DDG,
BVND, VDBD und diabetesDE begrüßen erste Regelungen zur Videoschulung für die
Zeit der Covid-19-Pandemie
Menschen
mit Diabetes stellen unter bestimmten Umständen eine Risikogruppe für Covid-19
dar. Erste Studien geben Hinweise darauf, dass eine Covid-19-Erkrankung bei
Diabetes einen ungünstigeren Verlauf nehmen kann. Ein prinzipiell veränderbarer
Risikofaktor betrifft erhöhte Glukosewerte, die das Immunsystem schwächen.
Um
Patientinnen und Patienten bei der Umsetzung der Therapie mit dem Ziel einer
besseren Glukoseeinstellung zu unterstützen, gibt es in den KV-Bezirken
Nordrhein, Westfalen-Lippe, Niedersachsen und mit Einschränkungen in
Rheinland-Pfalz Ausnahmeregelungen für eine Videoschulung statt der üblichen
Präsenzgruppenschulung. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), der
Bundesverband Niedergelassener Diabetologen (BVND), der Verband der Diabetes
Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD) und diabetesDE – Deutsche
Diabetes-Hilfe begrüßen dies und fordern neben bundeseinheitlichen Regelungen
auch einen dringlichen Ausbau der dafür erforderlichen flächendeckenden
Infrastruktur.
Viele
Diabetespatientinnen und -patienten gehören zur Risikogruppe für eine Covid-19
Erkrankung. Daher hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mit Wirkung vom 8.
April 2020 die Ausnahmeregelung für Schulungen und Dokumentationen im Rahmen
von Disease-Management-Programmen (DMP) beschlossen, um ein mögliches
Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus zu minimieren und Arztpraxen zu
entlasten. Sie besagt, dass Schulungen, die in DMP eigentlich verpflichtend
sind, für 2020 ausgesetzt werden können. Die DDG, der BVND, VDBD und diabetesDE
– Deutsche Diabetes-Hilfe begrüßen diese Ausnahmeregelung.
Allerdings
benötigen Patienten, die erhöhte Glukosewerte aufweisen, neu an Diabetes
erkrankt sind oder Akut- oder Folgeerkrankungen aufweisen, weiterhin
Unterstützung in Form von Diabetesschulungen. „Die Diabetesschulung ist eine
der zentralen Säulen einer erfolgreichen Diabetestherapie, denn sie hilft den
Betroffenen ihre Therapie im Alltag eigenverantwortlich umzusetzen. Diabetes
erfordert ein hohes Maß an Selbstmanagement- und Problemlösefertigkeiten und
hierbei benötigen Diabetespatienten professionelle Unterstützung durch eine
strukturierte Schulung“, erklärt Dr. med. Nicola Haller, Vorsitzende des VDBD.
Es liegt nun im gemeinsamen Ermessen von Patienten und Arzt, nach Einschätzung
der individuellen Ansteckungsgefahr zu entscheiden, ob und in welcher Form eine
Schulung durchgeführt werden soll.
Diabetesschulungen
per Video könnten eine Lösung während der Covid-19-Pandemie darstellen. Bei den
im Rahmen der DMP-Diabetes anerkannten strukturierten Schulungs- und
Behandlungsprogrammen handelt es sich um evaluierte Einheiten mit
entsprechenden Curricula, in denen die Ziele und Methodik der Schulung
beschrieben sind. Zudem gewährleisten strukturierte Materialien die
Schulungsqualität für alle Beteiligten. Inhalte auf dieser Basis können auch
per Videoschulung gemeinsam mit den Patienten interaktiv erarbeitet werden,
soweit es sich um reine Wissensvermittlung handelt.
„Die
Diabetologie befindet sich in einem digitalen Transformationsprozess. Daher ist
es sinnvoll bereits erworbene digitale Strukturen während der jetzigen
Covid-19-Pandemie zu nutzen und Videoschulungen auch zugunsten einer geringeren
Ansteckungsgefahr für Patienten anzubieten“, so Professor Dr. med. Dirk
Müller-Wieland, Vorsitzender des „Ausschusses Schulung und Weiterbildung“ der
DDG.
Auch
für Dr. med. Nicolaus Scheper, Vorsitzenden des BVND, stellt die Videoschulung
mit den DMP-anerkannten Schulungs- und Behandlungsprogrammen eine wichtige
Behandlungsoption für Diabetespatienten in dieser Zeit dar. Allerdings betont
er, dass sie nur für diese evaluierten Programme gelten müssten, da im Zuge des
Coronavirus nicht die hohen Standards der Diabetesschulung aufgegeben werden
sollten. „Mit den zugelassenen DMP-Programmen ist eine Videoschulung im Rahmen
von Wissensvermittlung sinnvoll. Allerdings erreichen wir unter anderem auf
Grund schlechter Infrastrukturvoraussetzungen damit nur einen Teil unserer
Patienten“. Außerdem betont er, dass bei Einhaltung der allgemeinen
Hygieneregeln die Schulungen von Diabetespatienten natürlich auch weiterhin in
den anerkannten diabetologischen Einrichtungen stattfinden können.
Mittlerweile
gibt es erste Vereinbarungen in einigen KV-Bezirken, wie Nordrhein,
Westfalen-Lippe, Niedersachsen und mit Einschränkungen in Rheinland-Pfalz, die
übergangsweise die Videoschulung für die Zeit der Corona-Krise genehmigen und
auch honorieren. „Die DDG begrüßt diese Initiativen im Sinne der Patienten und
fordert die anderen KV-Bezirke auf, ebenfalls Übergangsregelungen für Diabetespatienten
zu verabschieden.
Denn
wir dürfen Menschen mit Diabetes nicht mit ihren Fragen, Ängsten und Sorgen
allein lassen“, so Professor Dr. med. Monika Kellerer, Präsidentin der DDG.
Auch für Dr. med. Jens Kröger, niedergelassener Diabetologe in Hamburg-Bergedorf
und Vorstandsvorsitzender von diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe ist die
Unterstützung für Patienten wichtig: „Schulungen sind ein bedeutender
integraler Bestandteil einer Diabetestherapie. Daher sollten Patientinnen und
Patienten aktuell die Möglichkeit haben, jetzt an evaluierten und genehmigten
DMP-Schulungen per Video teilzunehmen. Es ist erstaunlich, wie viele Patienten
diesem Angebot positiv gegenüberstehen“.
Einig
sind sich die Verbände, dass strukturierte Schulungsangebote für Patienten mit
Diabetes mellitus unbedingt vorgehalten werden müssen. „Wenn Diabetespatienten
aus Sorge vor einer Ansteckungsgefahr nicht zur Diabetesschulung in die Praxis
kommen, dann sollten wir Angebote unterstützen, die die Schulung nach
DDG-Standard zum Patienten nach Hause bringt“, fordert Kröger. „Die
Videoschulung bietet diese Möglichkeit und sollte daher in der jetzigen
Situation unbedingt flächendeckend in Deutschland angeboten werden“. Für die
Zukunft könnten sich die Verbände ein gemeinsam erarbeitetes Parallelangebot
von Präsenz- und Videoschulungen in der Diabetologie gut vorstellen.
Text
/ Foto: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) / © Shutterstock