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Gesundheit-News: Überdiagnostik: - Warum Röntgen und Co. bei Rückenschmerzen nicht immer etwas bringen

6. September 2020

Heftige Rückenschmerzen lassen die Betroffenen oft ratlos und manchmal auch verzweifelt zurück. Denn eine konkrete Ursache lässt sich nicht immer finden. Von bildgebenden Verfahren wie Röntgen oder einer Computertomographie erhoffen sich dann viele eine Erklärung für die Schmerzen. Warum eine Bildgebung seltener hilft als man glaubt und worin die Gefahr einer Überdiagnostik besteht, erklärt die Stiftung Gesundheitswissen in ihrer Themenwoche Rückenschmerzen.

Akute Kreuzschmerzen bessern sich meist innerhalb der ersten sechs Wochen – oft sogar ohne, dass ein Arztbesuch oder eine spezielle Therapie nötig ist. Trotz allem kann es sinnvoll sein, ärztliche Hilfe zu suchen. Beispielsweise sind in ein oder beide Beine ausstrahlende Schmerzen mit deutlichen Gefühlsstörungen, Schwächegefühl, Gefühlsstörungen in der Gesäßregion oder Fieber und Abgeschlagenheit Warnhinweise, die unbedingt ärztlich abgeklärt werden sollten.

Bildgebende Verfahren oft überflüssig.

Trotz gründlicher Untersuchung lässt sich in den meisten Fällen keine konkrete körperliche Ursache für die Schmerzen ausmachen. Man spricht dann von „nicht-spezifischen“ Kreuzschmerzen. Nicht selten werden dann weitere Untersuchungen veranlasst – teilweise auch um Patienten nicht zu enttäuschen. Diese erhoffen sich nämlich von Röntgen, CT oder MRT eine Erklärung.

Untersuchungen haben gezeigt, dass bei jedem vierten Rückenschmerzpatienten eine bildgebende Untersuchung gemacht wird, obwohl in weniger als 1% der Fälle eine ernste Ursache zugrunde liegt, die dringend z. B. per Röntgenbild geklärt werden muss. Deshalb raten internationale und nationale Leitlinien vom routinemäßigen Einsatz bildgebender Untersuchungsverfahren ab.

Sie führen laut Studien nicht zu besseren Behandlungserfolgen. Denn auch wenn sich beim Blick ins Körperinnere eine Auffälligkeit zeigt, muss diese noch lange nicht für die Schmerzen verantwortlich sein. Auch bei Menschen ohne Rückenschmerzen lassen sich durchaus dieselben Auffälligkeiten finden, z. B. Abnutzungserscheinungen.

Was sind eigentlich Kreuzschmerzen und wie lassen sie sich behandeln? Ein Themenüberblick:

Was sind nicht-spezifische Kreuzschmerzen, welche Ursachen gibt es?

Wie werden nicht-spezifische Kreuzschmerzen diagnostiziert?

Wie lassen sich Kreuzschmerzen behandeln?

Erfahrungsberichte, Anlaufstellen und Tipps für den Alltag

Überdiagnostik birgt auch Gefahren

Röntgen, CT oder MRT können auch Auffälligkeiten ans Tageslicht bringen, die gar keine Beschwerden verursachen. Diese sogenannten Zufallsbefunde verunsichern und ziehen oft weitere Untersuchungen oder Folgebehandlungen nach sich. Schneller gesund werden die Betroffen in der Regel dadurch nicht. Im Gegenteil: Unnötige Behandlungen bürgen auch die Gefahr, mehr zu schaden als zu nutzen. So weist die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin in ihrer Leitlinie zum Schutz vor Über- und Unterversorgung bei Kreuzschmerzen darauf hin, dass intensive Diagnostik ohne klinischen Verdacht dazu führen kann, dass Betroffene in ihrer Vermutung, tatsächlich an der untersuchten Stelle an einem körperlichen Defekt zu leiden, bestärkt werden.

Dies kann eine Chronifizierung der Schmerzen fördern. Außerdem bedeutet jede Röntgen- und CT-Untersuchung für den Körper auch, dass er weitere, möglicherweise unnötige Strahlung aufnimmt. Röntgenstrahlen sind sehr energiereich und können in höheren Dosen das Erbgut der Zellen schädigen und dadurch Krebserkrankungen begünstigen.

Mit den richtigen Fragen unnötige Untersuchungen vermeiden

Verzichtet der Arzt, die Ärztin auf eine Bildgebung, heißt das nicht, dass er oder sie die Mühe scheut. Vielmehr dient dies dazu, überflüssige Untersuchungen zu vermeiden. Das Verständnis für solche Empfehlungen des Arztes wächst, wenn Behandlungswege offen besprochen werden und Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. Eine gute Vorbereitung auf das Arztgespräch kann da helfen. Die „Fünf Fragen an den Arzt“ der Stiftung Gesundheitswissen unterstützen Patienten dabei die richtigen Fragen zu stellen und die bestmögliche Behandlung zu erhalten.

1. Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Oftmals gibt es für eine Erkrankung mehrere Behandlungsmöglichkeiten. Fragen Sie nach Alternativen und besprechen Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin weitere Optionen. Im gemeinsamen Gespräch können Sie herausfinden, welche dieser Möglichkeiten für Sie am geeignetsten ist und Ihren Bedürfnissen und Wünschen am stärksten entspricht.

2. Was sind die Vor- und Nachteile dieser Möglichkeiten?

Fragen Sie nach Informationen zu Vorteilen und Nachteilen, zu Nutzen und Schaden, die mit jeder Behandlung einhergehen können. Denn je mehr Sie darüber wissen, desto besser können Sie anhand Ihrer eigenen Lebensumstände und Bedürfnisse abwägen, was Ihnen wichtig ist. Das erleichtert Ihnen die Entscheidung.

3. Wie wahrscheinlich sind die jeweiligen Vor- oder Nachteile?

Neben dem Wissen um Chancen und Risiken einer Behandlung ist es auch wichtig zu erfahren: Wie häufig treten diese auf - wie wahrscheinlich sind sie also? Lassen Sie sich auch dazu von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt aufklären. Wägen Sie im Gespräch ab, wie Sie persönlich dazu stehen und welchen Einfluss Ihr Gesundheitszustand und Ihre Lebensumstände haben können.

4. Was kann ich selbst tun?

Wie schnell Sie wieder gesundwerden, hängt auch von Ihnen ab. Fragen Sie deshalb, was Sie selbst ganz konkret tun können, um Ihre Gesundheit positiv zu beeinflussen. Auch bei vielen chronischen Erkrankungen können Sie dazu beitragen, ein Fortschreiten zu verhindern oder zu verlangsamen.

5. Was passiert, wenn ich nichts tue?

Eine Behandlung muss nicht immer sofort erfolgen. Auch Abwarten ist eine Möglichkeit. Denn einige Beschwerden verschwinden von alleine oder werden nicht besser, wenn man sie behandelt. Ein Beispiel hierfür ist die Erkältung – zwar können Schmerzmittel und Nasenspray kurzfristig Linderung der Symptome verschaffen. Aber für die Bekämpfung der Krankheitsursache gibt es keine Behandlung: die Krankheitsdauer lässt sich nicht verkürzen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt besprechen, ob Nichtstun zunächst der bessere Weg sein kann. So können Sie noch überlegen und gemeinsam die weitere Entwicklung Ihrer Beschwerden verfolgen.


Text / Foto: Stiftung Gesundheitswissen / © iStock.com/ Wavebreakmedia