Dienstag, den 15. Oktober 2019
Der 20. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) hat mit Urteil
vom 10. Oktober 2019 die Klagen eines Importeurs von Tabakerzeugnissen gegen Vertriebsverbote für auf dem deutschen Markt vertriebene Tabakerzeugnisse abgewiesen. Es handelte sich dabei um die Erzeugnisse „Thunder Frosted
Chewing Bags“ (klein geschnittener Tabak, der mit Zusatzstoffen und Aromen
versetzt und in durchlässige Zellulosebeutel abgepackt wird) und „Thunder
Chewing Tobacco“ (Paste, vergleichbar mit weicher Knetmasse, die aus gemahlenem Tabak besteht, dem Zusatzstoffe und Aromen zugesetzt werden) des
dänischen Herstellers V2 Tobacco.
Beide Produkte stufte der Senat als „Tabakerzeugnis zum oralen Gebrauch, das
nicht zum Kauen bestimmt ist“ im Sinne der europäischen Tabakrichtlinie (Richtlinie 40/2014/EU) ein, das nach dem Tabakerzeugnisgesetz in Deutschland verboten ist.
Der BayVGH hatte das Verfahren im Juli 2017 ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) verschiedene Fragen zur Auslegung
des Begriffs „Tabakerzeugnis zum oralen Gebrauch, das zum Kauen bestimmt
ist“, vorgelegt. Dieser hatte mit Urteil vom 17. Oktober 2018 entschieden, dass
nur die Tabakerzeugnisse zum Kauen bestimmt seien, die an sich nur gekaut
konsumiert werden, d. h., die ihre wesentlichen Inhaltsstoffe im Mund nur durch
Kauen freisetzen könnten.
Der Senat hatte nun die vom EuGH vorgenommene Auslegung auf die konkreten Produkte anzuwenden. Die Klägerin vertrat hierzu die Ansicht, es komme für
die Einstufung als „zum Kauen bestimmt“ (und damit als erlaubt) darauf an, dass
durch Kauen erheblich mehr der wesentlichen Inhaltsstoffe gelöst würden als
beim bloßen Im-Mund-Halten des Erzeugnisses. Dieser Argumentation folgte der
BayVGH in seiner Entscheidung nicht. Denn eine solche Aussage ist dem Urteil
des EuGH nicht zu entnehmen, obwohl der BayVGH entsprechende Fragen an
ihn gestellt hatte. Wie sich auch aus den von der Klägerin vorgelegten Gutachten ergibt, lösen sich die wesentlichen Inhaltsstoffe der beanstandeten Erzeugnisse (Nikotin und Aromastoffe) aufgrund ihrer Zusammensetzung aus kleingeschnittenem Tabak bzw. gemahlenem Tabak auch bei einem bloßen Im-MundHalten der Erzeugnisse, wenn auch in geringerem Umfang. Nach der vom EuGH
vorgenommenen Begriffsbestimmung ist dies jedoch ausreichend.
Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) nicht zugelassen. Gegen das Urteil des BayVGH kann die Klägerin innerhalb eines Monats nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe eine Beschwerde gegen die
Nichtzulassung der Revision beim BVerwG in Leipzig erheben.
(BayVGH, Urteile vom 10.10.2019, Az. 20 BV 18.2231, 20 BV 18.2234)