header-placeholder


image header
image
dalbert

Magdeburg / ST: Offener Brief an die Präsidentin der Europäischen Kommission

Mittwoch, den 29. April 2020

„Frau Präsidentin, setzen Sie den European Green Deal zeitnah und konsequent um!“

Magdeburg. Die bündnisgrünen Umweltministerinnen und -minister der Länder haben sich heute mit einem offenen Brief an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gewandt. Es geht darum, die Wirtschaft in Europa in Zukunft nachhaltig zu gestalten und den European Green Deal umzusetzen. Dabei stehen Dekarbonisierung, der Erhalt der Artenvielfalt und eine nachhaltige Landwirtschaft im Mittelpunkt. 

Sachsen-Anhalts Umweltministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert (Foto) sagte dazu heute:

 „Lassen Sie uns die Krise als Chance begreifen. Aus Krisen erwachsen Innovationen. Es eröffnen sich jetzt viele Möglichkeiten, unser Handeln und Wirtschaften so anzupassen, dass wir das Artensterben stoppen und die Klimakrise bewältigen können.“

Der Brief im Wortlaut:

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Frau von der Leyen,

die Pandemie COVID-19 stellt uns vor große Herausforderungen. Wir begrüßen Ihren Aufruf zur Solidarität und europäischen Zusammenarbeit und Ihr Bekenntnis, unsere Volkswirtschaften nachhaltiger und widerstandsfähiger zu gestalten, um auf zukünftige Krisen besser vorbereitet zu sein.

Wir unterstützen den Aufruf der UmweltministerInnen aus 17 EU-Mitgliedsstaaten, bei der Planung der wirtschaftlichen Wiederbelebungsmaßnahmen den European Green Deal in den Mittelpunkt zu stellen. Dieser beschreibt eine grüne Wachstumsstrategie, die es ermöglicht, die Wirtschaft anzuregen und gleichzeitig Arbeitsplätze zu schaffen sowie die grüne Transformation effektiv voranzutreiben. Wir sind überzeugt, dass der Versuchung widerstanden werden muss, schwierige Transformationsprozesse angesichts der Krise auf die lange Bank zu schieben.

Selbstverständlich müssen politische Vorhaben und Prioritäten in der aktuellen Situation neu bewertet und unter Umständen angepasst werden. Dies ist auch auf regionaler Ebene der Fall.

Allerdings erfüllen uns Meldungen mit Sorge, dass die EU-Kommission erwägt, einige wichtige Initiativen des European Green Deals, wie beispielsweise die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, zu verschieben.

Insbesondere in der aktuellen Krise werden uns die Schwächen unserer bisherigen Landwirtschaftspolitik vor Augen geführt. Lange Transportwege für landwirtschaftliche Produkte führen zu Problemen an innereuropäischen Grenzen und bedrohen so die Versorgungssicherheit. Gleichzeitig müssen große Mengen von Agrarprodukten zu hohen Kosten eingelagert werden nachdem externe Märkte wegbrachen. Daher müssen wir jetzt die Debatte über eine nachhaltigere Landwirtschaft sowie regionale Vermarktungsstrukturen für unsere landwirtschaftlichen Produkte führen und Lösungen finden. 

Vor dem Hintergrund, dass die Beratungen für die Gemeinsame Agrarpolitik und den Mehrjährigen Finanzrahmen an Fahrt aufnehmen, halten wir es für geboten, diese Initiative aus dem Green Deal schnellstmöglich zu beraten. Die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ muss in die Verhandlungen einfließen, damit die dringend notwendige Neuausrichtung auf eine nachhaltigere und widerstandsfähigere Landwirtschaft in Europa nicht für Jahre durch bereits getroffene Festlegungen behindert wird.

Auch die Biodiversitätsstrategie ist eng verknüpft mit dem Erfordernis einer nachhaltigeren Landwirtschaft, die u.a. den Eintrag von Pestiziden und Düngemitteln in die Umwelt reduziert. Hier bedarf es eines Zeitplans, der nicht abgekoppelt werden kann von den Verhandlungen zur zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik.

Wir sind überzeugt, dass eine nachhaltige Landwirtschaftspolitik zum Wohl von Bäuerinnen und Bauern, Tieren und der Umwelt ein zentraler Grundstein für den wirtschaftlichen Aufschwung ist.

Die Bemühungen der europäischen Kommission bei Amtsantritt die Umweltpolitik in den Vordergrund zu stellen, begrüßen wir ausdrücklich. Wir halten es für wichtig, hier nicht nachzulassen. Die Herausforderungen bleiben bestehen und werden nicht geringer. Insbesondere in den Bemühungen, die wirtschaftlichen Folgen der Krise zu bewältigen, darf die Klimakrise nicht aus den Augen verloren werden. 

Das Ziel der Dekarbonisierung sollte unserer Wirtschaft dabei die Richtung weisen. Wir dürfen nicht unter dem Druck der COVID-19-Krise Wege einschlagen, die weitere Krisen begünstigen. Das Ambitionslevel des European Green Deals muss beibehalten werden. Daher ist es richtig, dass die Kommission am Zeitplan zur Erhöhung der Klimaziele für das Jahr 2030 festhält. Das ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Auf Basis der dargelegten Überlegungen sprechen wir uns dringend dafür aus, den Green Deal zeitnah und konsequent umzusetzen. Hier wird die Grundlage für eine gesunde Umwelt und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in einem Europa nach der Corona-Krise gelegt. Entscheidungen zum Wohle unserer Umwelt, der nachhaltigen Landwirtschaft und des Klimas kommen uns allen zu Gute.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Priska Hinz                 Prof. Dr. Claudia Dalbert       Axel Vogel     

Jan Philipp Albrecht   Dr. Dirk Behrendt                   Dr. Maike Schaefer              

Ulrike Höfken            Wolfram Günther                   Anja Siegesmund       Franz Untersteller