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Gruendung 01 c Felix Paulin

Magdeburg / ST: Veranstaltungsbranche stemmt sich gegen Corona-Exodus

Montag, den 27. April 2020

„Initiative Veranstaltungswirtschaft“ für Sachsen-Anhalt in Magdeburg gegründet / Unternehmen fordern Fahrplan für Rückkehr ins Veranstaltungsleben

Von Christian Schulze

Die Corona-Krise bedroht die Existenz zahlreicher Unternehmen der Veranstaltungsbranche und könnte zu einem Ausbluten des kulturellen Lebens und damit eines ganzen Wirtschaftszweiges mit Tausenden Arbeitsplätzen im Land führen. Um das zu verhindern, haben Eventprofis und Veranstaltungsunternehmen in Magdeburg die „Initiative Veranstaltungswirtschaft“ für Sachsen-Anhalt gegründet.

Der lose Zusammenschluss aus Betreibern von Veranstaltungsstätten, Veranstaltungsagenturen, Schaustellern sowie Dienstleistern wie Cateringunternehmen, Security- und Technikfirmen fordert von der Politik rasch einen konkreten Fahrplan, wann und wie das Veranstaltungsleben im Land schrittweise wieder aufgenommen werden kann. Ihr Ziel: Ein sanfter Wiedereinstieg zunächst mit kleineren Veranstaltungen unter entsprechenden Hygieneregeln, um Künstlern, Agenturen und Dienstleistern das Überleben zu sichern.

Regionalwirtschaft in Gefahr

„Die Unternehmen benötigen dringend eine Perspektive und belastbare Fakten, damit der Corona-Kollaps nicht zum Sterben von Kultur und Unternehmen und damit zu einem nachhaltigen Schaden für unser Land führt. Entertainment-Veranstaltungen sind anerkanntermaßen ein wesentlicher Treiber für regionalwirtschaftliche Effekte, deren Umfang häufig ein Mehrfaches der eigentlichen Veranstaltungsumsätze beträgt. Weitere Tausende Jobs in nachgelagerten Bereichen wie Gastronomie, Hotellerie, Transport, Vermarktung und Tourismus wären in Gefahr. Wir haben deshalb bereits konkrete praxisnahe Vorschläge erarbeitet und an das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung übergeben“, so Steffen Schüller, Geschäftsführer der Messe- und Veranstaltungsgesellschaft Magdeburg (MVGM) als größter Location-Betreiber in der Landeshauptstadt und einer der Initiatoren.

Zu ihnen gehören auch Daniel Ziegler (Mekka Veranstaltungslogistik und Security), Mirko Stage (Kultur Szene Magdeburg e.V.), Ralf Haase (Magdeburger Schaustellerverein), Holger Salmen (First Contact Eventagentur), Martin Hummelt (Agentur Fresh Pepper), Christian Szibor (Festung Mark), Jens Burkart (Magdeburger Gastro Conzept), Christian Legler (Studio D4) und Paul-Gerhard Stieger (Weihnachtsmarkt Magdeburg).

Klare Regeln zur Rückkehr ins Veranstaltungsgeschäft

Mit der aktuellen Landesverordnung zur Eindämmung des Corona-Virus wurden grundsätzlich jegliche Veranstaltungen bis zum 3. Mai verboten. Gleichzeitig wurden alle Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Besuchern bis zum 31. August dieses Jahres untersagt. Am 30. April soll nach Beratungen auf Bundes- und Landesebene entschieden werden, ob das generelle Veranstaltungsverbot ab dem 4. Mai gelockert werden kann.

Die Unternehmen erwarten klare Fakten: „Auch wenn wir nachvollziehen können, dass in der aktuellen Situation in Politik und Behörden Unsicherheit über die weitere Entwicklung besteht, so benötigt die Veranstaltungswirtschaft zeitnah eine Regelung, unter welchen Voraussetzungen Events aktuell und zukünftig überhaupt stattfinden können“, so Holger Salmen. „Andernfalls werden in Sachsen-Anhalt aufgrund der Unsicherheiten bis ins nächste Jahr hinein gar keine Veranstaltungen stattfinden, da Termine langfristig abgesagt werden“, ergänzt er. Bereits jetzt gingen die Schäden im Veranstaltungs- und Messegeschäft bundesweit in die Milliarden, die angeschlossenen Branchen fürchten ebenso ums Überleben.

Abstandsgebot für Veranstaltungen nicht praktikabel

Die Initiative hat eine Checkliste entwickelt, mit der, je nach weiterer Entwicklung der Pandemie, für jede einzelne Veranstaltung die Durchführbarkeit geprüft werden kann. Kriterien wären aus Sicht der Unternehmen neben der Besucherzahl, dem Ort und der Dauer der Veranstaltung, ob Besucher regional oder überregional anreisen und ob wirksame Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus getroffen werden können. „Der Mundschutz ist hier genauso wie in öffentlichen Verkehrsmitteln ein adäquates Kompensationsmittel für die 1,50-Meter-Abstandsregel. Diese Abstandsregel ist für Veranstaltungen schlicht nicht praktikabel und führt wegen fehlender Wirtschaftlichkeit zu Absagen“, erklärt Schausteller Ralf Haase.

Weiterhin fordert die Initiative eine stärkere finanzielle Unterstützung der Branche. „Die bisherigen Angebote der Bundes- und Landesregierung kommen in der Branche kaum an“, betont MVGM-Chef Schüller: „Die gewährten kurzfristigen Hilfen für Firmen bis 50 Mitarbeiter waren für drei Monate ausgelegt. Bereits heute ist absehbar, dass die Krise die Branche bis ins nächste Jahr beeinträchtigen wird.“

Kredite für die Branche nicht sinnvoll

Kredite seien zudem für die Branche nicht sinnvoll, da auch die perspektivischen Erlöse zu gering seien, um diese zu tilgen. „Wir können unsere Produkte ja nicht auf Lager legen und dann eben später verkaufen, sondern nur ,live‘ produzieren. Die jetzigen Verluste sind nicht nach der Krise einfach wieder reinzuholen“, macht Daniel Ziegler, Inhaber der Mekka Veranstaltungslogistik, deutlich. „Eine mögliche Reduzierung der Umsatzsteuer auf Speisen für die Gastronomie befürworten wir ausdrücklich. Sie sollte jedoch auch für Getränke und Eintrittsgelder gelten“, ergänzt er.

Die „Initiative Veranstaltungswirtschaft“ möchte weitere Treffen mit der Landespolitik organisieren, um gemeinsam das weitere Vorgehen zu beraten. „Unser Eindruck ist: Die Politik nimmt die Initiative dankbar an“, freut sich Holger Salmen. Ein Zusammenschluss der Branche in Sachsen-Anhalt sei der richtige Weg, um sich Gehör zu verschaffen und die Bedeutung des Veranstaltungsgeschäfts für das Land hervorzuheben.

Foto: „Initiative Veranstaltungswirtschaft“ für Sachsen-Anhalt in Magdeburg gegründet . © Felix Paulin