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02 Haus des Handwerks   Uli L  cke

Frau Selma Rudolph und das Magdeburger „Haus des Handwerks“

Sonntag, den 10. November 2019

Von Doris Richter

Selma (1853 bis 1931) wurde als jüngste Tochter des Magdeburger Unternehmers Christian Friedrich Budenberg geboren. In der Buckauer Fabrik des Vaters (Fa. Scheffer & Budenberg) hatten die Ingenieure das Plattenfedermanometer erfunden, das auf der Pariser Weltausstellung mit einer Goldmedaille ausgeszeichnet worden war. Budenberg war ein sozial eingestellter Unternehmer, der für die Mitarbeiter in Buckau ein Altersheim erbauen ließ, das noch heute in der Budenbergstraße zu finden ist. Nach dem Tod des Vaters führte Selma gemeinsam mit ihrer Mutter die Geschäfte weiter. Später heiratete sie den Unternehmer Carl Rudolph, mit dem sie vier Kinder hatte. Nach dem frühen Tod des Ehemannes leitete sie die Maschinenfabrik C. Rudolph & Co, deren Eigentümerin sie geworden war, und war Mitglied des Aufsichtsrates von Scheffler & Budenber. Sie war die erste Unternehmerin in der Metallbranche und galt als Magdeburg reichste Frau. Auch sie war gesellschaftlich und sozial aktiv.

Zwischen 1898 und 1901 ließ sie dann die „Rudolphsche Villa“ als nördlichen Anschluss an den Breiten Weg errichten. Diese war sowohl Wohnung für die Familie als auch Ort zahlreicher kultureller Veranstaltungen und Feste. Selma Rudolph starb 1931. Danach gab die Familie die eigene Nutzung des Hauses auf, ab 1934 wurde es Hauptquartier der SA-Gruppe „Elbe“ und der NSDAP. In den Kellern der Villa betrieb die SA zeitweilig ein "willdes" Konzentrationslager.

Am 16. Januar 1945 wurde das Haus durch den Bombenangriff auf Magdeburg schwer getroffen, die Villa brannte aus. Da die Erben eine Instandsetzung nicht finanzieren konnten, wurde alles 1947 an die Eheleute Karl und Martha Ott verkauft, die in der Stadt ein Pelzhaus betrieben. Diese begannen mit dem Wiederaufbau, verloren aber mit der Währungsreform von 1948 selbst sämtliche Mittel. 1954 wurde die Immobilie dann komplett an die Handwerkskammer Magdeburg verkauft. Bis 1957 dauerten die Arbeiten der Handwerker des Kammerbezirkes im Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes (NAW), dann konnte das Kulturhaus des Handwerks eröffnet werden. Erneut gab es hier gepflegte kulturelle Veranstaltungen und Gastronomie. 

Ein Hotel, das „Gildestübchen“ und ein Weiterbildungszentrum der Handwerker hatten hier bis 1992 ihren Sitz. Dann wurde das Kulturhaus geschlossen und verkauft, das komplette Inventar versteigert. Der Investor ging später in Insolvenz, diverse Zwangsversteigerungen scheiterten. Das Haus verfiel zusehends.

Erst 2009 erfolgte der erneute Erwerb durch die Handwerkskammer Magdeburg mit der Absicht, das Haus denkmalgerecht zu rekonstruieren. 2012 wurde das Haus neu eröffnet, ein erster Versuch erneuter gastronomischer Nutzung unter dem Namen "Selma & Rudolf" scheiterte 2018. Im Haus des Handwerks,  das uns heute an das wilhelminische Magdeburg erinnert, befindet sich ein Veranstaltungssaal, der allerdings nicht für private Zwecke vermietet wird.

Als Stadtführerin weiß Doris Richter viel Wissenswertes über unsere Stadt zu erzählen. In Magdeburger-News.de erläutert sie Themen, bei denen nicht nur Touristen Neues erfahren, sondern sicher auch eingefleischte Magdeburger.

Foto: Haus des Handwerks - Sitz der Handwerkskammer Magdeburg, 39106 Magdeburg, Gareisstr. 10 (c) Uli Lücke (Wikipedia)