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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Do., 2. Juli 2020

  1. VN-Menschenrechtsausschuss unter Druck
  2. Nachhaltigkeitsziele in Zeiten von Corona
  3. AfD gegen Rechtsstaatsmechanismus
  4. FDP will ausgeglichenen EU-Haushalt
  5. Grüne wollen 1,3 Billionen Euro-Haushalt
  6. Nationale Diabetes-Strategie gefordert
  7. EU-weite Dateninfrastruktur


01. VN-Menschenrechtsausschuss unter Druck

Menschenrechte/Ausschuss

Berlin: (hib/SAS) Unterfinanzierung und Überlastung - darunter leidet der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen als einer von zehn Fachausschüssen, die die Einhaltung internationale Menschenrechtsabkommen überwachen, bereits seit geraumer Zeit. Doch die Herausforderungen für das Gremium, das die Umsetzung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte von 1966 überprüft, sind nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie gewachsen. In einem Gespräch mit Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am Mittwochnachmittag berichtete das deutsche Mitglied im Ausschuss, der Völkerrechtler Prof. Dr. Andreas Zimmermann, dass der Ausschuss zunehmend auch politisch unter Druck stehe. "Wir bekommen Gegenwind nicht nur von Staaten, von denen wir das schon länger kennen, wie etwa der russischen Föderation, sondern auch neuerdings auch aus den USA", sagte Zimmermann, der seit 2018 Mitglied des Gremiums ist. So stellten die Vereinigten Staaten inzwischen sogar die Befugnis des Menschenrechtsausschusses in Abrede, seine Allgemeinen Erklärungen zur Auslegung des Zivilpakts abzugeben.

Auch praktische Probleme erschwerten zunehmend die Arbeit der insgesamt 18 unabhängigen und ehrenamtlich tätigen Experten: Aufgrund ungenügender Sekretariatsmittel komme der chronisch überlastete Ausschuss mit seiner Arbeit nur langsam voran. Aktuell kämpften die Mitglieder mit einem "Rückstau von 850 bis 900 Individualbeschwerden", so Zimmermann. Durchschnittlich dauere es vier bis sechs Jahre bis eine Entscheidung zu einer Individualbeschwerde gefällt werden könne, sagte der Professor unter anderem für Öffentliches Recht, Europäische Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsvölkerrecht an der Universität Potsdam. Bei der Überprüfung von Staatenberichten gehe es ähnlich langsam vorwärts. Dass der Ausschuss seine Aufgaben nicht zufriedenstellend erfüllen könne, liege aber auch an den Vertragsstaaten: Etliche kämen ihrer Pflicht nicht nach, über Fortschritte bei der Umsetzung des VN-Zivilpaktes alle vier Jahre zu berichten.

Die Corona-Pandemie jedoch habe die Arbeit der Experten nun fast völlig zum Erliegen gebracht, berichtete Zimmermann. So könne der Ausschuss nicht wie sonst zu seinen drei Mal im Jahr stattfindenden dreiwöchigen Treffen in Genf zusammenkommen. Gegenwärtig laufe das im Juli übliche Treffen zwar per Videokonferenz. "Doch anstatt sechsstündiger Sitzungen können die Vereinten Nationen uns aufgrund mangelnder technischer Möglichkeiten nur zweistündige Onlinesitzungen ermöglichen", sagte Zimmermann. Das werde dazu führen, dass der Rückstau bei der Bearbeitung von Beschwerden in diesem Jahr um weitere "100 bis 200" ansteige und dass der Ausschuss "fast gar keine Staatenberichte untersuchen" könne.

Um seiner Arbeitsbelastung besser Herr zu werden, habe der Menschenrechtsausschuss in den vergangenen Jahren angefangen, Arbeitsabläufe anders zu organisieren. So sei zum Beispiel ein Zeitplan für das Staatenberichtsverfahren gefasst worden, der festlege, in welchem Jahr welche Beitragsstaaten zu ihren Berichten vor dem Ausschuss befragt werden, erläuterte Zimmermann. Zudem sei es möglich, das Berichtsverfahren auch ohne eine solche vorherige Anhörung zu beschließen. Auch nutze man Fragekataloge für ein vereinfachtes Berichtsverfahren. Insgesamt befinde sich das gesamte Vertragsausschusssystem im Prozess der Reform, so Zimmermann. Alle Fachausschüsse seien bemüht, ihre Prozesse effizienter zu gestalten. "Aber auch da gibt es leider Widerstände bei den souveränitätsorientierten Staaten."

Um das Funktionieren des Menschenrechtsausschusses sicherzustellen, seien aber letztlich vor allem die Vertragsstaaten gefragt, betonte Zimmermann, dessen Mitgliedschaft im Ausschuss Ende 2020 endet. Er appellierte an deren Unterstützung: "Wir sind sehr auf die Vertragsparteien, darunter Deutschland, angewiesen - sei es, indem sie politischen Bestrebungen, den Ausschuss zu schwächen, entgegentreten oder im Rahmen der Vereinten Nationen für die Finanzierung Sorge tragen."



