letztlich kein finales Angebot abgaben. "Wir konnten unseren Gremien nicht vermitteln, wie wir den Zeitplan hätten einhalten können", sagte Kay Dallmann von der Arvato infoscore GmbH in der vom Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD) geleiteten öffentlichen Sitzung am Donnerstag, 17. September 2020.

Die zum Bertelsmann-Konzern gehörende Arvato bildete zusammen mit IBM eines der insgesamt vier Bieterkonsortien im Verfahren um die Erhebung der Pkw-Maut. Vier Punkte seien für das Konsortium entscheidend gewesen, erklärte Dallmann den Abgeordneten: ein angemessenes Risiko, eine Finanzierung, die keine negativen Auswirkungen auf das Rating habe, eine Begrenzung der Haftung und ein Ertrag, der in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko stehe.

"Trotz aller Bemühungen waren wir nicht in der Lage, das Risiko so zu minimieren, dass wir ein Angebot abgeben konnten", sagte Dallmann weiter. Ein entscheidender Punkt seien die vorgesehenen Haftungsregeln gewesen. Für den Fall, dass es zu einer Verzögerung bei der Einführung der Pkw-Maut gekommen wäre, wäre dem Zeugen zufolge eine Strafzahlung in dreistelliger Millionenhöhe fällig geworden. Das Risiko eines negativen Urteils des Europäischen Gerichtshofs sei hingegen kein Hinderungsgrund für die Abgabe eines Angebots gewesen.

Allerdings hielt sich das Konsortium Arvato/IBM ein Hintertürchen offen: Am 17. September 2018 schrieb es dem Bundesverkehrsministerium, es bitte um Mitteilung, falls es zu "signifikanten Änderungen" der Ausschreibungsbedingungen kommen sollte. Anlass des Schreibens sei ein Zeitungsartikel gewesen, der über solche Änderungen berichtet habe, erinnerte sich der Zeuge. Tatsächlich trat das Bundesverkehrsministerium in Verhandlungen mit dem einzigen Bieter ein, der ein finales Angebot abgab. Darüber informiert wurden Arvato und IBM dem Zeugen zufolge nicht.

Ebenfalls vorzeitig aus dem Verfahren stieg ein weiteres, aus mehreren Firmen bestehendes Konsortium aus. Hauptgrund dafür sei die vorgesehene gesamtschuldnerische Haftung gewesen, erklärte im Ausschuss Anne Grünkorn von der zum VW-Konzern gehörenden LogPay Financial Services GmbH. Die "sehr umfangreichen Haftungselemente" seien für das Konsortium "nicht tragfähig" gewesen.

Anders als Arvato/IBM verstand das Konsortium um LogPay seine Absage allerdings als endgültig. "Wenn man in einer Ausschreibung absagt, dann sagt man ab", betonte die Zeugin. Solange das Konsortium noch am Verfahren teilgenommen habe, sei nicht klar gewesen, dass nach Abgabe des finalen Angebots Nachverhandlungen möglich gewesen seien.

Befragt wurde Grünkorn auch nach einer möglichen Mitnutzung der Zahlstellen des bundeseigenen Unternehmens Toll Collect. Die Managerin antwortete, nach ihrem Verständnis sei die Mitnutzung der Lkw-Maut-Terminals für die Pkw-Maut in den Ausschreibungsunterlagen nicht vorgesehen gewesen. Genau diese Mitnutzung wurde dann aber dem letzten verbliebenen Bieter, dem Konsortium aus CTS Eventim und Kapsch TrafficCom, eingeräumt.



03. Grüne: Längerer Anspruch auf Kinderkrankengeld

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen soll das Kinderkrankengeld und die Lohnfortzahlung im Fall erkrankter Kinder reformiert werden. In einem Antrag (19/22501) fordert sie die Bundesregierung auf, einen Gesetzenentwurf vorzulegen, durch den der Kinderkrankengeldanspruch von Eltern nach Paragraf 45 im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bis zum Ende der Corona-Pandemie auf jährlich 20 Tage pro Kind und Elternteil und nach dem Ende der Pandemie auf jährlich 15 Tage pro Kind und Elternteil angehoben werden. Bei Alleinerziehenden soll der Anspruch auf 40 beziehungsweise 30 Tage pro Kind erhöht werden. Die Altersgrenze der Kinder soll dabei von zwölf auf 14 Jahre angehoben werden. Zudem soll für Eltern, deren Kinder sich in den ersten zwei Jahren der Betreuung in der Kindertagesbetreuung befinden ein höherer Anspruch auf Kinderkrankengeld gelten, ebenso für Eltern behinderter und chronisch kranker Kinder. Selbstständige in der gesetzlichen Krankenversicherung sollen ab dem ersten Krankheitstag ihres Kindes Anspruch auf Kinderkrankengeld haben.

Zudem sprechen sich die Grünen dafür aus, dass im SGB V ein rechtlich bindender Anspruch für Eltern gegenüber dem Arbeitgeber auf Freistellung mit Lohnfortzahlung zur Betreuung ihres kranken Kindes eingeführt wird. Im Gegenzug soll der Erstattungsanspruch für den Arbeitgeber nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz auf die Lohnfortzahlung zur Betreuung eines kranken Kindes ausgeweitet werden. Darüber hinaus sollen Eltern erst ab dem vierten Krankheitstag ihres Kindes dem Arbeitgeber und der Krankenkasse ein ärztliches Attest vorlegen müssen.



04. Verhandlungen über Mercosur-Abkommen

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PEZ) Die FDP-Fraktion erkundigt sich nach dem Stand des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur. In einer Kleinen Anfrage (19/22331) fragen die Abgeordneten nach der Thematisierung des Abkommens bei einem Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron im August. Darüber hinaus interessieren sie sich für eine Bewertung von Einschätzungen rund um das geplante Abkommen.



05. Übererfüllen von EU-Richtlinien

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PEZ) Die FDP-Fraktion möchte wissen, wie viele EU-Richtlinien seit der 18. Legislaturperiode übererfüllt, also mit zusätzlichen nationalen Regelungen versehen worden sind. In einer Kleinen Anfrage (19/22317) erkundigen sich die Abgeordneten außerdem danach, wie oft die Bundesregierung vom Ermessensspielraum "Anwendung strengerer Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten" Gebrauch gemacht habe.