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SAN Heute

Große Sorgen um den Wald / Klöckner, Haseloff und Dalbert im Gespräch

Mittwoch, den 22. April 2020

Ursprünglich war ein Besuch von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in Sachsen-Anhalt geplant. Gemeinsam mit Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und Sachsen-Anhalts Umweltministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert wollte Klöckner sich vor Ort ein Bild vom Zustand der Wälder machen. Sachsen-Anhalt hat im Bundesvergleich sehr hohe Waldschäden durch die Stürme und die Trockenheit seit Januar 2018. Es wird von knapp zehn Millionen Festmeter Schadholz im Land aus den Jahren 2018 und 2019 ausgegangen. Weitere circa 2,8 Millionen werden in diesem Jahr erwartet.

Der Termin fand aufgrund der aktuellen Situation als Videoschalte statt. Es bestand Konsens, dass Stürme und Trockenheit die Entwicklung der Schadinsekten wie dem Borkenkäfer und von Pilzen als Schwächeparasiten begünstigt haben. „Auch jetzt sind die Böden im Land weiterhin ausgetrocknet, es fehlt der Niederschlag. Den Bäumen fehlt die Kraft, gegen die schon fliegenden Borkenkäfer anzukämpfen. Unser Wald ist das erste Opfer der Klimakrise“, stellte Ministerin Dalbert fest. Es sei jetzt zwingend, die Wälder klimastabil aufzubauen: Mischwälder mit Waldrändern, verschiedene Baumarten auf einer Fläche, angepasst an den jeweiligen Standort. „Die Wissenschaft liefert uns dazu wertvolle Erkenntnisse, die wir nun gemeinsam umsetzen müssen. Dabei wird niemand allein gelassen: Wir beraten und unterstützen die Waldbesitzenden und fördern die Beräumung der Wälder und den Waldumbau mit über 20 Millionen Euro im Jahr“, so Dalbert.

„Der Holzmarkt ist in schwierigem Fahrwasser“, stellte der Ministerpräsident fest. „In Sachsen-Anhalt arbeiten die Holzverarbeiter noch unter Volllast, aber in anderen Bundesländern sieht es schon schlechter aus. Einige Absatzmärkte wie Holzbau und Baumärkte sind eingebrochen. Exporte außerhalb der EU sind zum Erliegen gekommen. Damit haben die Waldbesitzer noch größere Schwierigkeiten, ihr Holz zu einem angemessenen Preis zu verkaufen.“ Und er ergänzte mit Blick auf Sachsen-Anhalt: „Unser Land ist besonders hart getroffen: Der Rückgang an Niederschlägen im Jahr 2019 beträgt mit 475 Litern je Quadratmeter über 13 Prozent gegenüber dem langjährigen Mittel von 547 Litern je Quadratmeter. Die Waldschäden sind im Bundesvergleich hoch, wir gehören zu den fünf am stärksten betroffenen Bundesländern. Da wir mit 26 Prozent über vergleichsweise wenig Waldflächenanteil verfügen, erhalten wir in Relation zu wenige Fördermittel des Bundes. Hier sind Korrekturen nötig.“

Bundesministerin Julia Klöckner wies auf die andauernde Trockenheit, die hohe Waldbrandgefahr in vielen Teilen Deutschlands und die Probleme, die der ausschwärmende Borkenkäfer zunehmend bereitet, hin: „Wir beobachten die Situation sehr aufmerksam, denn ein weiteres Dürre-Jahr würde dem Wald enorm zusetzen. Bereits jetzt sind viele Frühjahrspflanzungen vertrocknet und die Wiederbewaldung muss auf den Herbst verschoben werden.  Wir brauchen den Wald – als Erholungsort, Wirtschaftsfaktor und vor allem Klimaschützer. Deshalb stehen wir an der Seite unserer Land- und Forstwirtschaft und nehmen ihre Sorgen und Befürchtungen sehr ernst. In diesem Jahr stellt allein der Bund 98 Millionen Euro für die Schadensbewältigung sowie 40 Millionen Euro für die Anpassung der Wälder an den Klimawandel bereit. Dieses Geld kann für die Räumung von Flächen, die Wiederbewaldung sowie für Waldschutzmaßnahmen, etwa gegen die Ausbreitung des Borkenkäfers eingesetzt werden. Darüber hinaus können die Länder auch Maßnahmen gegen die drohende Waldbrandgefahr finanzieren. Mit all unseren Bemühungen wollen wir Stabilität gewährleisten und Rahmenbedingungen schaffen, mit denen die Land- und Forstwirtschaft Waldbesitzer durch diese herausfordernde Situation kommt.“

Haseloff und Dalbert baten die Bundesministerin, die vom Bund bereitgestellten Fördermittel zur Beräumung der Wälder und der Aufarbeitung des Schadholzes auch für den landeseigenen Wald zur Verfügung zu stellen. Weiterhin sei eine Umverteilung der jedem Bundesland zugeteilten Fördermittel nötig, wenn sich abzeichnet, dass wesentliche Mehr- und Minderbedarfe in den Ländern bestehen. Klöckner wies darauf hin, dass die Möglichkeit zur Umverteilung der Mittel zu Mitte 2020 bereits jetzt beschlossen wurde, versprach aber, sich dafür einzusetzen, dass die von den Waldschäden besonders betroffenen Länder im Rahmen dieser Umschichtung entsprechend berücksichtigt werden.