02. Nachhaltigkeitsziele in Zeiten von Corona

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/LL) Die Umsetzung nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) der Vereinten Nationen ist durch die Corona-Pandemie weltweit stark unter Druck geraten. Vielerorts fehlt es am Nötigsten. Dennoch gelte es, gerade jetzt an den 2015 vereinbarten Zielen als Kompass für eine nachhaltige Erholung und Entwicklung festzuhalten und die Krise für strukturelle Veränderungen zu nutzen, so der Tenor der Diskussion in einem öffentlichen Fachgespräch des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung am Mittwochabend zum Thema "Globaler Kontext der Corona-Pandemie und Sustainable Development Goals".

Prof. Dr. h.c. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt, Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., zeichnete ein drastisches Bild der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die SDGs und die Entwicklungszusammenarbeit. "Wir erleben gerade die schwerste soziale und ökonomische Krise im globalen Süden, die wir je gesehen haben."

Viele der SDGs seien massiv betroffen. Die gesundheitliche Grundversorgung sei in vielen Ländern, in denen es bereits zuvor strukturelle Engpässe gegeben habe, überhaupt nicht mehr gegeben. So verfüge beispielsweise Somalia über nur ein einziges Beatmungsgerät. Die Behandlung anderer Krankheiten sei massiv zurückgefahren worden. "Weil das Geld einfach nicht reicht."

"Das Recht auf Gesundheit kann so nicht bedient werden." In einem von solchen Mängeln bestimmten Kontext könne man natürlich auch keine Pandemie bekämpfen. In Slums Abstand zu halten sei fast unmöglich. Selbst einfachste Vorsorgepraktiken wie Händewaschen stelle dort ein Problem dar.

Von Land zu Land gebe es zwar große Unterschiede, aber dramatisch seien die sozialen und wirtschaftlichen Folgen überall. Die Hälfte der weltweit tätigen Arbeitnehmer sei als Tagelöhner ohne Sozialversicherung beschäftigt und verfüge über keine finanziellen Reserven. Staatliche Rettungsschirme gebe auch nicht in Entwicklungsländern. Es sei eine Katastrophe für diese Menschen, wenn sie wegen der Quarantäne nicht raus gehen dürften, sei es zur Arbeit oder zum Einkaufen. "Das Recht auf gute Arbeit kann so nicht erfüllt werden", sagte Füllkrug-Weitzel.

Dr. Adriana Neligan, Senior Economist, vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V., plädierte dafür, wirtschaftlichen Wiederaufbau und Nachhaltigkeit nicht als Gegensatz zu begreifen.

Wirtschaftliche, ökologische und soziale Nachhaltigkeit werde mittlerweile auch von den Unternehmen als Wachstumsmotor begriffen und als Chance ergriffen. Klimaschutz sei nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das werde auch den Entwicklungs- und Schwellenländern zugute kommen.

Bei der Annäherung an das Langfrist-Projekt der Klimaneutralität bis 2050 werde sich bei den Investitionen der Unternehmen in den Umwelt- und Klimaschutz durch die Corona-Krise sicher eine statistische Delle ergeben. Die Unternehmen würden aber schon jetzt auf die Entwicklung umwelt- und klimafreundlicher Produkte setzen. "Zwölf der siebzehn SDGs hängen von der Nutzung umweltverträglicher Produkte ab", sagte Neligan.

Neligan machte klar, dass die SGDs kein abgeschlossener Katalog sind, sondern beispielsweise um den Aspekt der Digitalisierung erweitert werden müssten. Die Digitalisierung müsse in sämtlichen Bereichen zur Überwindung der Krise und für nachhaltigen Wiederaufbau und Entwicklung genutzt werden - "kommt aber leider in den SDGs nicht vor". Die Krise werde zu einem "Digitalisierungs-Schub" führen, den es als Chance zu begreifen und für die Nachhaltigkeit zu nutzen gelte.

Nachhaltigkeit, wie in den sozialen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen beschrieben, sei aber Teil unserer Wirtschaftskultur. Daran müsse man als Kompass auch während und nach der Corona-Krise festhalten. Auch im Konjunkturpaket der Bundesregierung seien "nachhaltige Aspekte ganz stark verankert".

Und nun habe Deutschland auch noch die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union inne, mit der sie Schwerpunkte beispielsweise bei den Themen Klimaschutz und Digitalisierung setzen und auf diesen Feldern mit Ländern in Europa und darüber hinaus die Entwicklung vorantrieben könne. Unsere globale Verantwortung gebiete es, auch für andere Länder Wege zu finden, ressourcenschonend und energieeffizient zu wirtschaften.



