Foto: Dr. Michael Brinkmeier, Vorstand der Deutschen
Schlaganfall-Hilfe
Gütersloh (ots). Der Schlaganfall versursachte 2017 in 32
europäischen Ländern Kosten von über 60 Milliarden Euro. Deutschland investiert
im europäischen Vergleich viel in die medizinische Behandlung, braucht aber in
der Nachsorge neue Ansätze, sagt die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.
Gesundheitsökonomen der Universität Oxford haben im
Auftrag der europäischen Patientenvereinigung Stroke Alliance for Europe (SAFE)
die wirtschaftlichen Folgen des Schlaganfalls untersucht. Die Ergebnisse ihrer
Studie haben sie jetzt im European Stroke Journal veröffentlicht. Demnach
erlitten im Jahr 2017 in den 32 untersuchten Ländern Europas fast 1,5 Millionen
Menschen einen Schlaganfall. Neun Millionen Europäer lebten mit den Folgen
eines Schlaganfalls, mehr als 430.000 verstarben daran.
Deutschland ist spitze in Europa
In der Studie wurden die Gesamtkosten des Schlaganfalls
für eine Gesellschaft berechnet. Neben den medizinischen Kosten wurde
beispielsweise auch der Produktivitätsverlust berücksichtigt. Erstmals
beziffert wurden familiäre Leistungen wie der Einsatz pflegender Angehöriger.
Ziel der Studie ist es, den beteiligten Ländern Daten zur Verbesserung ihrer
Schlaganfall-Versorgung zu liefern.
Deutschland investiert im europäischen Vergleich viel
Geld in die Schlaganfall-Versorgung. Die Gesamt-Kosten aller medizinischen
Leistungen inklusive der Prävention des Schlaganfalls betragen rund 9
Milliarden Euro und damit 2,6 Prozent der gesamten Gesundheitskosten. Die
gesellschaftlichen Gesamtkosten des Schlaganfalls inklusive der erstmalig
eingerechneten informellen Betreuungskosten (Freiwilligenzeit von
Unterstützern) lagen 2017 bei geschätzten 17,6 Milliarden Euro und sind damit
die höchsten in Europa. Bei den Pro-Kopf-Kosten des Schlaganfalls liegt Deutschland
an zweithöchster Stelle hinter Finnland.
Sicherung der Nachsorge erfordert politische Lösung
Dr. Michael Brinkmeier, Vorstand der Stiftung Deutsche
Schlaganfall-Hilfe, sieht durch die Studie die gute Akutversorgung und
Rehabilitation von Schlaganfall-Patienten in Deutschland bestätigt.
Handlungsbedarf bestehe vor allem in der Nachsorge. "Auffällig ist der
große Anteil familiärer Unterstützung, den die Ökonomen mit 5 Milliarden Euro
beziffern, absolut betrachtet der mit Abstand höchste Wert in Europa," so
Brinkmeier. "Wenn man überlegt, dass dieser Bedarf durch die
demographische Entwicklung wachsen wird, gleichzeitig aber die klassische
Familienstruktur in unserer Gesellschaft an Bedeutung verliert, entsteht da
gerade ein großer Widerspruch und dringender Versorgungsbedarf, für den wir
gesellschafts- und sozialpolitische Lösungen finden müssen."
Ein Ansatz könnte die Einführung von Patientenlotsen in
der Nachsorge sein, für die sich die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe stark
macht. Bei komplexen sozialmedizinischen Problemlagen, die nach einem
Schlaganfall oder anderen chronischen Erkrankungen häufig auftreten, sollen
Patienten Anspruch auf Begleitung durch einen Lotsen haben, der ihre Versorgung
koordiniert und Hilfe zur Selbsthilfe leistet. Im Modellprojekt STROKE OWL
erprobt die Schlaganfall-Hilfe im Auftrag des Bundes derzeit den Einsatz von
Schlaganfall-Lotsen. Wird das Projekt erfolgreich evaluiert, sollen Lotsen in
die Regelversorgung überführt werden. Dieser Anspruch müsste zuvor in den
Sozialgesetzbüchern verankert werden. "Dazu führen wir gerade eine
Vielzahl von Gesprächen mit allen Akteuren", so Brinkmeier. Finanziert
werden könnten die Lotsen aus einer Kasse, in die unterschiedliche Kostenträger
einzahlen.
Projektion in die Zukunft folgt
Im Mai 2020 werden die britischen Gesundheitsökonomen und
die Stroke Alliance for Europe den zweiten Teil des gesundheitsökonomischen
Reports veröffentlichen. Darin werden Modellrechnungen vorgestellt, wie sich
die Kosten in den kommenden Jahrzehnten in Europa entwickeln werden.
Originalquelle (European Stroke Journal 0(0) 1-9): https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1177/2396987319883160
Text / Foto: "obs/Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe/Deutsche
Schlaganfall-Hilfe" , übermittelt durch news aktuell