Darüber hinaus wurde Klöckner gebeten, sich beim Bundesverkehrsministerium dafür einzusetzen, dass es wieder eine Ausnahme vom Kabotageverbot für Holztransporte gibt. Sie hat zugesagt, das zu unterstützen. Nur so könne eine zügige Beräumung der Wälder hierzulande erfolgen. Weiterhin sei eine dauerhafte Aufnahme der Unterhaltung von Holznasslagern in die forstliche Förderung notwendig, betonten Haseloff und Dalbert.

Hintergrund

Situation in Sachsen-Anhalt:

Das Bundesland Sachsen-Anhalt gehört zu den fünf am stärksten betroffenen Bundesländern (NW, TH, ST, HE, NI). In 2019 fielen über 7,8 Millionen Kubikmeter Schadholz an. Für das Jahr 2020 wird ein Schadholzzugang von etwa 2,8 Millionen Kubikmeter (5,6 m³/ha bei circa 500.000 ha Holzbodenfläche) erwartet. Dies entspricht den 1,4 fachen planmäßigen Einschlag (Hiebssatz). Nach aktueller Einschätzung ist dies mit Blößen auf einer Fläche von insgesamt 15.300 Hektar zum 31.12. 2019 verbunden, die wiederbewaldet werden muss. In 2020 wird mit einem Zuwachs von knapp 5.000 Hektar gerechnet. Ein Drittel der Blößen befinden sich im landeseigenen Wald. In 2019 hat der Landesforstbetrieb etwa 1050 Hektar wiederaufgeforstet. Die Wiederaufforstung der Blößen unter dem Ansatz des Waldumbaus wird einen Zeitraum von sechs bis sieben Jahren beanspruchen.

Förderung für private und kommunale Waldbesitzende in Sachsen-Anhalt

Das Land Sachsen-Anhalt fördert die Beräumung der Wälder von Schadholz und den Waldumbau hin zu klimastabilen Mischwäldern. Die finanziellen Mittel können private Waldbesitzende und Kommunen nutzen. Sie werden zu 60 Prozent aus Geldern des Bundes aus der Gemeinschaftsaufgabe Agrar- und Küstenschutz („GAK-Mittel“) und zu 40 Prozent aus Geldern des Landes finanziert. Für den Waldumbau stehen auch zusätzlich Mittel der EU bereit. Für die Richtlinie „Forst“, mit der der Waldumbau und der Wegebau unterstützt werden, stehen ab dem Jahr 2020 jährlich 8,4 Millionen Euro zur Verfügung. Im Jahr 2019 wurden rund 1,5 Millionen Euro dafür ausgezahlt. Aufgrund der Trockenheit konnte allerdings nur wenig gepflanzt werden. Für die Richtlinie „Waldschutz“, die das Beräumen der Schadflächen, das Anlegen von Nasslagern und den Insektenschutz fördert, stehen ab diesem Jahr 11,3 Millionen Euro jährlich und voraussichtlich bis 2024 zur Verfügung. Im Jahr 2019 erfolgte bereits eine Auszahlung in Höhe von rund 1,9 Mio. Euro. In diesem Jahr wurden bis 31. März schon 1,4 Millionen Euro ausgezahlt. Bis zu diesem Zeitpunkt lagen 238 Anträge in Höhe von acht Millionen Euro vor.

Das Land unterstützt die privaten Waldbesitzenden und die Kommunen, die eigenen Wald bewirtschaften, mit zahlreichen weiteren Maßnahmen. Beispielhaft seien genannt: Einrichtung von Nasslagern, Bereitstellung wissenschaftlicher Daten zu Bodenverhältnissen, Beratung und Betreuung durch das Landeszentrum Wald oder die Bereitstellung und Pflege der Saatgutreserve des Landes. Darüber hinaus beabsichtigt das Land Sachsen-Anhalt, dass die Transportauflastung auf 44 t für den Schadholztransport und die Ausnahmeregelung des Fahrverbotes für Holztransporte an Sonn- und Feiertagen über den 30.06.2020 verlängert werden.