Bei mindestens jedem zweiten Diabetespatienten tritt eine
Hauterkrankung auf. Hautprobleme können auf eine mangelhafte Therapie
hinweisen, einen lebensbedrohlichen Notfall signalisieren oder auch vor einem
unentdeckten Diabetes Typ 2 warnen. Auf welche Beschwerden besonders zu achten
und was dann zu tun ist, erklären Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft
(DDG). Bei anhaltendem Juckreiz und chronischen Pilzinfektionen sollte in jedem
Fall ein Dermatologe aufgesucht werden.
„Diabetes und Haut stehen in enger Wechselbeziehung“,
sagt Professor Dr. med. Monika Kellerer, Präsidentin der Deutschen Diabetes
Gesellschaft (DDG). „Zwischen 30 und 70 Prozent aller Diabetespatientinnen und
-patienten weisen dermatologische Symptome und Erkrankungen auf.“ Experten
gehen davon aus, dass mehr als 50 Hautkrankheiten in Verbindung mit der
Stoffwechselerkrankung auftreten.
Warum sich die Erkrankungen gegenseitig beeinflussen, ist
nicht restlos geklärt. „Vermutlich begünstigen Entzündungsprozesse,
Ablagerungen von zuckerhaltigen Substanzen in der Haut und die geschwächte
Immunabwehr Pilz- und bakterielle Infektionen“, erläutert Professor Dr. med.
Claudia Pföhler von Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am
Universitätsklinikum des Saarlandes.
Häufiges Warnzeichen: bräunliche Flecken am Schienbein
Zu den häufigsten Hauterscheinungen bei Menschen mit
Diabetes gehören bräunliche, narbenähnliche, rundliche Flecken, die sich meist
über dem vorderen Schienbein zeigen. Die diabetische Dermopathie, wie die
Pigmentveränderungen in der Fachsprache heißen, findet sich bei bis zu 70
Prozent aller Diabetespatienten. „Sie ist sehr oft das erste Anzeichen eines
nicht erkannten Diabetes“, berichtet Pföhler. Wer solche Flecken an Schienbeinen,
Unterarmen oder Füßen bemerkt, sollte beim Hausarzt oder Diabetologen seinen
Nüchtern-Blutzucker überprüfen lassen. Die gute Nachricht: „Die Flecken
verschwinden, sobald der Diabetes eingestellt ist“, versichert die
Dermatologin.
Hartnäckige Pilzinfektionen als Hinweis auf Diabetes
Ein weiteres Warnzeichen für Diabetes sind stark
ausgeprägte, hartnäckige Pilzinfektionen an Füßen, in den Leisten oder der
Achselhöhle, unter der Brust, in der Scheide oder im Analbereich. „Chronische
Pilzinfektionen mit ihrem quälenden Juckreiz gelten als Marker-Erkrankung für
Diabetes mellitus“, sagt Pföhler. Candida albicans ist der häufigste Erreger.
Auch hier gilt: Unbedingt nüchtern den Blutzucker-Wert messen lassen. „Sobald
der Blutzuckerwert normalisiert ist, können die Pilzinfektionen oft mit
örtlichen Cremes und Zäpfchen erfolgreich behandelt werden“, berichtet die
Hautexpertin.
Der Fuß als Eintrittspforte für gefährliche Erkrankungen
Beim Nagelpilz steht nicht der Juckreiz im Vordergrund,
sondern verdickte Nagelplatten, Flecken, Brüchigkeit und Risse. Er ist für
Diabetespatienten besonders gefährlich, weil die Nagelschäden als
Eintrittspforte für Bakterien dienen, die beispielsweise ein diabetisches
Fußsyndrom befördern können. „Die Sanierung von Nagelpilz bei Diabetespatienten
ist deshalb keine kosmetische Frage, sondern eine medizinische Notwendigkeit
und gehört in die Hände von Fachkräften“, betont DDG-Expertin Dr. med. Cornelia
Woitek, die eine diabetologische Schwerpunktpraxis in Wurzen bei Leipzig
leitet. Ärzte können die professionelle Fußpflege beim Podologen auf Rezept
verordnen.*
Bakterien, die über kleine Fußwunden in den Körper
eintreten, können sogar eine schwerwiegende Wundinfektion auslösen – ein
sogenanntes Erysipel, ebenfalls bekannt unter dem Namen Wundrose. „Ein Erysipel
macht sich an der Haut als flammende Rötung bemerkbar, die sich rasch
ausbreitet, bevorzugt an den Unterschenkeln oder im Gesicht“, erklärt Professor
Dr. med. Baptist Gallwitz, Mediensprecher der DDG.
Die Betroffenen entwickeln meist gleichzeitig hohes
Fieber und Schüttelfrost; hier liegt ein Notfall vor. „Es droht die Gefahr
einer Blutvergiftung, weshalb man sich sofort ins Krankenhaus begeben sollte“,
betont der Diabetologe vom Universitätsklinikum Tübingen. Denn mitunter handelt
es sich bei den Erregern nicht nur um Streptokokken, sondern auch um
Staphylokokken, die gegen verschiedene Antibiotika resistent sein können. „Ob
Blasen, Druckstellen oder Hühneraugen – Diabetespatienten müssen auf jede
Hautveränderung am Fuß achten“, resümiert Gallwitz.
Unstillbarer Juckreiz – ein Alarmzeichen für
Nierenschäden
Im Laufe ihrer Erkrankung leiden viele Diabetespatienten
unter Hauttrockenheit. Sie löst vermutlich Pruritus aus, einen starken
Juckreiz. „Die Patienten kratzen sich an Körperstellen, die sie gut erreichen –
an oberen Schultern, Armen, Unterschenkeln“, berichtet Woitek. Die Haut weist
zudem feine Einrisse, eine leichte Schuppung und Rötung auf.
Lässt das Jucken durch klassische Therapien wie
Kortisonsalbe oder Antihistaminika nicht nach, sollte der Arzt hellhörig
werden. „Unstillbarer Juckreiz, der auf keine Therapie anspricht, ist bei
Diabetespatienten ein Hinweis auf eine Nierenfunktionsstörung“, betont Woitek.
„Manchmal hilft eine Lichttherapie gegen die Hautprobleme“, ergänzt Pföhler. In
jedem Fall sollte ein Dermatologe hinzugezogen werden. Für die Nierenschädigung
ist der Nephrologe zuständig.
Richtige Hautpflege beugt vor
Diabetespatienten können selbst etwas für ihre
Hautgesundheit tun. „Die tägliche Hautpflege ist essentiell“, so Woitek.
Besonders eignen sich hierfür feuchtigkeitsspendende Pflegeprodukte mit den
Inhaltsstoffen Glyzerin, Panthenol, Hamamelis, Aloe Vera, Vitamin E und
Harnstoff. „In der kalten Jahreszeit sollten Menschen mit Diabetes außerdem
nicht zu heiß und zu lange baden und sich gut abzutrocknen, um nasse
Hautstellen zu vermeiden“, rät die Diabetologin.
Text / Foto: Deutsche Diabetes Gesellschaft - DDG