header-placeholder


image header
image

ifo Dresden: Einwohnerzahl in Ostdeutschland ist auf den Stand des Jahres 1905 zurückgefallen

cvfoto roesel

Donnerstag, den 13. Juni 2019


„Wucht der deutschen Teilung wird völlig unterschätzt“


Ostdeutschland ist auf die Bevölkerungszahl des Jahres 1905 zurückgefallen. Gleichzeitig leben auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik heute so viele Einwohner wie niemals zuvor in der Geschichte. Das zeigt eine neue wirtschaftshistorische Studie der Dresdner Niederlassung des ifo Instituts. „Die Einwohnerzahlen beider Landesteile driften trotz Wiedervereinigung nahezu ungebremst auseinander. Die anhaltende Wucht der deutschen Teilung wird bis heute in der Öffentlichkeit völlig unterschätzt. Dieser Aspekt wird häufig übersehen und bedarf besonderer politischer Berücksichtigung“, sagt Studienautor Felix Rösel (Foto).

„Dresden und Leipzig hätten heute doppelt so viele Einwohner und wären Millionenstädte, wenn sie genauso wie der Westen gewachsen wären“, rechnet der ifo-Forscher vor. Beide sächsische Großstädte haben gegenwärtig etwa 550.000 Einwohner. Die Hauptursache für den Bevölkerungsschwund ist laut Rösel die Massenflucht aus Ostdeutschland von 1949 bis zum Mauerbau im Jahr 1961. Darüber hinaus fehlte Ostdeutschland auch die Zuwanderung junger Gastarbeiter in den 60er und frühen 70er Jahren. Schließlich trug auch die Abwanderung nach der Wende vor genau 30 Jahren  zu der unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklung bei. Vor der deutschen Teilung vor rund 70 Jahren hatten sich Ost- und Westdeutschland dagegen nahezu parallel entwickelt.

„Einkommen und Arbeitslosenquoten in Ost und West gleichen sich zwar langsam an, aber die Bevölkerungszahlen driften immer weiter auseinander“, sagt Rösel. Der ifo-Forscher weist damit auch die jüngsten Überlegungen zu einer Konzentration öffentlicher Fördermittel auf ostdeutsche Großstädte zurück. „Der ländliche Raum im Osten ist infolge der deutschen Teilung regelrecht ausgeblutet. Ein Ende der Förderung des ländlichen Raumes in Ostdeutschland wäre eine doppelte und deshalb besonders ungerechte Bestrafung. Wir brauchen genau das Gegenteil und müssen den sozialen Zusammenhalt sowohl in den Städten als auch in der Fläche fördern.“