Dienstag, den 10. September 2019
Anfang August erschien das neue Album von
Marika Hackman. Darauf kommt alles zur
Sprache, was sich rund um die lesbische
Sexualität dreht. Das ist bemerkenswert, denn
meist wird darüber doch nur aus einer
patriarchalen und fetischisierten Sicht
gesungen. Auf „Any Human Friend“ ist das
anders. Da geht es um Selbstbefriedigung,
Oralsex, Orgasmen, aber auch um Trennung,
Entfremdung und den Moment der bitteren
Erkenntnis, wenn es erst einmal vorbei ist.
Musikalisch ist Hackman dabei weit
vorangeschritten.
Ihre Anfänge im NuFolk, der
auf den ersten beiden Platten noch „We Slept at
Last“ und „I’m Not Your Man“ bestimmend war, legt sie nach dem ersten Song
„Wanderlust“ ab, als wolle sie das Weiterschreiten, die Entwicklung als Musikerin
damit dokumentieren. Dann folgt eine Platte voller klugem Indie-Pop, dem man den
komplexen Inhalt selten anmerkt. Der Tagesspiegel beschrieb es in seiner Kritik so:
„Wenn man nur die Texte liest, ohne die Musik zu hören, könnte man meinen, man
habe es mit depressiven, deprimierenden Songs zu tun. Dann legt man die Platte auf
und – boom! – die Party beginnt.“ Zwischen Gitarren und Synthesizern entwickelt
sich ein flirrender Soundteppich, der sich wandelt und dreht, an Geschwindigkeit
zunimmt, um dann wieder in Langsamkeit zu verharren.
Die eigentlich so klare
Stimme klingt manchmal verhallt und verhuscht, und selbst vor Vocoder-Einsätzen
schreckt die Britin nicht zurück. Dabei hat die Multiinstrumentalistin, die außer den
Streichern und Teilen der Schlagzeugparts fast alles selbst eingespielt hat, ein Werk
voller Zweifel, aber auch voller Hoffnung geschaffen, das musikalisch auf dem
Vulkan tanzt. Auf der Platte gehe es darum, dass wir uns trotz aller Unterschiede
akzeptieren sollen, und die Idee, dass „wir uns alle wünschen, aus Stein geschaffen
zu sein und doch in Wahrheit aus Gold bestehen“. Schöner als Marika Hackman
selbst könnte man es nicht zusammenfassen.
Im Dezember kommt sie für drei
Shows nach Deutschland. Begleitet wird sie dabei von Our Girl. Das Trio aus
Brighton, das im vergangenen Jahr die Debütplatte „Stranger Today“ veröffentlichte,
kommt musikalisch ebenfalls sehr vielfältig daher. Irgendwo zwischen schwerem
Shoegaze und süßem Pop pendelnd, sind sie der perfekt passende Opener für diese
Abende.
11.12.2019 Hamburg - Häkken
12.12.2019 Berlin - Privatclub
13.12.2019 Köln - Artheater.
Foto: Marika Hackman / Copy Joost Vandebrug