Foto: Kind wird von Arzt untersucht. Das Projekt
conect4children möchte über den Aufbau eines paneuropäischen Netzwerks für
klinische Studien die Arzneimittelentwicklung für Kinder verbessern. Foto: ©
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05.08.2019 – Zehn Pharmaunternehmen, 33 akademische
Einrichtungen, mehr als 50 Drittparteien sowie 500 angegliederte Partner: Sie
alle wollen mit der „conect4children (c4c)“-Initiative die
Medikamentenentwicklung für Kinder verbessern. „Klinische Studien mit
Arzneimitteln für den pädiatrischen Gebrauch gehören zu den sensibelsten
Bereichen der Wissenschaft – sowohl aus medizinischer als auch aus ethischer
Sicht", weiß Dr. Michael Devoy von Bayer. „Die Verbesserung der
Infrastruktur klinischer Studien ist ein wichtiger Schritt, um Kindern die
Teilnahme am medizinischen Fortschritt zu ermöglichen."
Es ist mal wieder die Innovative Medicines Initiative
(IMI), die die Zusammenarbeit von Industrie und öffentlicher Forschung in
dieser Form möglich macht: Über 140 Millionen Euro stehen für c4c
(„collaborative network for European clinical trials for children“), das von
2018 bis 2024 laufen soll, zur Verfügung. Mehr als 73 Millionen davon kommen
aus Sachmitteln der europäischen pharmazeutischen Industrie (EFPIA). „Kinder
müssen Zugang zu innovativen […] Therapien haben, die mit dem gleichen Maß an
Dringlichkeit und Sorgfalt entwickelt wurden wie jene für Erwachsene",
sagt Joanne Waldstreicher von Johnson & Johnson, Mutterkonzern vom
Pharmaunternehmen Janssen.
Medikamente
Kinder in klinische Arzneimittelstudien zu involvieren
ist eine große Herausforderung. Foto: CC0 (Stencil)
Laut der IMI wurde die Hälfte aller Medikamente, die
heute bei Kindern zum Einsatz kommen, nicht in dieser Altersgruppe erprobt. Die
Kleinsten der Gesellschaft in klinische Studien zu involvieren ist eine große
Herausforderung. So ist es beispielsweise äußerst schwierig und aufwändig,
Teilnehmer für pädiatrische Studien zu finden. C4c soll das ändern – und möchte
die Wettbewerbsfähigkeit Europas in Bezug auf die pädiatrische
Arzneimittelentwicklung stärken. Dazu sollen bestehende Expertisen gebündelt
und gemeinsame Prozesse bei der Durchführung klinischer Studien entwickelt
werden. Prof. Carlo Giaquinto von der Universität in Padova, Koordinator des
c4c-Projekts, fasst das wie folgt zusammen: „C4c wird sich mit Problemen bzgl.
des Designs, der Implementierung und operativen Durchführung pädiatrischer
klinischer Studien beschäftigen“. Dazu zählen etwa „fragmentierte und
redundante Bemühungen seitens der Sponsoren, Standorte und Länder“ und der
„Mangel“ an Studienteilnehmern, der in vielen pädiatrischen Indikationen
herrscht.
Netzwerk für europäische klinische Studien in der
Pädiatrie
Laut einer c4c-Pressemitteilung bietet das Projekt die
„bahnbrechende Gelegenheit, Kapazitäten für das Management multinationaler
pädiatrischer klinischer Studien in ganz Europa“ aufzubauen. Es gilt, ein Netzwerk
und eine nachhaltige Infrastruktur zu schaffen: Dazu gehört, eine zentrale
Anlaufstelle für alle Sponsoren, für alle Standorte und für alle Forscher in
Europa einzurichten. Ziel ist es außerdem, dass klinische Studien effizient
implementiert werden können – mit einheitlichen Herangehensweisen und
abgestimmten Qualitätsstandards; Standorte müssen auf nationaler sowie
internationaler Ebene koordiniert werden. C4c möchte zudem innovative
Studiendesigns und den Einsatz neuer quantitativer Forschungsmethoden fördern –
gerade auch bei seltenen Erkrankungen und in Bereichen mit hohem medizinischem
Bedarf. Zusätzlich ist eine Bildungs- und Weiterbildungsplattform (c4c Academy)
geplant – damit auch die Zukunft der pädiatrischen Arzneimittelentwicklung
gesichert ist. Mit dem Aufbau eines nachhaltigen Netzwerkes wird c4c zu einem
„Benchmark“ vor dem Hintergrund einer ansonsten fragmentierten europäischen
Forschung, so das Versprechen auf der Projekt-Webseite (https://conect4children.org/).
Conect4children: mit vereinten Kräften für Kinder
„Dieses Netzwerk wird einen bedeutenden Einfluss darauf
haben, wie wir dringend benötigte, innovative und verbesserte Medikamente für
Säuglinge, Kinder und junge Menschen entwickeln“, ist sich Dr. Mark Turner von
der Universität in Liverpool sicher. Man sei stolz, mit Institutionen und
Forschungsnetzwerken in ganz Europa zusammenzuarbeiten. Und auch Joanne
Waldstreicher ist überzeugt, dass c4c dabei helfen kann, „die Verfügbarkeit von
qualitativ hochwertigen wissenschaftlichen Daten zu beschleunigen, um damit den
sicheren und wirksamen Einsatz von Therapien für Kinder zu verbessern.“
Noch befindet sich c4c ganz am Anfang. Doch vor Kurzem
verkündigten die Verantwortlichen, man habe sich auf vier erste klinische
Studien festgelegt, mit denen man mehr Einsicht in den Einsatz bestimmter
Medikamente bei Kindern gewinnen möchte. Eine davon wird zum Beispiel die Wirksamkeit
des Schmerzmittels Paracetamol bei Frühgeborenen, die unter einer bestimmten
Fehlbildung am Herzen leiden, untersuchen. Rund 600 Säuglinge sollen in die
Studie eingeschlossen werden. Eine andere will sich dem Einsatz von Steroiden
in der Behandlung des Kawasaki-Syndroms widmen – eine Erkrankung, die v.a.
unter Fünfjährige betrifft und oft zu Herzkomplikationen führt.
„Die vier ersten Studien werden von akademischen
Einrichtungen durchgeführt, zuzüglich drei oder vier Studien von Partnern aus der
Industrie; sie decken verschiedene Erkrankungen und Altersgruppen ab“, heißt es
in der Pressemitteilung.
Man werde in diesen ersten Studien neue Herangehensweisen
implementieren – u.a. um sicherzustellen, dass das Studiendesign den
Präferenzen der Probanden entspricht und die Last der Teilnahme in der
Forschung für sie minimiert wird. Letztendlich wolle man demonstrieren, welchen
Wert es hat, in über 18 Ländern zusammenzuarbeiten und eine öffentlich-private
Partnerschaft zu pflegen, die die Expertise aus Industrie und öffentlicher
Wissenschaft vereint.
c4c läuft von 2018 bis 2024 mit einem Budget von über 140
Millionen Euro. Seitens der europäischen pharmazeutischen Industrie sind Bayer,
Lilly, GlaxoSmithKline, Servier, Janssen, Novartis, Pfizer, Sanofi-Aventis
sowie UCB Biopharma und Roche beteiligt.
Text / Foto: Pharma Fakten e.V.