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Dr. Frank Schiefelbein, Urologe
Mitgründer
der in Würzburg ansässigen „Prostata Hilfe Deutschland“ plädiert für eine
risikoadaptierte Prostata-Vorsorge
Das
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat
kürzlich empfohlen, dass die gesetzliche Krankenversicherung kein Screening auf
das prostataspezifische Antigen (PSA) anbieten und erstatten sollte. Denn nach
Auswertung der Studienlage kommen die Wissenschaftler in ihrem 86-seitigen
Vorbericht zu dem Ergebnis, dass der Schaden einer solchen Untersuchung größer
ist als der Nutzen. Bei Männern ohne Verdacht auf Prostatakrebs führe sie
beispielsweise häufig zu Überdiagnosen und falsch-positiven Befunden. Weitere
Informationen zur PSA-Studie…
Der
Würzburger Urologe und Mitgründer der Prostata Hilfe Deutschland (PHD), Dr.
Frank Schiefelbein, warnt indes davor, den PSA-Test vorschnell zu verteufeln.
Schiefelbein: „Er ist nach wie vor unser empfindlichster Parameter zur
Früherkennung von Prostatakrebs. Steigt der PSA-Wert bei Männern, die sich
einer regelmäßigen Prostata-Vorsorge unterziehen, exponentiell an, ist dies ein
entscheidendes Alarmzeichen“, sagte er der Prostata Hilfe Deutschland
(www.prostata-hilfe-deutschland.de)
Schiefelbein
verweist auf die Studie „European Randomized Study of Screening for Prostate
Cancer“ (ERSPC), wonach der PSA-Test die Sterblichkeit für Prostatakrebs um bis
zu 21 Prozent verringern und das Risiko für Metastasen um bis zu 42 Prozent
senken kann. Dennoch müsse man sehr differenziert mit dem Wert umgehen.
Der
Prostata-Experte plädiert vor diesem Hintergrund für eine risikoadaptierte
Prostata-Vorsorge. Der Begriff „risikoadaptiert“ bedeutet, dass Ärzte das
individuelle Risikoprofil eines Mannes für Prostatakrebs ermitteln. So ist zum
Beispiel ein erhöhter PSA-Wert im Alter von 40 bis 45 Jahren ein besonderes
Risiko, weil diese Männer öfters und früher aggressiven Prostatakrebs
entwickeln. Dies konnte in einer schwedischen Studie bereits 2013 nachgewiesen
werden.
Ein
weiterer Risikofaktor ist es, wenn Prostatakrebs gehäuft in der Familie
vorkommt. Hier spielen die genetischen Einflüsse eine entscheidende Rolle. Sind
ein oder mehre Verwandte (Vater, Onkel, Brüder) betroffen, kann das eigene
Risiko sich verdoppeln bis verfünffachen! Deshalb wäre es nach den Worten des
Würzburger Urologen sinnvoll, „bei jedem Mann im Alter von 40 bis 45 Jahren
eine erste PSA-Basis-Kontrolle durchzuführen und zusätzlich das familiäre
Risiko zu erfassen“.
Konkret
sähe die Vorsorge dann so aus: Bei Männern, die einen niedrigen
PSA-Ausgangswert im Alter von 40 oder 45 Jahren, kein familiäres Risiko und
keinen auffälligen körperlichen Untersuchungsbefund haben, kann die nächste
Kontrolle erst in drei oder fünf Jahren oder später notwendig sein.
Schiefelbein: „Anders ist es bei einem Mann mit erhöhtem familiärem Risiko oder
einem schon anfangs erhöhten PSA-Ausgangswert: Hier ist eine engmaschige
Kontrolle, entsprechend des persönlichen Erkrankungsrisikos, beim Arzt
wichtig.“
Dr.
Frank Schiefelbein geht davon aus, dass der PSA-Test auf absehbare Zeit seinen
Stellenwert in der Diagnostik von Prostatakrebs behalten wird. Fachleute
arbeiteten allerdings daran, diesen PSA-Wert in Unterfraktionen zu verfeinern
und seine Aussagekraft zu verbessern. „In Zukunft werden Ärzte wahrscheinlich
Männern mit erhöhtem erblichen Prostatakrebsrisiko, neben den bereits
verfügbaren BRCA1- und BRCA2-Tests, verbesserte genetische Bluttests anbieten
können. So ließe sich dann das individuelle Risiko noch genauer abschätzen“,
prognostiziert der Mediziner. „Die Krankenkassen sollten den PSA – Test im
Rahmen einer definierten risikoadaptierten Vorsorge bezahlen.“
Denn
Ziel ist, durch klugen Einsatz des PSA–Wertes die Erkrankung Prostatakrebs noch
in einem organbegrenzten und nicht metastasierten Tumorstadium festzustellen,
um eine vollständige Heilung für den Patienten erzielen zu können. Hierbei
sollte sowohl die Diagnostik als auch die Therapiemöglichkeiten individuell für
jeden Patienten bewertet werden, um Überdiagnosen und Übertherapien zu
vermeiden. Schiefelbein: „Eine so differenzierte individuelle Vorsorge ist also
mehr, als das vom IQWiG bewertete undifferenzierte PSA-Screening.“
Die
jetzige Kritik des IQWiG erinnert den Mitgründer der Prostata Hilfe Deutschland
„sehr an die kritische Betrachtung des PSA-Screening in den USA nach der
fehlerhaften PLCO-Studie“. Im Jahre 2012 wurde das PSA-Screening in den USA
nicht mehr empfohlen.
In
den Folgejahren stellten die Gesundheitsstatistiker in den USA jedoch fest,
dass aufgrund der nachlassenden Nutzung der PSA basierten Vorsorge die
fortgeschrittenen Tumorstadien und die Rate an erstdiagnostizierten
metastasierten Erkrankungsstadien zunahmen. Die U.S. Preventive Services Task
Force revidierte daraufhin die Entscheidung von 2012 und empfiehlt seit 2018
eine differenzierte Anwendung einer PSA basierten Prostatavorsorge.
Text
/ Foto: © Prostata Hilfe Deutschland