Der Kompetenzcluster für Ernährung und kardiovaskuläre
Gesundheit (nutriCARD) der Universitäten Halle, Jena und Leipzig hat eine
Smartphone-App entwickelt, die Nährwerte von verarbeiteten Lebensmitteln
bewertet. Die „nutriCARD“-App basiert auf der Nährwert-Ampel „Nutri-Score“ und
liefert genaue Daten zu Inhaltsstoffen, Nährwerten und bedenklichen Zutaten von
Lebensmitteln, wie Joghurt, Keksen oder Limonaden. Eine leicht verständliche
fünfstufige Farb- und Buchstabenskala bewertet die Lebensmittel auf Basis
wissenschaftlich fundierter Algorithmen.
Gemeinsame Pressemitteilung der Universitäten Jena, Halle
und Leipzig
Wie können Verbraucher auf einen Blick
gesundheitsfördernde von eher gesundheitsschädlichen Produkten unterscheiden?
In der aktuellen Debatte um eine Nährwertkennzeichnung auf Lebensmitteln bietet
der Kompetenzcluster für Ernährung und kardiovaskuläre Gesundheit (nutriCARD)
Halle-Jena-Leipzig Verbraucherinnen und Verbrauchern mit einer Smartphone-App
jetzt leicht verständliche Informationen und Service in Sachen Ernährung an.
Seit 2015 arbeiten in dem Verbund Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
daran, die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern und der Zunahme
ernährungsmitbedingter Krankheiten entgegenzuwirken. „Mit der nutriCARD-App gelingt
uns ein Brückenschlag von der Forschung zum Verbraucher“, sagt Clustersprecher
Prof. Dr. Stefan Lorkowski von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „So
wird das Handy zum mobilen Ernährungsberater.“
Um Informationen über Lebensmittel zu erhalten, müssen
die künftigen App-Nutzer lediglich den Barcode auf der jeweiligen Verpackung
scannen. Auf einen Blick lassen sich dann Informationen über Nährwerte,
eventuelle Warnungen und umstrittene Zutaten ablesen. Auch die Eignung des
Lebensmittels für bestimmte Ernährungsgewohnheiten (z. B. vegetarische oder
vegane Ernährung), das Vorhandensein von Allergenen (z. B. Nüsse, Ei, Soja)
oder Unverträglichkeiten auslösenden Inhaltsstoffen (z. B. Gluten, Milchzucker)
lassen sich testen.
Lebensmittelhersteller sollen Daten öffentlich machen
Die Bewertung erfolgt anhand von Nährwertdaten aus einer
Datenbank der in Deutschland verfügbaren Lebensmittel, in der derzeit rund
300.000 Produkte und 33.000 Zutaten verzeichnet sind. „Es gibt natürlich
wesentlich mehr Produkte auf dem Markt, doch nicht alle Hersteller stellen ihre
Daten zur Verfügung“, sagt Dr. Christine Dawczynski von der
Friedrich-Schiller-Universität Jena, die an der App-Entwicklung mitgewirkt hat.
Im Sinne der Verbrauchertransparenz fordern Dawczynski und Lorkowski daher
zugleich die Hersteller auf, ihre Daten in einer öffentlichen Datenbank frei
zugänglich zu machen, um den Verbrauchern einen Vergleich beim Einkaufen zu
ermöglichen.
Wissenschaftliche Basis der Nährwertanalyse ist der
„Nutri-Score“. Für die Berechnung des „Nutri-Scores“ werden erwünschte und
weniger erwünschte Inhaltsstoffe eines Lebensmittels verrechnet. Erwünscht im
Sinne einer ausgewogenen Ernährung sind beispielsweise Eiweiße, Ballaststoffe,
Gemüse und Früchte. Weniger erwünscht sind Kalorien, gesättigte Fettsäuren,
Zucker und Salz. Der „Nutri-Score“ bilde damit die Nährwertqualität für
einzelne Lebensmittel umfassend ab, so Clustersprecher Lorkowski. Während in
einigen europäischen Ländern der „Nutri-Score“ bereits auf Lebensmittelverpackungen
verwendet wird, stehe eine solche Entscheidung in Deutschland jedoch noch aus.
„Tests in der Praxis haben gezeigt, dass der Nutri-Score Verbraucher zu einer
gesünderen Produktauswahl bewegt“, weiß Ernährungswissenschaftler Lorkowski.
Und genau das wollen er und seine Kollegen mit der neuen App unterstützen.
Künstliche Intelligenz und menschliche Expertise
Entwickelt wurde die „nutriCARD“-App gemeinsam mit dem
jungen Berliner IT-Unternehmen Baggid. Das Unternehmen hat sowohl die Datenbank
gestellt, als auch die nötigen Algorithmen entwickelt, um den Nutri-Score
automatisiert berechnen zu können. „Dank künstlicher Intelligenz und
menschlicher Expertise sind wir in der Lage, alle Arten von Lebensmitteln zu
analysieren und mit medizinischen Vorgaben, Kundenwünschen und
Ernährungsempfehlungen abzugleichen, um auch individuelle
Ernährungsempfehlungen zu erstellen“, sagt Geschäftsführer Sinan Theuvsen. Er
sieht in der „nutriCARD“-App großes Potenzial, da sie noch um zusätzliche
Features ergänzt werden kann. „Wir arbeiten schon am nächsten Update. Darin
soll auch positiv berücksichtigt werden, wenn ein Produkt einen mehr als
40-prozentigen Anteil an Obst, Gemüse und Nüssen enthält. Das geht momentan auf
Grund fehlender Daten der Hersteller leider noch nicht.“
Die App ist unter dem Namen „nutriCARD – gesünder essen“
ab sofort kostenlos im Apple App-Store erhältlich. Eine Android-Version ist in
Vorbereitung und soll zeitnah erscheinen. Weitere Informationen unter: http://nutricard.baggid.com/.
Hintergrund nutriCARD
Der Kompetenzcluster für Ernährung und kardiovaskuläre
Gesundheit (nutriCARD) Halle-Jena-Leipzig bündelt die Aktivitäten im Bereich
der grundlagennahen und der angewandten Ernährungsforschung der im mitteldeutschen
Unibund kooperierenden Universitäten Halle, Jena und Leipzig. „nutriCARD“ wird
vom Bundesministerium für Bildung und Forschung seit 2015 gefördert. Rund 40
Forschende und 80 Praxispartner arbeiten an der Entwicklung effizienter
Konzepte für eine nachhaltige Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen – der
Todesursache Nummer eins in Deutschland und Europa. Ein wesentlicher Baustein
dafür ist eine verbesserte Ernährungskommunikation und -bildung.
Text: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Foto: Foto: Anne
Günther/FSU