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Statt teurer Gerichtskosten: So funktionieren Schlichtungsstellen

Samstag, den 11. Januar 2020

Mangelhafte Ware, Ärger mit dem Handwerker oder dem Mobilfunkanbieter? Wenn sich keine Einigung mit Unternehmen abzeichnet, haben Verbraucher die Möglichkeit, sich an sogenannte Verbraucherschlichtungsstellen zu wenden. Diese sind leicht zugänglich, kostengünstig und ersparen häufig den Gang zum Gericht. Was Sie wissen sollten.

  
Was sind Verbraucherschlichtungsstellen?

Die neue Waschmaschine wird beschädigt geliefert und der Online-Händler sorgt nicht für Ersatz. Der Handwerker leistet schlechte Arbeit oder es gibt Streit mit der Versicherung. In Fällen wie diesen können sich Verbraucherinnen und Verbraucher an Verbraucherschlichtungsstellen wenden. Die Idee dahinter: eine schnelle und kostengünstige Einigung außerhalb des Gerichts.

Seit April 2016 gilt das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG). Es stellt sicher, dass sowohl für Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für Unternehmen bei Streitigkeiten aus allen Verbraucherverträgen außergerichtliche Streitschlichtungsmöglichkeiten bestehen.

Welche Verbraucherschlichtungsstellen gibt es?

Das Bundesamt für Justiz und Verbraucherschutz führt 27 Verbraucherschlichtungsstellen. Dabei wird fast die gesamte Palette des Verbraucherlebens abgedeckt. Beispielsweise die Bereiche Energie, Banken, Versicherungen, Telekommunikation, Rechtsanwälte, öffentlicher Personenverkehr und der Online-Handel. Ergänzt wird das Angebot durch die Universalschlichtungsstelle des Bundes in Kehl.

Seit dem 1. Januar 2020 ist die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle in Kehl die "Universalschlichtungsstelle des Bundes". Diese ist eine vom Bundesamt für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) anerkannte unabhängige Schlichtungsstelle. An sie können sich Betroffene bei Streitigkeiten wenden, wenn es für ihr Anliegen keine branchenspezifische Schlichtungsstelle gibt. Dies kann zum Beispiel bei Kaufverträgen von Waren wie Kleidung, Möbel und Elektroartikel oder auch bei Dienstleistungen im Freizeitbereich wie etwa dem Erwerb von Veranstaltungstickets der Fall sein. Voraussetzung: Das betroffene Unternehmen muss in Deutschland niedergelassen sein.

Wie funktioniert ein Schlichtungsverfahren?

Bevor es zu einem Schlichtungsverfahren kommt, müssen Verbraucherinnen und Verbraucher zunächst selbst auf das Unternehmen zugehen und versuchen, zu einer Lösung zu kommen. Gelingt es den Betroffenen nicht, sich mit dem Unternehmen zu einigen oder ist der Lösungsvorschlag wenig zufriedenstellend, wird der Schlichter aktiv.

Verbraucher können bei der jeweiligen Schlichtungsstelle einen Antrag online, per Post oder per E-Mail einreichen. Der Schlichter kontaktiert dann das Unternehmen und fragt zunächst nach, ob es zur Teilnahme an einer Schlichtung bereit ist. Trifft dies zu, unterbreitet der Schlichter einen konkreten Schlichtungsvorschlag. Dieser erfolgt neutral und unabhängig. Der Vorschlag kann nun von beiden Seiten akzeptiert werden. Sollte dieser jedoch hinter den Erwartungen des Verbrauchers zurückbleiben, kann der Verbraucher noch immer den Gerichtsweg wählen. Wichtig: Die Verjährung ist für die Dauer des Schlichtungsverfahrens gehemmt.

Der Schlichter kann aber auch als Mediator auftreten. Das heißt, dieser präsentiert dann keinen konkreten Vorschlag, sondern führt lediglich durch das Verfahren. Unternehmen und Betroffene einigen sich dann selbst auf eine einvernehmliche Lösung.

Welche Vorteile bieten Verbraucherschlichtungsstellen?

- Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist das Verfahren in der Regel kostenfrei. Missbräuchliche Anträge können jedoch Geld kosten.

- Innerhalb der gesetzlichen Frist von 90 Tagen bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher in der Regel eine Antwort.

- Verbraucherschlichtungsstellen unterliegen der Neutralität und Unabhängigkeit.

- Beide Parteien können selbst entscheiden, ob sie sich an der Schlichtung beteiligen und ob sie den ausgearbeiteten Schlichtungsvorschlag annehmen.

Nimmt jedes Unternehmen an einer Schlichtung teil?

Ob ein Unternehmen am Verfahren teilnimmt, können Verbraucherinnen und Verbraucher oft schon vor Vertragsabschluss den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) entnehmen. Auf den Internetauftritten tausender Unternehmen findet man zum Beispiel den Hinweis, dass diese im Streitfall bereit sind, an Streitschlichtungsverfahren teilzunehmen.

Für Streitigkeiten von Verbrauchern mit einem Unternehmen innerhalb der EU hat die Europäische Kommission eine Online-Streitbeilegungsplattform eingerichtet. Verbraucher können hier ihre Beschwerde einreichen, das Unternehmen wird anschließend per E-Mail benachrichtigt. Bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten bietet zudem die nationale Kontaktstelle – das Europäische Verbraucherzentrum – Rat und Hilfe an.