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Bauernverband „Börde“ e.V.: Bauern wollen keine Trostpflaster

Donnerstag, den 30. Januar 2020

Von Christian Apprecht (Bauernverband Börde)

Die im Koalitionsausschuss der Bundesregierung vereinbarte „Bauernmilliarde“ zur Milderung der verschärften Düngevorschriften stößt im bäuerlichen Berufsstand auf heftige Kritik. Zentrale Forderung der Bauern im Düngestreit ist, eine bedarfsgerechte Düngung zur Ausschöpfung pflanzlicher Ertragspotentiale in Abhängigkeit der natürlichen Bedingungen von Temperatur und Wasserversorgung zu ermöglichen ohne pauschale und praxisferne Vorgaben, starre Fristen und Sperrzeiten. Geld hilft sicherlich den Investitionsstau auf den Betrieben in Teilen abzumildern, ist jedoch nicht das Signal, welches die Bauern von der Politik erwarten.

Die Verschärfung der Düngeverordnung mit Ausweitung von Sperrzeiten, Düngeverboten zur Herbstaussaat oder neuen Abstandsregelungen begründet die Bundesregierung mit drohenden Strafzahlungen der EU. Die Europäische Union verklagt die Bundesrepublik wegen Nichteinhaltung der Nitratrichtlinie und hat damit recht. Die Nitratrichtlinie wurde vor knapp 30 Jahren erlassen, um Nitrateinträge aus der Landwirtschaft repräsentativ zu erfassen und gezielte Maßnahmen umzusetzen. Schon vom Grundsatz erfüllt das deutsche System nicht die Anforderungen der Nitratrichtlinie, denn die Erfassung der landwirtschaftlich zu begründenden Nitrateinträge ist nicht gegeben.

Herangezogen wurde ursprünglich das sogenannte Belastungsmessnetz mit nur sehr wenigen Messstellen in Deutschland unabhängig davon, wie die Belastung im Grundwasser zu begründen ist. Vor zwei Jahren wurde dieses Messnetz um weitere Messstellen erweitert, bei denen landwirtschaftliche Einflüsse „möglich“ sind. Noch immer jedoch kann der landwirtschaftliche Einfluss nicht klar nachgewiesen und repräsentativ erfasst werden. Im Gegenteil: Bei vielen der als belastet geltenden Messstellen ist ein landwirtschaftlicher Einfluss unwahrscheinlich, weil sie an alten Deponiestandorten, in Siedlungsgebieten oder in Grünlandflächen liegen, wo seit Jahrzehnten keine Düngung mehr vorgenommen wird.

Im Seelschen Bruch bei Erxleben in der Börde etwa liegt beispielsweise eine belastete Messtelle, wo vielmehr natürliche Prozesse im Moorboden als Ursache für eine hohe Nitratkonzentration infrage kommen. Denn eine Düngung fand dort seit mehr als 30 Jahren nicht statt. Dennoch führt diese Messstelle zu Düngeverschärfungen in umliegenden Gebieten, wo dortige Messstellen keine erhöhten Nitratkonzentrationen nachweisen. Deshalb äußern Landwirte grundsätzlich Kritik an den stetigen Änderungen des Düngerechts und fordern ein fundiertes Messnetz, dessen für die Landwirtschaft repräsentativen Ergebnisse an die EU zu melden sind.

Dort wo der landwirtschaftliche Einfluss zweifelsfrei zu belegen ist, akzeptiert man dann auch Regelungen, die nachweislich zu einer Verbesserung der Situation beitragen. Die vereinbarte Bauernmilliarde löst den Konflikt nicht. Es ist nicht vermittelbar, warum auch in Gebieten mit nachweislich sauberem Grundwasser weitere Verschärfungen des Düngerechts hingenommen werden sollen. Landwirte wollen ihr Geld als gerechte Erlöse aus dem Verkauf ihrer Erzeugnisse verdienen. Ihre Arbeit richtet sich nach den natürlichen Bedingungen, das Pflanzenwachstum nach Temperatur und Niederschlägen. Schon jetzt nutzen viele Landwirte Möglichkeiten zur effizienten Nährstoffversorgung ihrer Pflanzen, arbeiten mit moderner Sensorik, setzen Urease- oder Nitrifikationshemmer ein oder bringen Tiefwurzler in die Fruchtfolge, die Nährstoffe aus tieferen Bodenschichten verwerten und so die Verfrachtung ins Grundwasser vermindern.

Selbst das aktuelle Düngerecht ist sehr komplex und bürokratisch. Der Stickstoffdüngebedarf der Kulturpflanzen ist für Ackerland und Grünland als standortbezogene Obergrenze vor der Aufbringung zu ermitteln. Die Bedarfsermittlung hat das Gleichgewicht zwischen dem voraussichtlichen Nährstoffbedarf und der Nährstoffversorgung zum Ziel. Einbezogen werden das Ertragsniveau der Kulturen basierend auf den Realerträgen der letzten Jahre, die Stickstoffmengen, die im Boden verfügbar sind, die Stickstoffmengen, die während des Pflanzenwachstums zusätzlich pflanzenverfügbar werden, die Nachlieferung von Stickstoff aus der Anwendung von organischen Düngemitteln im Vorjahr und aus Vor- und Zwischenfrüchten. Die Düngeverordnung beinhaltet schon heute Aufbringungsbeschränkungen für stickstoff- und phosphathaltige Düngemittel in Abhängigkeit von Standort und Bodenzustand, regelt Sperrzeiten für die Aufbringung von Düngemitteln und macht Vorgaben zur Lagerung organischer Düngemittel. Hinzukommen zahlreiche Untersuchungs-, Dokumentations-, Bilanzierungs- und Meldepflichten.


Symbolfoto von Bauernverband „Börde“ e.V.