Samstag, den 25. April 2020
Workers’ Memorial Day am 28. April | 2.100 Bau-Unfälle in Sachsen-Anhalt
Sturz von der Leiter, Ausrutscher mit der Motorsäge, Hantieren mit Asbest: Wer in
Magdeburg auf dem Bau oder in der Landwirtschaft arbeitet, hat ein besonders
hohes Risiko, im Job einen Unfall zu haben oder krank zu werden. Darauf weist die
Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) zum Internationalen Workers’
Memorial Day am 28. April hin – und ruft Beschäftigte in der Stadt zu einer
Gedenkminute auf. „Ob im Home-Office oder auf der Baustelle: Um 12 Uhr sollte
am Dienstag jeder kurz die Arbeit beiseitelegen und an die Menschen denken, die
im Job tödlich verunglückt oder berufsunfähig geworden sind“, so IG BAU Bezirksvorsitzende Elke Bobles.
Die IG BAU Altmark-Börde-Harz fordert zugleich stärkere Anstrengungen beim
Arbeitsschutz. „Jeder Unfall ist einer zu viel. Die Arbeitssicherheit ist keine lästige
Pflicht, sondern ein Muss. Daran darf der Chef keinen Cent sparen“, sagt Bobles. In
Zeiten von Corona sei dies wichtiger denn je. In der Gebäudereinigung müssten
Beschäftigte besonders vor Ansteckungen geschützt werden. Hier seien
ausreichend Desinfektionsmittel und Zeit für das gründliche Reinigen nötig.
„Auf dem Bau haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Abstands- und
Hygieneregeln eingehalten werden. Der Mindestabstand von 1,5 Metern – besser
gleich eine ganze Zollstocklänge von zwei Metern – ist entscheidend“, betont
Bobles. Außerdem müsse es genug Masken und Schutzhandschuhe geben,
ebenso wie Toiletten mit Wasseranschluss zum Händewaschen.
Allerdings gehe auf vielen Baustellen Schnelligkeit allzu oft vor Sicherheit. Nach
Angaben der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) kam es in der
Branche im vergangenen Jahr zu rund 2.100 Arbeitsunfällen in Sachsen-Anhalt –
zwei davon mit tödlichem Ende.
Schwerpunkt des Workers’ Memorial Day ist in diesem Jahr Asbest. „Ob in der alten
Fassade, im Nachtspeicherofen oder im Schuppendach – Asbest ist oft versteckt.
Gerade bei Sanierungen alter Gebäude kommt der giftige Stoff dann zum
Vorschein. Das ist eine unsichtbare Gefahr für Handwerker“, so Bobles.
Wie bei Corona sei auch beim Thema Asbest das Tragen einer Atemschutzmaske
unabdingbar. Wer den Stoff heute einatme, könne viele Jahre später Lungenkrebs
bekommen, warnt die Gewerkschafterin. 68 Neuerkrankungen im Zusammenhang
mit Asbest gab es in Sachsen-Anhalt allein im Jahr 2018. Das geht aus Zahlen der
Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung hervor. Innerhalb von zehn Jahren
erkrankten im Bundesland rund 900 Menschen durch den Gefahrstoff.
Der Workers’ Memorial Day fand erstmals 1984 in Kanada statt: Die Gewerkschaft
für Angestellte im öffentlichen Dienst rief damals dazu auf, der im Arbeitsleben
verstorbenen Mitarbeiter zu gedenken. Seit 1989 wird der Gedenktag weltweit
begangen.
Foto: Ein Helm kann auf der Baustelle Leben retten. Doch oft kommt die Sicherheit im Job zu
kurz, kritisiert die IG BAU. © IG BAU