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Wuschel und Pupsi: Mittagskinder - Eine Geschichte von Annemarie Stern aus Haldensleben

Sonntag, den 14. Juli 2019


Stolz gab Wuschel Tante Kerstin ein Schreiben seiner Mutti. Er erklärte allen Kindern, dass seine Mutti „Schicht“ arbeiten würde und dass sie heute ihre Freischicht hätte. Deshalb wären er und Pupsi heute Mittagskinder! Die anderen Kinder seufzten laut. Mittagskind zu sein, war die größte Auszeichnung für ein Kindergartenkind! Pupsi und Wuschel zappelten den ganzen Vormittag herum, so groß war ihre Freude und ihr Stolz auf diese unverhoffte Auszeichnung. 

Endlich war es so weit. Tante Kerstin begleitete die beiden Jungen bis zur Tür des Kindergartens, wo sie von Wuschels Mutti in Empfang genommen wurden. Die Mutti von Wuschel hatte große Mühe das Gleichgewicht zu halten, denn an jeder ihrer Hände hüpfte und zog sie ein Junge in eine andere Richtung. Sie sangen dabei abwechselnd ihr selbst erdachtest Lied lauthals allen anderen Fußgängern vor: „Heja, heja, wir sind heute Mittagskinder! Heja, heja und das ist schön! Heja, heja, wir werden in den Garten gehen, und nach unserer Höhle sehen und Fiffi nehmen wir mit!“ Es folgten noch viele Strophen, bis sie zu Hause ankamen. Einige Leute schmunzelten, andere freuten sich mit ihnen. Alle Passanten, die das Lied hörten und die ausgelassene Freude der beiden Jungen erlebten, wurden von ihrem Gesang angesteckt, und es zauberte den Menschen ein Lächeln ins Gesicht. Zu Hause angekommen, bekamen die beiden Jungen Wuschels Lieblingsessen zu Mittag: Grießbrei und Erdbeeren! Mit dem Erdbeersaft zogen beide Jungen mit ihren Löffeln tiefe Rillen in den Brei und so entstanden schöne Landschaften mit tiefen Gräben oder mit gewundenen Flüssen - und die Erdbeeren schwammen als Schiffe auf den Flüssen!

Während des Mittagessens hatte sich der Himmel mit dunklen Wolken zugezogen und ein heftiger Wolkenbruch prasselte gegen die Fensterscheiben. Beide Jungen waren gar nicht begeistert! Eigentlich wollten Wuschel und Pupsi an ihrer Höhle weiterbauen. Aber das war ja nun buchstäblich ins Wasser gefallen. Wuschels Omi machte den beiden Jungen einen Vorschlag. „Wollen wir uns auf meine schöne, breite Couch legen, und dann lese ich euch ein Märchen vor?“ „Au ja, au ja“ riefen beide Jungen. Die Oma ging zu ihrer Kommode und holte ein uraltes Märchenbuch hervor. Vorsichtig blätterte Oma die Seiten um und erklärte den Jungen die Bilder zu den einzelnen Geschichten. Sie einigten sich auf das Märchen von Rotkäppchen und dem bösen Wolf. Die Jungen kuschelten sich eng an die Omi und lauschten aufmerksam dem Märchen. Aber, als das Märchen zu Ende war, regnete es immer noch. „Oma, wollen wir dieses Märchen gemeinsam spielen?“, fragte Wuschel hoffnungsvoll seine Oma. „Aber ja, das machen wir“, war die gutmütige Antwort der Omi.

Wuschel und Pupsi kramten in der Küche herum, sie holten Fiffi, einen Korb mit einer Flasche Bier und einer runden Bratwurst. „So“, verkündeten sie der Omi, „das ist Rotkäppchens Korb, der Jäger bekommt meine Wasserpistole, Fiffi ist der böse Wolf und Oma, du bist die Großmutter!“ Und Wuschel deckte sie mit einer Decke zu. 

Wuschel marschierte singend rund um Omas Gummibaum herum und der Jäger Pupsi und Fiffi folgten ihm. Das war der Wald. Fiffi sprang fröhlich bellend an Wuschel empor. Denn Fiffi hatte den Geruch der Schlackwurst in der Nase! Auch Wuschels Schelte: „Mensch, Fiffi du bist ein Wolf, kläff doch nicht so laut! Du musst dich leise anschleichen!“, führte zu keiner Besserung. Inzwischen lachte die Oma in ihrem Bett. 
„So, Oma, jetzt bist du der böse Wolf!“, befahl Wuschel. „Mit Fiffi wird das nichts. Und ich krieche mit unter deine Decke, bis der Jäger kommt!“ Dumpf schallte es unter Wolldecke hervor: „Oma, du darfst nicht lachen, du musst schnarchen, damit der Jäger dich findet!“ Die Oma schnarchte schauerlich. Aber nicht lange. Denn der Jäger schoss mit der Wasserpistole auf die Oma. „Huuuch – huch – huhuch“, Hilfe, Hilfe!“, schrie die Omi erschrocken auf, als der Wasserstrahl sie mehrmals mitten auf die Brust traf. 
Wuschel krabbelte unter der Decke hervor, um zu sehen was passiert war. Dabei verhedderte er sich, und die Bratwurst purzelte aus dem Korb genau vor Fiffis Läufe! Der aber schnappte sich die Wurst und sauste davon. Wuschel lief laut schimpfend hinter ihm her. Es war ein schrecklicher Krach in dem Raum. Die Mutti von Wuschel stand erschrocken in der Tür. Sie schaute entgeistert von einem zum anderen. Bis Fiffi die geöffnete Tür entdeckte. Nun schrie auch die Mutti vor Schreck, als Fiffi blitzschnell an ihr vorbeilief und Wuschel sie fast umrannte, weil er versuchte, Fiffi zu fangen und die Wurst zu retten! Das war vielleicht ein Tumult!

Die Oma bekam vor Aufregung einen Schluckauf und trockene Sachen zum Anziehen. Wuschel und Pupsi erhielten ein Stück Erdbeerkuchen, bevor sie zum Spielen in den Garten gingen. Denn der Wettergott hatte ein Einsehen mit den Kindern und der geplagten Oma, und er ließ nun die Sonne wieder scheinen. 
Die Oma aber wollte nie wieder das Märchen vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf mit Wuschel und Pupsi spielen, so sehr die beiden Jungen auch bettelten. Versteht ihr das?

Annemarie Stern, Haldensleben, zum 21. 06. 2019