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Bundesärztekammer: Präzisionsmedizin – Wunderwaffe oder Kostenfalle?

Dienstag, den 2. Juni 2020

Berlin - Welche Chancen und Risiken birgt die Präzisionsmedizin? Diese Frage beantwortet die Bundesärztekammer (BÄK) in der von ihrem Wissenschaftlichen Beirat erarbeiteten Stellungnahme „Präzisionsmedizin – Bewertung unter medizinisch-wissenschaftlichen und ökonomischen Gesichtspunkten“.

Die Präzisionsmedizin, die auch als individualisierte oder personalisierte Medizin bekannt ist, weckt Hoffnung auf neue Behandlungs- und Heilungsmöglichkeiten. Nicht zuletzt in der Onkologie konnte der Einsatz von molekularen, genetischen und proteomischen Biomarkern des einzelnen Patienten bemerkenswerte therapeutische Erfolge erzielen. Dem gegenüber stehen die Sorge vor einer mangelnden Evidenzbasierung aufgrund geringer Fallzahlen und die Kritik an den hohen Therapiekosten.

„Wir müssen uns immer wieder neu die Frage stellen, wie die Versorgungsqualität mit Hilfe des medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritts weiterentwickelt werden kann, ohne das Gesundheitssystem finanziell zu überfordern. Die vorliegende Stellungnahme ist ein wichtiger Beitrag zu dieser Debatte. Und sie sollte nicht allein in Fachkreisen geführt werden“, sagte BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt (Foto).

Verfasst wurde die Stellungnahme im Auftrag des Vorstands der BÄK von einem Arbeitskreis des Wissenschaftlichen Beirats unter der gemeinsamen Federführung von Prof. Dr. med. Dr. h. c. Manfred Dietel und Prof. Dr. rer. nat. Heyo Kroemer. Sie verdeutlicht anhand erfolgreicher Behandlungsbeispiele in der Onkologie, Infektiologie, Pneumologie und Neuropädiatrie die aktuellen Entwicklungen und zeigt zukünftige Potenziale auf. Zudem geht sie auf die Befürchtung ein, dass aufgrund der teilweise geringen Fallzahlen wissenschaftliche Evidenzstandards unterlaufen werden könnten. Prof. Dr. Dr. Peter Scriba, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der BÄK, stellt klar: „Vor dem Einsatz in der klinischen Routine ist der Nachweis des Nutzen- und Schadenspotenzials von Verfahren und Arzneimitteln der Präzisionsmedizin durch belastbare klinische Studien, idealerweise prospektiv randomisierte Studien, erforderlich.“

Die Sorge vor den hohen Behandlungskosten teilen die Experten indes nicht. „Zumindest aktuell scheinen die mit der Präzisionsmedizin verbundenen Kosten die Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems nicht in Frage zu stellen“, schreiben sie in der Stellungnahme. Trotzdem sei es notwendig, Einsparmöglichkeiten zu nutzen. Denkbar seien beispielsweise am Anwendungsnutzen orientierte Arzneimittelpreise. Zudem verweisen sie auf die unterschiedliche zeitliche Dynamik von Kosten und Einsparungen: „Während Behandlungskosten in der Regel direkt anfallen, treten Einsparungen durch vermiedene Erkrankungsfolgen oder vermiedene Behandlungen häufig erst nach Jahren ein.“

Stellungnahme "Präzisionsmedizin: Bewertung unter medizinisch-wissenschaftlichen und ökonomischen Gesichtspunkten"