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Gesundheit-News: Gereizt und risikobereit - Männer mit Depressionen leiden manchmal anders

23. September 2019

Foto: Mann mit Depressionen

Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen: Etwa jeder fünfte Mensch in Deutschland leidet irgendwann in seinem Leben mindestens einmal an einer Depression oder einer chronisch depressiven Verstimmung, so das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Frauen sind häufiger betroffen als Männer, ältere Menschen öfter als junge.

Doch nur etwa ein Drittel der in Deutschland Erkrankten erhält professionelle Hilfe. Vor allem bei Männern bleibt eine Depression oft unentdeckt. Mal schlecht drauf und niedergeschlagen zu sein, ist vollkommen normal. Deswegen ist man noch lange nicht krank. Eine Depression dagegen ist eine seelische Krankheit, die sich durch ein länger andauerndes Gefühl gedrückter Stimmung, Antriebslosigkeit und Verlust von Freude und Interessen äußert.

Um das Bewusstsein für die Volkskrankheit Depression zu stärken, findet jährlich am 1. Oktober der Europäische Depressionstag statt. Denn eine Depression ist therapierbar. Je früher sie erkannt wird, desto besser sind die Heilungsaussichten. "Typisch sind Energielosigkeit, Niedergeschlagenheit und das Gefühl, nichts wert zu sein, sich zu nichts aufraffen oder nichts leisten zu können. Oft haben die depressiv Erkrankten keine Hoffnung auf Besserung und blicken pessimistisch in die Zukunft. Betroffene verlieren meist das Interesse an sozialen Kontakten und Aktivitäten", sagt Dr. Astrid Maroß, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie im AOK-Bundesverband.

In der Folge ziehen sie sich zurück, so dass soziale und berufliche Belange gefährdet sind. Doch die Art der Symptome kann individuell unterschiedlich sein und sich beispielsweise auch in Angespanntheit, Unruhe, Schlafstörungen und körperlichen Symptomen äußern, so Medizinerin Maroß weiter. "Bei einer Depression kann es auch dazu kommen, dass der Betroffene nicht mehr leben möchte. Im schlimmsten Fall führt die Krankheit auch zur Selbsttötung."

Der wichtigste Schritt zur Behandlung

Bei Männern wird eine Depression allerdings nicht immer erkannt, da die typischen Merkmale bei ihnen oft weniger sichtbar sind. Stattdessen können Symptome wie erhöhte Aggression und Gewaltbereitschaft oder körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magenprobleme oder Potenzstörungen im Vordergrund stehen.

Bei Männern kann sich die Erkrankung daher durch eine geringe Stresstoleranz und unpassendes soziales Verhalten andeuten. Solche Betroffene brausen schnell auf, bekommen wegen Kleinigkeiten Wutanfälle und neigen zu Vorwürfen und nachtragendem Verhalten. Sie sind generell mit sich und anderen unzufrieden und gehen hohe Risiken ein, etwa beim Sport und beim Autofahren. Einige neigen zu Suchtverhalten, insbesondere zu übermäßigem oder unkontrolliertem Alkoholkonsum. Eine Depression kann viele Gründe haben; meist kommen verschiedene Ursachen zusammen. Neben einer entsprechenden Veranlagung und ungünstigen Bewältigungsstrategien für die alltäglichen Widrigkeiten des Lebens können belastende Ereignisse wie der Tod eines Angehörigen, eine Trennung oder eine Beziehungskrise das Risiko für eine Depression erhöhen.

Die Erkrankung tritt häufiger bei Menschen auf, die wenig soziale Unterstützung suchen beziehungsweise erfahren. Ungünstige Arbeitsbedingungen wirken sich ebenfalls auf die Psyche aus, beispielsweise wenn die Anforderungen im Beruf sehr hoch sind, aber gleichzeitig wenig Spielraum für eigene Entscheidungen bleibt. Männer geraten besonders in Bedrängnis, wenn sie ihren sozialen Status bedroht sehen, etwa durch Arbeitslosigkeit, berufliche Abstufung oder geringe Anerkennung im Job. Männer, insbesondere ältere Männer, haben ein höheres Suizidrisiko als Frauen.

"Im Gegensatz zu Frauen suchen Männer jedoch deutlich seltener und weniger intensiv Hilfe, weil sie Störungen ihres seelischen oder körperlichen Wohlbefindens häufig auf Stress und berufliche Belastungen zurückführen. Eine psychische Erkrankung ziehen sie eher nicht in Betracht", so Dr. Maroß. Eine frühzeitige Therapie ist jedoch wichtig, um den Krankheitsverlauf zu stoppen oder wenigstens abzumildern, denn grundsätzlich sind Depressionen gut behandelbar.

Nachdem der Arzt oder die Ärztin eine Depression festgestellt hat, erstellt er oder sie einen Behandlungsplan. Je nachdem, wie schwer die Erkrankung und wie die Präferenz des Betroffenen ist, wird eine psychotherapeutische oder eine medikamentöse Behandlung angewendet, manchmal auch in Kombination. Dabei bespricht der Arzt die Vor- und Nachteile einer Behandlung ebenso wie die Befürchtungen des Betroffenen. "Wer zum Arzt geht, hat bereits einen wichtigen Schritt getan", sagt Ärztin Maroß.

Darüber hinaus tut regelmäßige Bewegung gut und kann die Stimmung aufhellen. Auch ein Treffen mit Freunden oder ein Hobby können das Wohlbefinden steigern. Hilfreich kann es sein, sich einen kleinen Wochenplan aufzustellen und darin die geplanten Aktivitäten festzuhalten.

Unterstützung durch Online-Selbsthilfeprogramme

Mittlerweile zeigen viele Studien, dass Online-Selbsthilfeprogramme bei Depressionen die Behandlung unterstützen können. Eines davon ist moodgym - ein interaktives Trainingsprogramm zur Vorbeugung und Verringerung von depressiven Symptomen, das von der AOK unterstützt wird. Das Programm basiert auf der kognitiven Verhaltenstherapie und ist von australischen Wissenschaftlern entwickelt worden.

Die AOK ermöglicht die deutsche Version von moodgym, die für jeden unter moodgym.de kostenfrei und anonym zugänglich ist. Hier lernen Patienten zum Beispiel, negative Wahrnehmungen und Gedanken so umzugestalten, dass sie künftig besser mit belastenden Situationen umgehen und ihre Stimmung positiv beeinflussen können.

moodgym hat in einem aktuellen Test der Stiftung Warentest als einziges kostenfreies Online-Angebot das Prädikat "Empfehlenswert" erhalten. Auch für Angehörige und Freunde von Betroffenen bietet die AOK ein Online-Programm an: Der "Familiencoach Depression" wurde von Wissenschaftlern der Freiburger Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Zusammenarbeit mit Betroffenen entwickelt und soll Angehörigen helfen, den Alltag mit einem depressiv erkrankten Menschen besser zu bewältigen. Das Programm basiert auf den Inhalten von Psychoedukationskursen, die die Belastung der Angehörigen nachweislich senken können.

 

Text / Foto: AOK-Bundesverband