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Gesundheit-News: Bereits im Kleinkindalter folgen auf Übergewicht häufig Stoffwechselerkrankungen

19. Juli 2019

Es ist keine schöne Botschaft: Sind Kinder erst einmal übergewichtig, dann entwickeln sie in den Folgejahren oft auch metabolische Störungen, wie etwa Bluthochdruck, schlechte Blutfettwerte, und erhöhte Glukose- oder Insulinwerte – ­Risikofaktoren für Diabetes Typ 2 oder Herzkreislauferkrankungen. Das ist das Ergebnis einer vor Kurzem im Fachmagazin International Journal of Epidemiology veröffentlichten Studie, an der zehn europäische Institutionen unter Federführung des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS beteiligt waren.

Es gibt diese Redensart: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. In der Neurologie wurde sie schon lange widerlegt. Menschen können auch noch spät im Leben Gitarrespielen oder Jonglieren lernen. Beim Stoffwechsel scheint diese Weisheit jedoch leider zu stimmen – zumindest meistens. Ist Hänschen stark übergewichtig, dann wird es Hans vermutlich auch sein. Und er trägt damit oft auch ein deutlich erhöhtes Risiko für weitere teils schwerwiegende Krankheiten mit sich herum. Zu diesem Schluss kommt ein europäisches Studienteam, zu dem Claudia Börnhorst, Maike Wolters, Timm Intemann, Anna Floegel und Wolfgang Ahrens vom BIPS zählen. Es wollte wissen, wie sich der metabolische Status vom Kleinkindalter bis hin in die Jugend entwickelt.

Die Antwort auf diese Frage lieferten Daten, die im Rahmen der europäischen IDEFICS/I.Family-Kohortenstudie erhoben wurden. Bei der vom BIPS geleiteten IDEFICS-Studie wurden mehr als 16.000 Kinder im Alter von 2 bis 9 Jahren in acht europäischen Ländern (Belgien, Deutschland, Estland, Italien, Spanien, Schweden, Ungarn und Zypern) untersucht, um den Einfluss von Ernährung und Lebensstil auf ihre Gesundheit zu erforschen. Im Rahmen der ebenfalls BIPS-geführten Folgestudie I.Family wurde ein großer Teil der Kinder – nun zwischen 7 und 17 Jahre alt – zu einem späteren Zeitpunkt erneut untersucht. Darüber hinaus wurden auch Familienmitglieder befragt.

„Ausgewertet wurden hier Daten von 6.768 Kindern, die über eine 6-Jahres Spanne wiederholt untersucht wurden. Die Erhebungen umfassten neben Fragebögen auch körperliche Untersuchungen sowie die Sammlung von Blut-, Speichel- und Urinproben. Insbesondere Blutparameter sind bei jungen Kindern schwierig zu erheben, was unsere Datenbasis so außergewöhnlich und selten macht. Diese Daten ermöglichten es uns, Veränderungen im metabolischen Status von Kleinkindern bis hin in die Jugend zu analysieren“, so Studienerstautorin Dr. Claudia Börnhorst vom BIPS.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten fünf zentrale Gruppen identifizieren: Die meisten Kinder waren zur Basiserhebung metabolisch gesund (61,5 Prozent), 15,9 Prozent hatten einen erhöhten Taillenumfang und galten somit als abdominell übergewichtig, 9 Prozent wiesen eine Fettstoffwechselstörung auf, 7 Prozent litten unter Bluthochdruck und 6,6 Prozent vereinten mehrere Komponenten des sogenannten Metabolischen Syndroms. Dazu zählen: Adipositas, Bluthochdruck, Lipidstörungen (schlechte Blutfettwerte) und erhöhte Glukose-/Insulinwerte. Sie alle gelten als Anzeichen einer metabolischen Störung. Sobald drei oder gar vier der oben genannten Risikofaktoren vorgegebene Grenzwerte überschreiten, wird von einem Metabolischen Syndrom gesprochen.

„Abdominelles Übergewicht scheint tatsächlich bereits bei Kindern der Startpunkt für weitere metabolische Störungen wie beispielsweise Bluthochdruck oder Lipidstörungen zu sein“, führt Börnhorst weiter aus. Sie fügt an: „Überraschend fanden wir, dass es selbst in dem betrachteten 6-Jahres Zeitraum kaum ein Kind aus der Gruppe mit mehreren Komponenten des Metabolischen Syndroms zurück in den metabolisch gesunden Status schaffte. Dies unterstreicht nochmal, wie wichtig es ist, frühzeitig zu intervenieren. Schon bei ersten Tendenzen in Richtung Übergewicht sollte gegengelenkt werden, damit Kinder erst gar nicht in den kaum reversiblen metabolisch ungesunden Status gelangen.“

Waren Kinder bei der ersten Messung metabolisch gesund, dann blieben sie es mit großer Wahrscheinlichkeit auch bis zur Folgeerhebung (86,6 Prozent). Kinder, die bei der ersten Datenerhebung lediglich als übergewichtig galten, entwickelten in 18,5 Prozent der Fälle mehrere Komponenten des Metabolischen Syndroms. Wiesen Kinder bereits bei der ersten Messung mehrere metabolische Störungen wie Bluthochdruck oder erhöhte Insulinwerte auf, dann behielten sie diese mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch über den gesamten Untersuchungszeitraum bei.

Die Erkenntnisse der Studie zeigen außerdem, wie wichtig es ist, die Probandinnen und Probanden über längere Zeiträume wissenschaftlich zu begleiten. Nur so lassen sich die langfristigen Folgen verschiedener Lebensstile identifizieren. Deshalb plant das Forschungsteam für dieses Jahr eine erneute Befragung der dann 12 bis 22 Jahre alten Studienteilnehmenden.

Originalveröffentlichung: Börnhorst C, Russo P, Veidebaum T, Tornaritis M, Molnar D, Lissner L, Marild S, De Henauw S, Moreno LA, Intemann T, Wolters M, Ahrens W, Floegel A, on behalf of the IDEFICS and I.Family consortia. Metabolic status in children and its transitions during childhood and adolescence – The IDEFICS/I.Family study. International Journal of Epidemiology. 2019; (Epub 2019 May 16). http://dx.doi.org/10.1093/ije/dyz097

Das BIPS – Gesundheitsforschung im Dienste des Menschen

Die Bevölkerung steht im Zentrum unserer Forschung. Als epidemiologisches Forschungsinstitut sehen wir unsere Aufgabe darin, Ursachen für Gesundheitsstörungen zu erkennen und neue Konzepte zur Vorbeugung von Krankheiten zu entwickeln. Unsere Forschung liefert Grundlagen für gesellschaftliche Entscheidungen. Sie klärt die Bevölkerung über Gesundheitsrisiken auf und trägt zu einer gesunden Lebensumwelt bei.
Das BIPS ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der 95 selbstständige Forschungseinrichtungen gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 19.100 Personen, darunter 9.900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.

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