03. AfD gegen Rechtsstaatsmechanismus

Europa/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung soll sich dafür einsetzen, dass bei den Verhandlungen über den künftigen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU keine Änderung des Rechtsstaatsmechanismus vorgenommen beziehungsweise die Rechtsstaatlichkeit nicht mit den Mittelauszahlungen aus dem EU-Haushalt verknüpft wird. Der neue MFR sehe die Konditionalität der Finanzierung vor, damit die Kommission bestimmen könne, welche Staaten "gute" seien und welche Staaten von der EU-Kommission hinsichtlich der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien überwacht werden sollten, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19/20570), über den der Bundestag heute Abend zusammen mit weiteren Anträgen von FDP und Bündnis 90/Die Grünen erstmals debattiert. Dieser "neokolonialistische Politikansatz" werde bisher von der Mehrheit der Mitgliedstaaten abgelehnt. Die Bundesregierung solle daher bei den anstehenden Verhandlungen auf die Rücknahme des von der EU-Kommission vorgelegten Verordnungsentwurfs bestehen.



04. FDP will ausgeglichenen EU-Haushalt

Europa/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Der Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU von 2021 bis 2027 soll nach dem Willen der FDP-Fraktion streng an den Prinzipien des Europäischen Mehrwerts und der Subsidiarität ausgerichtet sein. Außerdem müsse er weiterhin an dem Prinzip eines stets ausgeglichenen Haushalts der EU festhalten und keine neuen Eigenmittel einführen, fordern die Abgeordneten in einem Antrag (19/20580), über den der Bundestag heute Abend zusammen mit weiteren Anträgen von AfD und Bündnis 90/Die Grünen erstmals debattiert.

Der MFR müsse außerdem Regelungen enthalten, die die Auszahlung von Geldern an die Existenz rechtsstaatlicher Strukturen in den Mitgliedstaaten und die Umsetzung der europäischen Regeln für nationale Haushalte sowie die Durchführung von wettbewerbsfähigkeitssteigernden Strukturreformen knüpft. Außerdem fordert die FDP mehr Investitionen in die Bereiche Bildung und Forschung, Digitales und Infrastruktur sowie Unternehmertum.



05. Grüne wollen 1,3 Billionen Euro-Haushalt

Europa/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung soll sich nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft für einen EU-Haushalt 2021-2027 einsetzen, "der mit seinen Aufgaben wächst". Notwendig sei eine Ausstattung in Höhe von 1,3 Billionen Euro, um wichtige Investitionen für Innovationen für die sozial-ökologische Wende, eine gemeinsame internationale Politik, Wohlstand, einen langfristigen und nachhaltigen Weg aus der Krise, kulturellen Austausch, Forschung und Rechtsstaatlichkeit auch finanziell zu ermöglichen, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19/20564), über den der Bundestag heute Abend zusammen mit weiteren Anträgen von AfD und FDP erstmals debattiert.

Zusätzlich solle sich die Bundesregierung für ein Wiederaufbauprogramm ("NextGenerationEU") stark machen, das im EU-Haushalt verankert werden und Menschen, Organisationen und Unternehmen in besonders von der Corona-Pandemie betroffenen Staaten und Sektoren unterstützen soll. Um Lehren aus der Corona-Krise und der letzten Finanzkrise zu ziehen und die EU künftig besser vor asymmetrischen oder symmetrischen ökonomischen Schocks zu schützen, müsse zudem ab 2025 ein zusätzliches Instrument zur Stabilisierung in einer effektiven makroökonomischen Größenordnung im neuen Mehrjährigen Finanzrahmen verankert werden, fordern die Grünen.



06. Nationale Diabetes-Strategie gefordert

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD fordern eine nationale Diabetes-Strategie, um die weitere Ausbreitung der gefährlichen Stoffwechselerkrankung zu verhindern. Aufgrund seiner Häufigkeit und der diabetisch bedingten Folge- und Begleiterkrankungen entstünden für das Gesundheitswesen hohe Anforderungen und Krankheitskosten, heißt es in einem Antrag (19/20619) der Fraktion.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die nationale Diabetes-Strategie zügig zu initiieren und die Einzelmaßnahmen strategisch zu bündeln. Die Bekämpfung der Krankheit müsse dabei als ressortübergreifende Aufgabe verstanden werden. Vorbeugung und Früherkennung müssten ausgebaut werden.

Zudem gelte es, die Information und Aufklärung über Diabetes zu verbessern und die Diabetes-Forschung auszubauen. Auch müssten eine gesunde Ernährung und mehr Bewegung gefördert werden.

In Deutschland leiden den Angaben zufolge rund sieben Millionen Menschen an Diabetes, die meisten an Typ-2, bei dem eine Insulinresistenz im Vordergrund steht. Weltweit wird die Zahl der Diabetes-Kranken auf rund 425 Millionen geschätzt. Neben der genetischen Veranlagung gehören Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung und daraus resultierendes Übergewicht zu den Risikofaktoren.



07. EU-weite Dateninfrastruktur

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PEZ) Die FDP-Fraktion fragt nach den Entwicklungen beim geplanten europäischen Dateninfrastrukturprojekt GAIA-X. In einer Kleinen Anfrage (19/20295) geht es dabei um verschiedene Strategien und deren Hintergründe sowie mögliche Konkurrenzen zu anderen Systemen.